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Im Zug (German Edition)

Im Zug (German Edition)

Titel: Im Zug (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Lammers
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aufzuhören, so etwas wie ein „Opfer“.
    Von was auch immer!
    Helen ertappte sich dabei, das eigentlich gar nicht wissen zu wollen. Und dann wieder doch. Weil in ihr das eisige Gefühl wuchs, dieses Unglück könne auch sie selbst betreffen. Sehr persönlich betreffen.
    Die fremde Frau, die nun erkennbar wurde, musste eigentlich sehr schön sein, wenn die Umstände normaler waren: eine schlanke, sehr gut gebaute Frau von vielleicht fünfunddreißig Jahren, die weit jünger wirken würde, wenn sie nicht gar so schrecklich verheult gewesen wäre.
    Jetzt kam auch ihre Gestalt unter dem dicken Männermantel des Polizeibeamten nicht zur Geltung. Viel mehr als Gesicht und Hände waren kaum zu erkennen, doch die Art und Weise, wie sie sich bewegte, legte für Helen nahe, dass sie ganz sicher gertenschlank und beneidenswert perfekt proportioniert sein musste.
    Das platinblonde Haar war jetzt teilweise platt gedrückt, weil ein Verband an der linken Kopfseite es verdeckte. Auch das herzförmige Gesicht mit den hohen Wangenknochen wies einige Pflaster auf, die wohl Schrammen verdeckten, und die linke Hand steckte in einem provisorischen Verband.
    Am seltsamsten berührten jedoch die beunruhigenden, grünblauen Augen, die rotgeweint waren. Sie waren so vertraut  … ebenso das Haar …
    ‚ Vicky?‘, wisperten Helen Edwards´ völlig konfuse Gedanken, als ihr die einzig sinnvolle Möglichkeit einfiel, wo sie dieses Gesicht schon einmal gesehen haben konnte. Freilich rund dreißig Jahre jünger. ‚Das ist doch unmöglich … du bist doch ein kleines Mädchen …‘
    Helen verstand das alles nicht.
    Träume waren natürlich seltsame Gebilde, das war ihr klar, aber dennoch … davon zu träumen, so erschreckend REAL zu träumen, dass jenes Mädchen, das sie eben noch schlummernd auf dem Schoß gehalten hatte, auf einmal als eine erwachsene, verstörte Frau vor ihr saß, das war … das war …
    Helen Edwards´ Gedanken wurden von der Stimme der Frau fortgerissen.
    „ Mein Mädchen … mein Mädchen …“, jammerte die Frau auf einmal wieder los. „Bitte, sagt mir doch … wo ist mein Mädchen …?“
    Der unterdrückte, aber unleugbare harte osteuropäische Akzent und die Worte waren es, der Helen jählings erklärte, wie sich die Dinge verhielten: sie hatte durchaus nicht Victoria in reiferem Alter vor sich.
    Die tränenüberströmte Frau vor ihr war Vickys MUTTER!
    Antonia Mariakis.
    Jene Frau, die spurlos aus dem Zug verschwunden und ihr Kind hilflos und jammernd zurückgelassen hatte, bis Helen es fand und tröstete.
    Das Mädchen, nach dem sie sich nun klagend verzehrte!
    Sie jammerte nach der kleinen Victoria!
    ‚ Oh mein Gott!‘ Wie benommen stand sie neben den Männern und der Mutter, und erst mit ein wenig Verspätung ging ihr auf, dass diese Leute und insbesondere das derangierte Model, das Helen direkt anblickte … dass sie alle von ihr gar keine Notiz nahmen!
    ‚ Nein!‘
    Ein eisiges Grauen schlich ihr den Rücken hoch, als das Unterbewusstsein zu signalisieren begann, was das bedeuten konnte … musste. Helen taumelte atemlos, voller Entsetzen, während ihr Geist immer nur das eine, hilflose Wort formulieren konnte: ‚Nein! Nein! Nein!‘
    Sie wollte das einfach nicht glauben. Das war unmöglich!
    „ ... die Ursache des Unfalls können nur die Spezialisten ermitteln. Wahrscheinlich ein technischer Defekt bei den Rädern. Aber dazu muss erst mal dieser verdammte Nebel weg sein“, sagte der Rettungssanitäter soeben. „Wir können nur sagen, dass es großes Glück war …“
    Dann fiel ihm konsterniert auf, dass seine Worte wohl nicht sehr geschickt gewählt waren angesichts der wimmernden Frau, die ihn verstört und flehend anstarrte. Er wurde rot und verlegen, und seine Rede verlor sich in verlegenem Gestammel. „Ich meine, Madam, entschuldigen Sie … das ist nicht gegen Sie gerichtet … ich meine, es war Glück, dass nur so wenige Leute im Zug waren … und die Geschwindigkeit …“
    „ Adam – nichts für ungut, aber ich glaube, hier ist jetzt niemand, der das hören möchte“, sagte der Polizist. „Schon gar nicht sie. Vielleicht gehen wir besser zu meinem Wagen rüber und …“
    „ Ich will … WISSEN … was ist mit meinem Kind? Bitte! Mein Kind …!“, schluchzte die verzweifelte Ukrainerin. Sie starrte wild um sich, als sei ihr gerade in diesem Moment klar geworden, dass sie hier nichts bewegen konnte. „Ich muss zum Zug! Mein Kind … mein Kind …!“
    Sie

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