Im Zimmer wird es still
fegt den Küchenboden sauber, reinigt die Arbeitsfläche und wischt über die Anrichte. Dann geht er ins Wohnzimmer.
Peter ist eingeschlafen. Im Wohnzimmer macht er leise und lustlos Ordnung. Peter wacht wieder auf, döst. Er bringt ihm etwas zu trinken, ordnet seine Medikamente auf dem Nachttisch.
»Andreas? Wollen wir nicht heiraten? Wegen der Erbschaft und dem Haus und so.«
Er legt ein paar Medikamente in die Schublade, schiebt sie mit einem Ruck wieder zu.
»Wie kommst du darauf?«, sagt er müde. Er wendet sich ab. Räumt einige Sachen in den Schrank. Peter antwortet nicht. Er dreht sich nicht zu ihm um und geht wortlos aus dem Raum und die Treppe hoch ins Schlafzimmer. Dort liegt seit Tagen ein Stapel Wäsche. Er stellt das Bügelbrett auf und beginnt endlich, die Wäsche zu plätten.
Wie kommt Peter nur darauf? Ist es ein spontaner Einfall gewesen? War es wegen des Hauses – dass es Peter gehört, war nie ein Thema zwischen ihnen gewesen. Er bearbeitet hartnäckig einige Knitterfalten. Dabei ruiniert er ein Stück, das eigentlich schon glatt war. Wütend nimmt er das Hemd vom Bügelbrett und hängt es, so wie es ist, in den Schrank. Ist doch sowieso egal. Er bügelt weiter, legt die fertigen Stücke zusammen und räumt sie in den Schrank. Als er fertig ist und das Wohnzimmer betritt, legt Peter gerade das Telefon beiseite.
»Tamara hat angerufen.«
»Tamara? Die hat sich lange nicht mehr gemeldet.«
»Ja, sie schien auch ein schlechtes Gewissen deswegen zu haben. Sie will heute Nachmittag mal vorbeikommen.«
»Schön.« Er tritt zu Peter.
»Mit Mark habe ich auch gesprochen. Er will nachmittags kommen. Da kannst du ja mit Tamara spazieren gehen.«
Er nickt. Er zögert, ob er noch etwas zu Peters Vorschlag sagen soll, aber Peter scheint schon nicht mehr daran zu denken. Es ist wohl bloß eine spontane, undurchdachte Idee gewesen.
Er greift zum Telefon, denn ihm ist eingefallen, was er am Vormittag erledigen wollte, und jetzt ist es schon wieder nach elf. Er geht zur Tür, spürt Peters fragenden Blick, aber er sagt nichts.
Im Flur wählt er die Nummer des Arztes. Er hat erst nur die Arzthelferin am Telefon und muss ziemlich lange warten, bevor er mit dem Arzt reden kann. Erzählt ihm von Peters nächtlicher Schmerzattacke. Der Arzt verspricht, am nächsten Tag vorbeizukommen, eher werde er es nicht schaffen. Im Hintergrund hört er die Sprechstundenhilfe etwas sagen und der Arzt muss das Gespräch beenden.
Er macht den Hörer aus. Dann lässt er sich in den Korbstuhl sinken, der in der Ecke steht. Stiert auf den Boden. Was hatte er vom Arzt erwartet? Zuspruch? Trost? Dass er sofort kommt? Ja, das hatte er sich erhofft. Hilfe, Unterstützung, ein wenig Entlastung, und sei es auch nur für ein paar Minuten. Jemand, der weiß, was zu tun ist. Der seine Ängste zerstreut. Er beginnt zu weinen. Lässt es zu. Presst die Hände gegen die Stirn.
Es erleichtert ihn. Nach einigen Minuten beruhigt er sich wieder und wischt sich die Tränen ab. Er atmet durch, strafft die Schultern und geht wieder ins Wohnzimmer. Er legt das Telefon zurück auf die Basis. Peter sieht ihn fragend an.
»Ich … habe den Arzt angerufen. Er kommt morgen vorbei. Wegen der Schmerzen.«
»Ist gut.« Peter streckt die Hand nach ihm aus. Er setzt sich auf die Bettkante und Peter berührt sein Gesicht, streichelt es. Er hat sich bemüht, ein ruhiges Gesicht aufzusetzen, aber jetzt wischt Peters Berührung es einfach weg. Sie schauen sich an, ernst und ein bisschen traurig.
»Es wird schon«, flüstert Peter.
»Hm. Hast du Hunger?«
»Nein, aber wenn du mit Kochen loslegst, bekomme ich bestimmt Appetit.«
»Ich wollte einen Schmortopf machen.«
Peter schmunzelt, vor Freude, oder weil es wieder ein viel zu aufwendiges Gericht ist. Er fragt nicht nach, küsst Peter auf die Wange und geht nach draußen. Er braucht frische Kräuter für das Essen. Plündert die Töpfe, die neben der Sitzecke stehen, pflückt Bündel von Thymian, herbem Rosmarin, Majoran und ein paar Salbeiblätter.
Dann sieht er, dass der große Oleander ganz trocken ist, gießt ihn. Sie hatten ihn zu ihrem Einzug geschenkt bekommen, schon damals war er prächtig. Seine Zweige wuchsen und neigten sich zu Boden. Sie sahen ein, dass er so nicht mehr schön war. Banden ihn hoch und amüsierten sich dabei köstlich über ihren windschiefen Oleanderbusch. Er hielt die Zweige hoch und Peter band sie zusammen. Eine kleine gemeinsame Aktion, alltäglich und spontan.
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