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Im Zeichen des weißen Delfins (German Edition)

Im Zeichen des weißen Delfins (German Edition)

Titel: Im Zeichen des weißen Delfins (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gill Lewis
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Autos, aber Gregs Transporter ist nicht mehr da. Viele Leute sind auf dem Küstenpfad unterwegs. Auf der Klippe über dem Bassin hat sich eine Menschenmenge versammelt. Wahrscheinlich hat sich die Nachricht vom Delfin in Windeseile verbreitet. Ich drängle mich durch die Menge bis zu den Felsstufen, die hinunter zum Bassin führen. Allerdings versperrt ein Absperrband der Polizei den Weg nach unten. Eine Polizistin streckt mir den Arm entgegen und hält mich an.
    »Niemand darf hier durch«, sagt sie, »tut mir leid.«
    Ich werfe einen kurzen Blick hinunter auf die Felsen. Zwei offene Kuppelzelte stehen auf der Felsplatte über dem Bassin. Im Inneren stapeln sich Rucksäcke und Schlafsäcke. Um den Delfin vor Sonneneinstrahlung zu schützen, hat man auf einem Gestänge über dem Becken ein weißes Tuch gespannt. Nur seine Schwanzflosse spitzt unter dem Tuch hervor. Das Kälbchen liegt auf einer von Wasser umspülten Rettungsinsel, an den Flanken abgestützt von zwei langen gelben Luftkissen.Eine Frau, die ich nicht kenne, hockt neben einem kleinen Gasofen und gießt dampfendes Wasser aus einem Teekessel in zwei Tassen. Hinter ihr liegen, zum Trocknen auf den Felsen ausgebreitet, Handtücher und Tauchanzüge.
    »Ich muss da runter«, sage ich.
    Die Polizistin schüttelt den Kopf und lächelt. »Leider kann ich dich nicht durchlassen.«
    »Carl«, brülle ich, »Carl, ich bin’s!«
    Sie versucht, mich sanft zurückzudrängen, aber ich sehe, wie Carls Kopf unter dem weißen Tuch hervorlugt.
    Er spricht mit jemandem im Bassin und läuft dann die Felsstufen hoch zu mir. Seine Füße hinterlassen auf dem hellen Fels nasse, dunkle Spuren. Er bückt sich unter dem Absperrband hindurch und zieht Daisy und mich von der Menschenmenge weg.
    Mir purzeln die Worte nur so aus dem Mund. »Wie geht’s ihm?«
    Wir setzen uns auf den grasbewachsenen Wegrand. »Im Moment hält er sich tapfer«, sagt er. »Aber schwimmen kann er nicht. Seine Muskeln sind vom langen Liegen lädiert, weil der Körper so in den Sand gedrückt wurde.«
    »Warum können wir das Kälbchen nicht sehen?«, fragt Daisy.
    Carl betrachtet die Menschenmenge. »Die Tierärztin sagt, dass der Delfin Krankheiten auf den Menschen übertragen kann. Aber das ist auch zu seinem eigenen Schutz. Wir haben hier freiwillige Helfer, die in Schichten im Wasser arbeiten.Wir wollen verhindern, dass zu viele Leute den Delfin berühren. Er braucht Ruhe.«
    »Aber wir können ihn doch sehen, oder?«, frage ich. »Ich habe ihn schließlich gefunden. Wir können dabei helfen, ihn zu betreuen.«
    Carl schüttelt den Kopf, seufzt und fährt sich mit der Hand durchs Haar. »Kara, ich weiß nicht, wie ich’s dir sagen soll, aber es gibt schlechte Nachrichten.«
    Meine Hände fühlen sich feucht und kalt an. Daisy umklammert meinen Arm. »Was?«, frage ich.
    »Die Tierärztin hat Rat bei einigen Experten in Amerika eingeholt. Selbst wenn es uns gelingt, seinen Zustand zu verbessern, wird das Tier ohne andere Delfine im Meer nicht überleben können. Es ist viel zu jung.«
    Ich deute in Richtung Hafen. »Aber seine Mutter wartet doch«, sage ich.
    Carl runzelt die Stirn. »Eine Menge Boote sind rausgefahren, um sie zu eskortieren. Aber wir haben sie seit ein paar Stunden nicht mehr gesehen und glauben, dass sie durch irgendetwas vertrieben wurde.«
    »Sie wird doch trotzdem zurückkommen?«, sage ich.
    Carl zuckt mit den Schultern. »Sie hat ihr Kälbchen zuletzt im Hafen gesehen und weiß überhaupt nicht, dass es jetzt hier ist.«
    »Wir können jetzt nicht aufgeben, Carl. Wir werden sie suchen.«
    Carl zieht seine Tauchhandschuhe aus und reibt sich dieAugen. An seinem Kinn wächst ein Dreitagebart. Er sieht erschöpft aus, vermutlich war er die ganze Nacht wach. »Felix und sein Dad sind gerade mit ihrem Segelboot in der Bucht unterwegs und suchen die Mutter«, sagt er. »Aber sie könnte schon meilenweit weg sein. Vielleicht hat sie sich sogar wieder ihrer Schule angeschlossen.«
    Ich stehe auf und kicke mit dem Fuß Steinchen weg. »Also, wie lange geben wir der Mutter Zeit zurückzukehren? Eine Woche? Zwei Wochen? Ein Jahr?«
    »Morgen«, antwortet Carl. »Die Tierärztin sagt, wir geben ihr bis morgen Zeit.«
    »Bis morgen?«, rufe ich. »Das könnt ihr nicht machen! Sie kommt zurück. Das weiß ich ganz genau.« Einige Köpfe drehen sich in unsere Richtung, aber das ist mir egal.
    Carl beugt sich zu mir und senkt die Stimme. »Es ist nicht fair, ihrem Kalb all das zuzumuten, wenn

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