Im Zeichen des Todes
wusste, dass er jetzt besser nicht weiter mit ihm diskutieren sollte. » Harry Gold bleibt hier. Und sei es nur als Cruz’ Freund. V erstanden?«
Calaca neigte den Kopf. » Si, Señor Martinez«, antwortete er. » Verstanden.« Damit verließ er den Swimmingpool, wo sein Boss seinen Rumpunsch und die untergehende Sonne genoss.
Mitten im Hauptquartier der CIA in Langley, V irginia, gibt es eine W and, die man die CIA Memorial W all nennt. In diese W and aus weißem Marmor sind einhundertzwei schwarze Sterne eingraviert, mit den W orten: Zu Ehren derjenigen A ngehörigen der Central Intelligence A gency, die ihr Leben im Dienst für ihr Land gelassen haben.
Der untersetzte Mann mittleren A lters, der an dieser W and vorbeiging, schenkte ihr keine Beachtung. Das tat er nie. Und als er das Gebäude durch den Bogen aus Beton und Glas verließ, der den Hauptein- und -a usgang bildete, erregte er niemandes A ufmerksamkeit. Nicht dass jemand ihn hätte aufhalten oder mit ihm hätte sprechen wollen. Dazu waren alle viel zu beschäftigt und er war zu unwichtig.
Es war fünf Uhr nachmittags. Er ging immer um diese Zeit. Im großen Räderwerk des Nachrichtendienstes spielte er keine besonders herausragende Rolle. Ganz und gar nicht. Er musste nur die eingehenden Informationen sammeln und dafür sorgen, dass sie an der richtigen Stelle aufbewahrt wurden. Denn, wie er stets zu sagen pflegte, eine falsch abgelegte Information war eine verlorene Information.
Er ging zu seinem A uto. A uch das war nichts Besonderes – ein T oyota Prius, zu dem ihn seine Frau überredet hatte, weil er angeblich sehr umweltfreundlich war. Ihm war das egal. Er hätte am liebsten einen Lotus gehabt, aber er hatte sich keinen gekauft, weil es dumm gewesen wäre, zu zeigen, dass er Geld hatte. Für jemanden mit seinem Gehaltsscheck wäre das ein viel zu auffälliger W agen gewesen. W enn er pensioniert war, dann würde er sich vielleicht so ein A uto leisten. Und wenn es so weiterlief wie im A ugenblick, dann könnte diese Pensionierung kurz bevorstehen …
Am äußeren T or hielt er an und reichte dem Polizeibeamten in seinem W achhäuschen seinen biometrischen A usweis. » Siehst du dir heute A bend das Spiel an, Bob?«
Bob grinste. » Das Bier dafür steht schon seit heute Morgen kalt. Noch eine Stunde, dann bin ich hier weg.« Er führte den A usweis in ein Kartenlesegerät ein und reichte ihn dann zurück. » Bis morgen in alter Frische, Lou!«
» Nicht wenn du heute A bend zu viel Bier trinkst!«, zwinkerte Lou ihm zu und fuhr los.
Lou und seine Frau wohnten in einer Eigentumswohnung in W ashington. Um diese T ageszeit brauchte man von Langley aus dorthin ungefähr eine Stunde. A ber Lou nahm nicht den direkten W eg nach Hause. Stattdessen fuhr er etwa zehn Meilen auf der 193 Richtung Nordwesten, dann nahm er eine A usfahrt und fuhr ein paar Meilen weiter bis in einen Ort, der so klein war, dass er nicht einmal einen Namen hatte. Dort gab es ein Restaurant – eines von der Sorte, in dem nur Lkw-Fahrer einkehrten. Lou hatte den Ort vor einem Jahr ausfindig gemacht. Es gab keinerlei Überwachungskameras, daher konnte er sicher sein, dass seine A nwesenheit nicht aufgezeichnet werden würde. Da er wusste, wie der Geheimdienst funktionierte, war er in der Lage, ihm immer einen Schritt voraus zu sein.
Vor dem Diner stellte er seinen W agen ab und ging hinein. Eine freundliche Bedienung nahm seine Bestellung entgegen – einen Kaffee und ein Stück Blaubeerkuchen –, und während er darauf wartete, ging er zu der T elefonzelle an der hinteren W and. A us der Hosentasche holte er ein paar Münzen hervor und wählte eine Nummer.
Es klingelte acht oder neun Mal, bevor sich eine unfreundliche Stimme auf Spanisch meldete: » Si?«
» Ich bin es«, sagte Lou.
Keine A ntwort.
» Ich habe Informationen.«
» Ich höre.«
» Die Briten haben es auf Martinez abgesehen. Sie haben jemanden eingeschleust. Ich dachte, das würde Sie interessieren.« Lou wirkte sehr selbstzufrieden, auch wenn niemand da war, der es sehen konnte.
Es entstand eine Pause.
» Haben Sie einen Namen?«
» Nein. Streng geheim. Ich habe nur einen Codenamen. A gent 21 .«
» Sonst noch was?«
» Das ist alles«, erwiderte Lou. » Einen schönen A bend noch.«
Er legte auf und setzte sich. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es V iertel vor sechs war. V ielleicht sollte er besser gleich nach Hause fahren. Doch dann lächelte er. Seine Frau erwartete ihn erst spät und
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