Im Zimmer wird es still
schlief mit einem jungen Mann, als er seine Mutter besuchte und in seinen alten Club ging. Mit schwerem Kopf saß er am nächsten Tag im Zug nach Hause, unsicher, ob er Peter überhaupt davon erzählen sollte. Peter hatte auch schon mit einem anderen geschlafen, aus nachvollziehbaren Gründen. Aber er hatte es leichthin und ohne Grund getan. Als er es ihm sagte, reagierte Peter gelassen, trotzdem blieb es bei dem einen Mal.
Als sie mehrere Jahre zusammen waren, konnte er sich vorstellen, dass Peter auch mal mit anderen Sex hatte. Ihre Beziehung war so gefestigt, dass er sicher war, es würde ihr nichts anhaben. Aber als es dann wirklich passierte, konnte er nicht damit umgehen.
Peter nahm an einem Seminar für Schmuckdesign teil, und am zweiten Abend rief er an und erzählte von einem Mann, den er dort kennengelernt hatte. Einen Schmuckdesigner, der massiven Rockerschmuck entwarf, ein gutaussehender Bärentyp Ende dreißig. Peter schwärmte von ihm und ihm wurde deutlich, wie sehr ihn dieser Mann anzog. Schließlich sagte er: »Dann schlaf doch mit ihm.«
Er hatte es nicht ernst gemeint, eher gehofft, Peter würde daraufhin einlenken, aber bei seiner Rückkehr offenbarte Peter ihm, dass er mit dem anderen geschlafen hatte. Er machte Peter eine heftige Szene. Was ihn so verletzte, war nicht der Seitensprung an sich, sondern dass Verlangen im Spiel gewesen war, ein Begehren, so intensiv und verführerisch, dass Peter nicht hatte widerstehen können. Verlangen nach einem Mann, der so ganz anders war als er selbst.
Er war sich nicht mehr sicher, was Peter an ihm fand, denn er war schlank, nicht muskulös, nicht betont männlich, behielt etwas Jungenhaftes, obwohl er langsam auf die dreißig zuging. Und er war jung, jünger als jeder Mann, mit dem Peter etwas gehabt hatte. Er fühlte sich wie ein Fehlgriff, ein Lückenbüßer, wusste aber auch, dass er überreagierte.
Er schlief im Gästezimmer und sprach nicht einmal mit Peter. Nach einigen Tagen schauten ihn beim Blick in den Badezimmerspiegel die Gesichter verschiedener Männer entgegen. Jüngere und Ältere, Blonde und Dunkelhaarige, Schlanke und Kräftige. Peters Ex-Freunde, Affären, Flirts. Alle, von denen er Fotos hatte. Peter folgte ihm ins Bad: »Tut mir leid, ich habe mich in dich verliebt, obwohl du mir zu jung warst und nicht unbedingt derselbe Typ wie die Männer zuvor.« Ihre Versöhnung auf dem Badvorleger war Entschädigung genug.
Peter greift in sein Haar, streicht hindurch. Wie unbedeutend ihm diese Episoden im Nachhinein erscheinen. Er schließt die Augen, spürt Peters Hand, die seinen Kopf streichelt, seinen Nacken massiert, langsam und intensiv. Er hat sich lange nicht mehr so geborgen, ja beschützt, bei Peter gefühlt. Er spürt seine Müdigkeit, die Härte seiner Muskeln und den Punkt, an dem er loslassen kann, ein Druck, der sich von seinem Nacken zu lösen beginnt.
Er muss eingenickt sein, denn die Musik ist zu Ende, Peters Finger streichen über sein Ohr. Ihn fröstelt. Widerwillig hebt er den Kopf: »Ich geh schlafen«, raunt er, küsst Peter.
»Ja. Gute Nacht.«
Er steht auf und löscht das Licht in der Ecke. Als er in das dunkle Gästezimmer tritt, macht er kein Licht an. Einen Moment lang überkommt ihn ein Gefühl schmerzlicher Verlassenheit, als sei es jeden Abend ein Abschied für immer. Der Moment geht vorüber und lässt ihn mit einer leichten Traurigkeit zurück. Er tritt ans Fenster. In Mertens’ Wohnzimmer brennt Licht, er sieht Silhouetten, die hin- und hergehen.
Er folgt seinem Impuls und nimmt die Decke vom Bett, dazu Kissen und Pyjama, geht wieder hinüber. Tritt zum Bett: »Kann ich hier schlafen?«
»Natürlich.«
Er macht das Licht in der Ecke wieder an, schiebt den Sessel beiseite und klappt die Couch aus. Zieht seinen Pyjama an. Als er sich umdreht, bemerkt er, dass Peter ihn beobachtet, lächelt. Nachdem er das Licht gelöscht hat, tritt er noch einmal zu Peter: »Schlaf gut.« Er beugt sich hinunter und küsst ihn.
»Du auch«, Peter fasst seine Hand, lässt sie erst los, als er schon bis zur Couch zurückgetreten ist. Er legt sich hin, kuschelt sich unter die Decke.
»Hoffentlich störe ich dich nicht, ich schlafe manchmal unruhig«, sagt Peter.
»Schon okay.« Er zieht die Decke fester um sich, spürt, wie ihm warm wird. Neben einem anderen Menschen zu schlafen, ist er gar nicht mehr gewohnt, aber es beruhigt ihn. Er liegt da, versucht, sich nicht zu bewegen und keine Geräusche zu machen, die Peter
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