Im Zeichen des weißen Delfins (German Edition)
Fragen überschwemmen. Wie kann ich den weißen Delfin retten? Wie kann ich verhindern, dass die Baggerschiffe das Riff zerstören? Werde ich Mum jemals wiedersehen?
Miss Penluna beugt sich nach vorn und fasst mich an beiden Händen. Ihre Augen sind blass, blassblau, genauso wie die der Dohle.
»Wenn du die Ohren spitzt, wirst du sie hören«, sagt sie, »du musst den Delfinen lauschen.«
Kapitel 22
Als ich zur Fish-’n’-Chips-Bude komme, kann ich Daisy durchs Ladenfenster sehen, wie sie dem Mann hinter der Theke gerade Geld rüberreicht. Ich lehne mich ans Geländer, verschnaufe ein bisschen und schaue ins dunkelgrüne Hafenwasser. Es ist schon fast Ebbe. Von Seetang umhüllte Schiffstaue liegen dort unten herum. Es war dumm von mir, meine Hoffnungen so hochzuschrauben und zu glauben, ich würde irgendwelche Antworten finden. Ich weiß ja nicht einmal, wie man den weißen Delfin retten kann. Tante Bev hat recht. Miss Penluna ist verrückt. Mum hat nie an sprechende Delfine geglaubt, jedenfalls nicht daran, dass sie mit menschlicher Stimme sprechen.
Daisy reicht mir die warme Schachtel, vollgepackt mit Fish and Chips. »Was hat die Vogellady gesagt?«
»Später«, sage ich. »Komm schon, lass uns nach Hause gehen.«
»Jetzt nicht hinschauen«, sagt Daisy. Sie boxt mich in die Rippen.
Felix und sein Dad kommen uns auf dem Fußweg entgegen.Beide tragen Tauchanzüge und Rettungswesten und ihre Beine sind schlammverkrustet.
Sie bleiben bei uns stehen. Ich halte mir die Nase zu, denn die Tauchanzüge stinken nach verfaultem Seetang.
»Die Ebbe hat uns erwischt«, lächelt Mr Andersen. »Ich schätze mal, wir müssen noch ’ne Menge lernen.«
Daisy zieht an meinem Arm und versucht, sich hinter mir zu verstecken. Ich stupse sie mit dem Ellenbogen weg und wende mich an Felix. »Habt ihr die Delfinmutter gesehen?«
Felix schüttelt den Kopf. »Wir sind am Gull Rock vorbeigesegelt und dann weiter an der Küste hoch, aber wir haben nicht die kleinste Spur von ihr gefunden.«
Ich wickle die Halskette um meine Finger. Sie könnte inzwischen überall sein. »Sie muss irgendwo da draußen schwimmen.«
»Wir haben Kegelrobben gesehen«, sagt Felix, »und einen gigantischen Riesenhai …«
»Sie würde ihr Kälbchen nie im Stich lassen«, sage ich. Daisy packt mich wieder am Arm und zieht mich mit einem Ruck nach hinten. Dabei reißt der Faden der Kette in meiner Hand und die Muschelschalen verstreuen sich über den Gehweg. »DAISY!«, schreie ich. Ich krabble auf dem Boden herum, um die Muscheln einzusammeln, einige jedoch springen über die Kaimauer. Ich sehe, wie die Kaurimuschel ins Wasser platscht und kleine grüne Kreise zieht.
Ich fahre herum, um den Memorystick zu suchen, aber auch der ist verschwunden. Dabei habe ich ihn gar nicht insWasser fallen sehen. Ich gucke in der Fisch-’n’-Chips-Tüte nach. Nichts.
Daisy hält mir drei Strandschnecken und eine Kreiselschnecke hin. »’tschuldigung, Kara.« Ihre Augen füllen sich mit Tränen.
»Gehört das dir?« Felix geht in die Hocke und greift mit den Händen in den Rinnstein. »Ich glaub, das ist auch runtergefallen.«
Er richtet sich wieder auf und hält mir den Memorystick mit dem blauen Delfin entgegen.
»Vielen Dank«, sage ich und schiebe ihn in meine Hosentasche.
Felix schaut mich schräg an. »Ich dachte, du hättest mit Computern nichts am Hut?«
»Hab ich auch nicht«, antworte ich. »Er gehört Mum.«
»Was ist drauf ?«
Ich zucke mit den Schultern. »Ich glaub, er ist leer.« Ich möchte ihm nicht erzählen, dass ich am Schulcomputer zwar versucht habe draufzugucken, jedoch die Log-in-Aufforderung nicht lesen konnte. Ich habe den Stick auch Carl gezeigt, aber der meinte nur, er sei passwortgeschützt.
»Ich könnte einen Blick drauf werfen«, schlägt Felix vor. »Wenn was drauf ist, find ich’s.«
Ich fahre mit dem Finger über den Delfinstick in meiner Tasche. Ich habe mich immer gefragt, ob da was drauf ist, Fotos von Mum oder ein Tagebuch … »Vielleicht«, sage ich.
»Ich pass drauf auf«, sagt er, »versprochen.«
Ich drücke den Memorystick noch tiefer in die Hosentasche. »Das ist alles, was ich von ihr habe.«
»Wie du willst«, sagt Felix. »Aber wenn du deine Meinung änderst, gib mir Bescheid.«
Er folgt seinem Dad auf der Strandpromenade. Ich weiß, dass ich keine andere Möglichkeit habe, es herauszufinden.
»Warte!«, rufe ich hinter ihm her.
Er dreht sich um.
Ich halte ihm den Memorystick hin. »Ich
Weitere Kostenlose Bücher