Im Zeichen des Schicksals
Seite, um uns miteinander bekanntzumachen. »Anna, das ist Celine.«
»Celine Smith, ja, ich weiß!« Sie verzog den Mund zu einem überaus breiten Lächeln, und ihre perlweißen Zähne glänzten ein wenig zu sehr.
Ich widerstand dem Drang, einen Schritt zurückzutreten.
»Celine – ich darf dich doch Celine nennen? Ich hätte schrecklich gern deinen Kommentar für die Zeitung.«
»Die Zeitung?« Ich sah Josh hilfesuchend an.
»Anna ist die Chefredakteurin der Schülerzeitung«, erklärte er schnell, dann wandte er sich der Rothaarigen zu. »Worum geht es denn?«
»Nun, natürlich hierum!« Anna zog ein Blatt aus ihrem Klemmbrett und hielt es aufgeregt hoch. »Das ist noch nie da gewesen, ich meine, es ist absolut einmalig, dass eine neue Schülerin zur Ahornkönigin auserkoren wird!«
Zur was!? Ich nahm ihr das Blatt ab und las ungläubig:
Die Ergebnisse der Abstimmung liegen endlich vor. Das diesjährige Ahornkönigspaar ist:
Josh Beaumont und Celine Smith!
»Also, möchtest du jetzt deinen Kommentar dazu abgeben, Celine?«, fragte Anna.
Ich blinzelte verwundert. »Josh?«
»Wir kommen zu spät zum Unterricht, Anna. Bestimmt wird Celine die Sache später für dich kommentieren.« Josh legte mir die Hand auf den Rücken und bugsierte mich rasch um das enttäuschte Mädchen herum.
»Was soll das Ganze?«, flüsterte ich panisch. »Was ist eine Ahornkönigin, und warum steht mein Name auf diesem Blatt?«
Wir bogen um die Ecke und betraten den mit Schließfächern gesäumten Flur. Josh blieb vor seinem Fach stehen und umfasste meine Arme mit einer Geste, als wolle er mir Mut zusprechen. »Es sieht ganz so aus, als hätte die Schülerschaft abgestimmt, dass du die Königin des Ahornfests sein sollst.«
Das war völlig unbegreiflich! »Mich kennt doch überhaupt keiner, warum sollte irgendjemand dafür stimmen, dass ich die … nun ja, was auch immer bin?« Es musste ein Irrtum sein.
»Du hast an deinem ersten Tag in Petersons Kurs einen ziemlichen Eindruck gemacht. Ich glaube, dich kennen mehr Leute, als du ahnst.« Josh zuckte die Achseln. »Bleib einfach locker, und sieh es von der positiven Seite.«
»Von welcher positiven Seite denn?« Meine Worte kamen ein wenig lauter heraus, als ich beabsichtigt hatte, daher dämpfte ich die Stimme und sah mich um, ob es irgendjemandem aufgefallen war. Wenige Meter entfernt beobachteten uns zwei Mädchen hinter einer Schließfachtür. Als sie merkten, dass ich sie beim Gaffen ertappt hatte, reckten sie doch tatsächlich ermunternd die Daumen hoch. Was um alles in der Welt ging hier vor?
Josh legte den Daumen auf den Touchscreen seines Schließfachs und öffnete es. »Die positive Seite ist: Wir wissen jetzt, dass die Leute dich nicht wegen des Zwischenfalls auf der Party anstarren.«
Das war vermutlich in der Tat eine »positive Seite«, aber – die Ahornkönigin? Ich stellte mir rosafarbene Ballkleider und knallbunte Festzugswagen vor.
»Kann ich auch abdanken?«, fragte ich schnell.
Josh lachte nur über meine Verdrossenheit und scheuchte mich weg. »Legen Sie einen Zahn zu, Hoheit. Sonst kommen Sie zu spät zum Unterricht.«
Hoheit? Auf keinen Fall, nicht wenn ich es verhindern konnte. Und ich konnte es verhindern. Ich musste nur sicherstellen, dass Sandra bis dahin dschinnfrei war.
Blicke folgten mir den ganzen Weg von den Schließfächern bis hin zum Nietzsche-Zimmer. Ich sah einige weitere hochgereckte Daumen und begegnete sogar dem einen oder anderen lächelnden Gesicht, aber die meisten starrten mich einfach nur an. Im Klassenzimmer war es nicht anders. Nur ein Einziger schaute nicht auf, als ich eintrat.
Ich war noch nie glücklicher gewesen, Ian zu sehen. Er saß auf seinem gewohnten Platz hinten im Raum und sah aus dem Fenster in den bewölkten Tag hinein.
Schnell hastete ich durch den Raum, wich allen neugierigen Blicken aus und nahm auf dem Stuhl neben ihm Platz.
»Die Welt ist verrückt geworden.«
Ian fiel es auch jetzt nicht ein, sich zu mir umzuwenden. »Wann war sie denn je vernünftig?«
Eine verdammt gute Frage. »Du hast wahrscheinlich recht, sie war eigentlich nie so recht vernünftig. Aber so verrückt wie jetzt war sie auch nicht.«
Er schwieg für ein Weilchen, dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder seinem Schulbuch zu. Ich runzelte die Stirn und beobachtete, wie er mit leerem Blick auf die aufgeschlagenen Seiten vor sich auf seinem Tisch starrte. Er hatte mich nicht angesehen, seit ich mich gesetzt hatte.
»Ian?
Weitere Kostenlose Bücher