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Im Zweifel suedwaerts

Im Zweifel suedwaerts

Titel: Im Zweifel suedwaerts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katarina Fischer
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die Augen und sagte: »Daphne, ich habe mich seit gestern Abend so sehr auf unser Treffen heute gefreut wie seit Jahren auf nichts anderes mehr. Als mir das bewusst wurde, habe ich mich nur noch gefragt, wie ich damals so blind sein konnte. Ich meine das absolut ernst: Du bist die Richtige für mich. Ich weiß es! Und ich wäre unendlich glücklich, wenn du es noch einmal mit mir versuchen würdest.«
    An dieser Stelle fragte ich mich ernsthaft, ob ich halluzinierte. Dieser Eindruck verstärkte sich noch, als ich plötzlich begeisterte Pfiffe und Klatschen vom Straßenrand her wahrnahm. Ich wandte meinen Kopf und sah den höflichen Türken, seinen Bruder und die komplette Familie vor dem Café stehen. Die Frau des höflichen Türken wischte sich eine kleine Träne der Rührung aus dem Augenwinkel.
    Mir wurde schlecht. Felix winkte.
    »Also es ist doch Liebe!«, rief der höfliche Türke, während ein kleines Mädchen sich kichernd hinter seinem Bein versteckte. »Bravo!«
    Erneuter Applaus brandete auf. Ich schüttelte kaum merklich den Kopf.
    »Alles in Ordnung bei dir?«, fragte Felix.
    »Sag mal, bist du betrunken?«, zischte ich ihm wütend entgegen.
    Die Antwort war lediglich ein befreites Lachen. Der Bruder des höflichen Türken verschwand in seinem Café.
    Zu sagen, dass diese Situation mich überforderte, wäre mehr als eine Untertreibung gewesen. Ich wartete darauf, dass ich aufwachte, musste aber einsehen, dass es sich bei diesem absurden Moment wohl bereits um die Realität handelte. Auch wenn das schwer zu glauben war. »Was erwartest du denn jetzt von mir?«, fragte ich Felix verzweifelt.
    Seine Stimme ging in dem Tumult unter, der entstand, als der Bruder des höflichen Türken wieder aus seinem Café trat, ein Tablett mit Gläsern mit der einen Hand balancierend, in der anderen eine Flasche, und verkündete, dass es jetzt »Vinho do Porto para todos!« gäbe. Die Familie rief »Juhu!«. Passanten blieben stehen. Zuvor dunkle Fenster wurden hell erleuchtet.
    »Was hast du gesagt?«
    »Nichts«, erwiderte Felix. »Ich warte einfach ab.« Er entzog mir seine Hand, um sich beim Aufstehen auf dem Boden abzustützen. Aber er erhob sich nicht. Stattdessen tasteten seine Finger die dunkle Straße ab.
    »Was ist?«, fragte ich ihn. Hinter uns im Café klirrten die Gläser, der höfliche Türke rief nach mir.
    »Ich glaub, ich hab Geld gefunden.« Felix sah grinsend zu mir hoch. »Scheint fast so, als wär heute mein Glückstag.«

19
    Der Teil mit dem Morgen danach
    LUCYS MIXTAPE
    Olivia Newton John & John Travolta – Summer Nights
    Aus gutem Grund hatte ich mich bisher dem Konsum von Portwein verweigert. Portwein bestand zu großen Teilen aus Alkohol, was bedeutete, dass die Folgen seines Genusses gleichzusetzen waren mit denen jedes anderen alkoholhaltigen Getränks. Je nach Menge hatte man am Morgen danach entweder einen trockenen Mund oder Kopfschmerzen oder beides, litt unter Schwindel und Übelkeit oder, in ganz extremen Fällen, wachte man neben seinem Exfreund in dessen Hotelbett auf.
    »Nein, bitte nicht«, war alles, was ich herausbrachte, als ich meine Augen öffnete und verschwommen wahrnahm, wo ich mich befand. Ich fühlte an mir herunter und stellte fest, dass ich zumindest voll bekleidet war. Und das war ein echter Lichtblick. Daran konnte ich mich festhalten und aufrichten.
    Wobei Aufrichten sich als keine gute Idee herausstellte. Als ich den Versuch unternahm, wurde ich mit Übelkeit und Schwindel belohnt. Stufe zwei.
    Felix hatte entweder weniger Port getrunken oder war besser im Training als ich. Jedenfalls sah er im Vergleich zu mir zwar auch mitgenommen aus, aber doch vergnügt und ungleich fitter. Sogar mit dem Aufrichten hatte er mehr Erfolg gehabt als ich, zumindest saß er bereits neben mir im Bett. Er war nackt. Ich beschloss, später über das Wie und Warum nachzudenken. Wenn ich wieder denken konnte. Gerade wollte ich nicht einmal darüber nachdenken, wie ich mich fühlte.
    »Was für eine Party!« Er wischte sich die verschwitzten Haare aus dem Gesicht und grinste mich an. Ich ertrug es fast nicht. »Man könnte meinen, die hätten unsere Verlobung gefeiert, so wie die mir die ganze Zeit gratuliert haben …«
    »Die haben unsere Verlobung gefeiert«, unterbrach ich ihn gereizt. Zum Glück befanden wir uns in Lagos. Und nicht in Vegas. Da hätte so ein Abend ganz andere Konsequenzen haben können. Es würde schon genug Schwierigkeiten mit sich bringen, Richard diesen Vorfall zu

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