Im Zimmer wird es still
legt Musik auf, eine alte Jazzplatte.
Dann fläzt er sich wieder in den Sessel. Er nippt an seinem Wein. Der fruchtige Geschmack breitet sich in seinem Mund aus. Die Melodie schleicht sich in seine Ohren, schwingt auf und ab, lässt seine Gedanken träge werden. Ein Schlagzeug macht den Rhythmus temporeicher. Peter lächelt ihn an, hält ihn mit seinem Blick fest. Er antwortet mit der Andeutung eines Lächelns. Das Lächeln verschwindet wieder aus ihren Gesichtern, sie sehen sich weiter an, während die Musik ruhiger wird, das Piano um Fragen kreist, auf die es sich selbst verhaltene Antworten gibt.
»Andreas?«
»Mhm«, Peter wirkt nervös, »ist was?«
»Ach, nichts«, Peter wendet den Blick ab. Obwohl er sich sicher ist, dass Peter etwas auf dem Herzen hat, drängt er ihn nicht. Peter stellt das halbleere Glas mühsam auf dem Schränkchen ab. »Gute Platte.«
»Mhm.« Am Anfang gab es nicht so viel Musik, die sie zusammen hören konnten. Peters Klassik-Sammlung langweilte ihn und Peter konnte mit seiner Popmusik nichts anfangen. Sie stritten sich sogar, weil sie vom Musikgeschmack des anderen nichts hielten. Außerdem war er ein bisschen eifersüchtig auf Peters Exfreund, dessen Aufnahmen Peter in Ehren hielt und die von einem Lebensstil kündeten, mit dem er nicht mithalten konnte. Schließlich entdeckten sie Jazz für sich, er Pop-Jazz und Peter klassischen Jazz, trafen sich in der Mitte, offener jetzt für Neues. Er entdeckte in Peters Sammlung sogar klassische Musik, die ihm gefiel, und Peter wertete Popmusik nicht mehr grundsätzlich ab.
Die Platte stoppt mit einem kratzenden Geräusch. Er bleibt sitzen, legt die andere Seite nicht auf. Peter hat die Augen geschlossen. Er trinkt von seinem Wein. Angenehme, träge Schwere breitet sich in seinem Kopf aus, wehrt jeden Gedanken ab, der sich festsetzen will.
Peter scheint eingeschlafen zu sein. In die Stille hinein klingelt das Telefon. Er hebt schnell ab. Es ist Paul.
»Peter schläft gerade«, flüstert er, »Wir haben Musik gehört, aber jetzt ist er eingenickt. Wie geht es dir?«
»Gut. Nur müde, die Weinlese hat angefangen«, Paul flüstert auch, obwohl er das gar nicht müsste, »Du klingst heute so entspannt.«
»Ich fühl mich auch ganz gut.«
»Schön.«
Es fühlt sich vertraut an, mit Paul zu flüstern. Sie schweigen, trotzdem spürt er Paul ganz nah.
»Ich würde gern mal zu euch kommen. Ich kann im Hotel schlafen, aber ich will bei euch sein und euch ein bisschen unterstützen, wenn ich kann.«
»Du kannst auch hier schlafen, das ist kein Problem. Sag einfach Bescheid, wann du Zeit hast.«
»Gut, mach ich.« Sie flüstern sich noch einige Belanglosigkeiten zu, beide müde. Werden immer leiser, schweigen letztlich, trotzdem froh, den anderen noch am Ohr zu haben.
»Schlaf gut, Schatz«, flüstert Paul irgendwann.
»Du auch.« Er drückt das Telefon aus, lässt den Hörer sinken. Er hält Pauls Stimme fest, sucht nach seinem Bild. Sieht Paul über den Hof kommen, eine Reisetasche in der Hand. Peter war noch nicht da und er begrüßte Paul alleine, zeigte ihm das Gästezimmer und führte ihn durch das Haus. Dann tranken sie Kaffee und Paul sagte »Danke für die Karte« und grinste. »Ich kann Peter wirklich gut verstehen«, sagte Paul später. Als Peter heimkam, saßen sie immer noch am Küchentisch, seine Hand auf Pauls.
Peter bewegt den Kopf unruhig hin und her, dann wacht er auf, wirkt verwirrt und schläfrig. Er geht zu ihm.
»Was ist passiert?«
»Nichts«, er streichelt Peters Hand, »Du hast geschlafen. Paul hat angerufen. Hast du Durst?«
Peter nickt, und er füllt Wasser in die Schnabeltasse und hilft ihm trinken. »Wie spät ist es?«
»Kurz nach acht.«
»Haben wir die zweite Seite schon gehört?«
»Nein.« Er dreht die Platte um, drückt auf Automatik, und der Arm hebt sich und schwenkt hinüber. Schwebt über dem Rand, während die Platte sich schneller dreht, senkt sich ab, um in eine der Rillen zu gleiten. Einen Augenblick lang ist nur ein leises Knistern zu hören, dann beginnen die Saiten eines Basses zu schwingen, das leichte Flattern eines Pianos kommt hinzu und übernimmt die Führung.
Er setzt sich ans Bett und erzählt Peter von seinem Telefonat mit Paul. Peter scheint Mühe zu haben, sich zu konzentrieren.
»Willst du schlafen?«
»Nein. Bleib hier.« Peter zieht ihn näher und er legt den Kopf vorsichtig auf seinen Brustkorb. Er muss daran denken, dass Paul nicht der einzige Seitensprung war. Er
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