Im Zeichen des Schicksals
es jetzt. Er wusste es und nannte mich trotzdem nicht verrückt. Er glaubte mir. Es war beinahe zu einfach.
»Also hast du dich selbst unter Drogen gesetzt, damit nicht Beaumont unter Drogen gesetzt würde?«
So formuliert, klang es ziemlich dumm. Ich hatte das Gefühl, mich rechtfertigen zu müssen, und so reckte ich mich und sagte: »Ich bin hier, um ihn zu beschützen, das ist nun mal meine Aufgabe.«
»Und wie wäre es damit, dich selbst zu beschützen?« Ian blieb vor mir stehen, und für einen Sekundenbruchteil schienen seine Augen gelb aufzuglühen. Ich blinzelte, und da war nur seine Sorge um mich in seinen tief dunkelblauen Augen. Das Rohypnol spielte meinem Verstand offensichtlich immer noch Streiche.
»Mir wird schon nichts passieren, Ian. Außerdem habe ich ja dich, nicht wahr?« Mein Versuch, komisch zu sein, ging gründlich daneben. Ian verschränkte nur die Arme vor der Brust.
»Wie lange genau hast du vor, Beaumonts Bodyguard zu sein?«
Jetzt, da ich wusste, dass Sandra die Besessene war, ging es nur noch um den richtigen Zeitpunkt, um ihr eine Falle zu stellen. Dann würde es Zeit sein zu verschwinden.
»Nicht mehr sehr lange, nur bis ich weiß, dass er in Sicherheit ist.«
Seufzend setzte sich Ian wieder auf die Bank. »Du hast alles zurückgelassen und bist hierhergekommen, um ihn zu beschützen. Was ist mit deiner Familie? Vermisst du nicht …«
»Ich habe keine Familie«, unterbrach ich ihn. Es gab da niemanden zu vermissen. Und niemanden, der mich vermisste. Ich sah die Fragen in seinem Gesicht und schüttelte den Kopf. »Ich habe im Grunde gar nichts zurückgelassen. Glaub mir.«
Glücklicherweise hakte Ian nicht weiter nach. Er schwieg für eine Weile, und ich war froh darüber. Mein Kopf schmerzte noch immer, und die Sonne machte mich schläfrig. Der leichte Wind umspielte uns und trug den Geruch von Kiefern und Kräutern mit sich. Von Ians Seite der Bank her stieg Wärme auf, daher rückte ich näher heran. Trotz all des Trubels dieser Tage breitete sich ein Gefühl des Friedens in mir aus, und ich fühlte mich ruhig und entspannt. Wie konnte ich so gelassen sein, wenn doch alles so verworren war?
»Ian?«
»Hm?«
»Danke.«
»Wofür?«
»Dafür, dass du mir glaubst.«
Ian legte den Arm um mich, umgab mich mit Wärme. Mein Kopf sank auf seine Schulter. »Tu mir einfach den Gefallen und lass es mich das nächste Mal wissen, wenn du dich kopfüber in die Gefahr stürzt. Wenn ich dich schon vor Schurken und Feuern retten soll, könnte ich zumindest auch eine Vorwarnung bekommen.«
Ein Lächeln legte sich auf meine Lippen, dann übermannte mich der Schlaf.
Die Welt
Ganz gleich, wie oft mir Josh versicherte, dass alles gut werden würde – mir kribbelten trotzdem tausend Ameisen im Magen, als wir durch die Türen der Thornton Academy traten. Meine Bluse fühlte sich an, als sei sie zu eng, die Jacke war zu warm, und die schwarzen Turnschuhe der Marke French Connection, die ich zum ersten Mal trug, würden mir definitiv Blasen verpassen.
»Siehst du, es ist wirklich keine große Sache«, sagte Josh neben mir, aber selbst er klang nicht überzeugt, und es war leicht zu verstehen, warum. Die Gruppe von Jungen vor dem Raum, in dem der Analysis-Kurs stattfand, die Mädchen neben den Vitrinen mit den Pokalen … alle starrten uns an.
»Na klar, keine große Sache. Deshalb gaffen mich auch alle an, als wären mir zwei Köpfe gewachsen«, zischte ich. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich noch nicht herumgesprochen hatte, was auf Sandras Party geschehen war, war gleich null – schließlich brodelte die Gerüchteküche der Thornton Academy sieben Tage in der Woche rund um die Uhr.
»Ach, stell dich nicht so an, so schlimm ist es doch wirklich nicht«, beharrte Josh.
Bemerkte er nicht, wie die Leute plötzlich verstummten, sobald wir näher kamen? Ein Junge mit braunem Stachelhaar zeigte doch tatsächlich mit dem Finger auf mich, als wir das Ende des Flurs erreichten. »Schaut mal, da ist Celine Smith!«
Das brachte das Fass zum Überlaufen. »Ich verschwinde.«
Ich wollte mich umdrehen und zurückgehen, doch Josh hielt mich am Arm fest. »Komm schon, du brauchst wirklich nicht überzureagieren.«
Ich wollte ihm gerade sagen, dass ich nicht überreagierte, da sprach uns eine Rothaarige mit einem Klemmbrett an.
»Hi, Josh, entschuldige, dass ich störe.«
»Ist schon gut, Anna«, antwortete Josh mit einem höflichen Lächeln. Er warf mir einen warnenden Blick zu, dann trat er zur
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