Im Zeichen des Todes
nicht«, antwortete Zak. » Es war einfach … Ich glaube, ich habe gar nicht richtig darüber nachgedacht. Dein Dad hat gesagt, er könne mir die Polizei vom Hals halten.«
Cruz runzelte die Stirn. » Ja, das kann er. Ich denke, du würdest wohl gern das Haus sehen.«
» Klar«, erwiderte Zak.
Sie brauchten eine ganze Stunde dafür. Cruz zeigte Zak das Fitnessstudio und die Sauna gleich neben dem A trium und einen Schießplatz im Freien. Im ersten Stock führte ein langer Gang um das A trium herum, an dem hauptsächlich Schlafzimmer lagen, aber hinter einer der Türen verbarg sich ein Fernsehzimmer, das eher an einen kleinen Kinosaal erinnerte. Martinez’ Sohn schien von all dem wenig beeindruckt, ganz im Gegenteil, er war sichtlich gelangweilt. Hinter dem Haus lagen ein Hubschrauberlandeplatz und ein Swimmingpool, doch nicht das einladend klare W asser weckte Zaks Interesse, sondern die beiden bunt bemalten Statuen am entgegengesetzten Ende. Sie waren etwa drei Meter hoch und stellten zwei Frauen in prachtvollen Gewändern aus Gold und Purpur dar. Jede trug einen Strauß gelber Blumen und einen eleganten vielfarbigen Kopfputz. Beide Gesichter jedoch waren Totenschädel mit einem übertrieben breiten, grausamen Grinsen. Der A nblick sandte Zak einen Schauer über den Rücken.
» Nicht gerade ein Michelangelo«, fand er.
Cruz betrachtete die Statuen, als seien sie das Normalste der W elt.
» La Catrina.«
» Wer?«
» Das ist was Mexikanisches. Man sieht sie meist an A llerseelen im November, wenn man der verstorbenen Freunde und Familienangehörigen gedenkt. La Catrina soll uns daran erinnern, dass auch die Reichen und Schönen eines Tages sterben müssen.«
Zak fragte sich, wer ausgerechnet in seinem Swimmingpool daran erinnert werden wollte. Doch er wechselte das Thema und zeigt auf den Pool. » Benutzt du ihn viel?«
Cruz schüttelte den Kopf. » Nicht wirklich.«
» Das stimmt«, erklang auf einmal eine Stimme hinter ihnen. » Cruz zieht nicht gern das Hemd aus. Er hat A ngst, wir könnten ihn auslachen, weil seine A rme so dünn sind.«
Zak bemerkte, wie sich Cruz’ Gesicht verfinsterte. Er drehte sich um und sah vor sich einen Jungen, der ein wenig älter zu sein schien als sie, und begann sich sofort seine Erscheinung einzuprägen. Er trug eine schicke Sonnenbrille, und da die obersten Knöpfe seines Hemdes offen standen, konnte man ein kleines goldenes Medaillon sehen, das um seinen Hals hing. Ein Geruch nach Brillantine umgab ihn und seine kurzen schwarzen Locken glänzten. Dieser Junge versuchte verzweifelt, wie ein erwachsener Mann zu wirken. Das Ergebnis war jämmerlich.
» Wer bist du?«, wollte der Junge wissen.
Zak fragte sich dasselbe. Über Cruz, Martinez und Calaca war er eingehend informiert worden. Er war jemand, von dem Michael offensichtlich nichts wusste – und eine unangenehme Erinnerung daran, dass das beste Informationsmaterial unvollständig sein konnte.
» Harry Gold«, sagte Zak, ohne ihm die Hand zu reichen.
» Was machst du hier?«
» Ich bin ein Freund von Cruz.«
Der Junge gab ein schnaubendes Geräusch von sich. » Cruz hat keine Freunde. Er ist viel zu sehr damit beschäftigt, Bücher zu lesen.«
» Nun, jetzt hat er einen.«
Der Junge nahm die Sonnenbrille ab und sah Zak giftig an. » Weißt du, wer ich bin?«
» Hm … Brillantinevertreter?«, vermutete Zak mit einem bedeutungsvollen Blick auf seine Haare.
Der Junge lachte spöttisch. » Du hältst dich wohl für sehr witzig, was?« Er sah sich um, als gehöre ihm das Haus. » Ich bin Raul. Merk dir das.« Er setzte die Brille wieder auf. » Du bist kein Mexikaner.«
» Blitzmerker.«
» Wieso sprichst du dann Spanisch?«
Zak lächelte ihn an. » Aus einem Buch. Du solltest mal versuchen, eines zu lesen. Es ist ganz erstaunlich, was man daraus lernen kann.«
Raul sah aus, als überlege er sich eine gepfefferte A ntwort, doch es kam nichts. Er schnaubte nur und schlenderte dann gelangweilt davon.
» Wer ist der Blödmann?«, fragte Zak, als Raul außer Hörweite war.
» Mein Cousin«, antwortete Cruz. » Der Sohn von Dads verstorbenem Bruder. Du solltest ihn lieber nicht ärgern.«
» Darf der immer so mit dir reden?« Zak bemerkte Cruz’ beunruhigten Gesichtsausdruck.
Cruz sah weg. » Ist doch egal.«
» Nein, ist es nicht. W ie kommt’s, dass er so von sich eingenommen ist?«
Cruz trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. » Wegen meinem V ater. Er weiß, dass ich mich für das
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