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Im Zweifel suedwaerts

Im Zweifel suedwaerts

Titel: Im Zweifel suedwaerts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katarina Fischer
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achtundachtzig Jahren eine stabile Ehe mit Opa Gerald geführt hatte. Zumindest bis er neun Jahre vor ihr gestorben war. Irgendetwas musste also an ihren Tipps dran gewesen sein. Doch trotzdem, obwohl ich das alles wusste, lag ich hier schweigend neben meinem Freund, den ich liebte, und tat genau das, was falsch war – nämlich weiterschweigen. Spring über deinen Schatten, dachte ich, wer weiß, wie oft Mathilde das in ihrem Leben tun musste. Unzählige Male sicher. Beziehungen waren eben kein Softeis.
    Während ich einerseits noch mit mir selbst kämpfte und andererseits zu ergründen versuchte, wie um alles in der Welt ich bloß auf diese Softeisanalogie gekommen war, räusperte sich Richard neben mir:
    »Tante Doris sagt, man soll nicht im Streit ins Bett gehen.«
    »Die auch?«, fragte ich matt, und dachte: Großartig. Jetzt hat schon wieder Richard den Punkt auf der Vernunftskala eingeheimst. Und dabei war dieser schon so gut wie meiner gewesen. Aber knapp vorbei …
    »Wer denn noch?«
    »Hm?«, machte ich abwesend.
    »Wer sagt das noch?«
    »Ach so. Meine Oma.«
    »Tja.« Richard zupfte seine Decke gerade. »Und jetzt?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Weiß nicht. Lernen wir von den Alten und Weisen?«
    Und wenn ich sagte wir, dann meinte ich das eigentlich auch so. Dass wir uns gemeinsam miteinander versöhnen sollten, sodass keiner klein beigeben musste, etwas, das weder Richard noch ich gern taten. Allerdings stand ich mit meinem Bemühen um Diplomatie allein da, denn Richard machte keine Anstalten, auf mein verstecktes Angebot einzugehen. Er lag einfach nur da, die Hände hinterm Kopf verschränkt, und sah mich erwartungsvoll an.
    Ich hielt seinem Blick eine Weile stand, bevor ich leicht genervt fragte: »Was?«
    »Ich denke, wir versöhnen uns.«
    »Ja. Eben. Wir. Warum muss ich denn jetzt den Anfang machen?«
    »Ist doch egal, wer den Anfang macht.« Richard setzte sich lachend auf. Für ihn hatte die ganze Sache längst an Brisanz verloren und war nichts weiter als ein Spiel. Eigentlich mochte ich an ihm, dass er die Dinge nicht so ernst nahm. Eigentlich. Ausgenommen Momente wie dieser, in dem für mich die Spielphase noch nicht erreicht war.
    »Ich will aber nicht diejenige sein, die klein beigibt«, murmelte ich in mein Kissen.
    Richards Belustigung war offensichtlich. »Aber hier geht es doch nicht um Gewinnen oder Verlieren, Daphne. Das ist doch kein Boxkampf …«
    Ja, da hatte er recht. Ich holte tief Luft und bemühte mich, liebevoll, sanft und versöhnlich zu klingen: »Wollen wir uns nicht vertragen? Ich würde es hassen, morgen im Streit wegzufahren.«
    »Ich auch«, sagte er, strich mir über die Wange und legte sich wieder hin.
    »Gut«, sagte ich. Und wartete darauf, dass noch etwas von ihm kam. Ein kleines Lob vielleicht, ein Kompliment, eine Freundlichkeit irgendeiner Art. Aber nichts dergleichen war von der anderen Seite des Betts zu hören. Irritiert knautschte ich das Kissen unter meinem Kopf zu einer bequemen Rolle zusammen und platzierte die Knirschschiene in meinem Mund. Und bemerkte in dem Moment, als ich meine Augen schloss, Richards Hand, die sich ihren Weg meine Taille hinab suchte und mich näher an sich zog. Dann ein Kuss in den Nacken und sein warmer Atem in meinem Ohr. Und schließlich ein Wort, das eigentlich keine Frage war:
    »Versöhnungssex?«

4
    Der Teil mit der Sexfalle
    LUCYS MIXTAPE
    Kylie Minogue & Robbie Williams – Kids
    »So weit, so gut. Und worüber regst du dich jetzt eigentlich auf?«
    Ich hätte wissen müssen, dass Betty das nicht verstehen würde. Für Betty gab es nichts Besseres als Körperlichkeiten. Betty war die Frau mit der Theorie, dass es keinen Krieg in der Welt geben würde, wenn jeder Mensch jeden Tag eine zehnminütige Kopfmassage bekäme. Und, ja, das könnte man durchaus einmal testweise ausprobieren, schaden würde es wohl kaum. Aber darum ging es jetzt nicht.
    »Darum geht es jetzt nicht!«
    »Hä?«
    »Faden verloren, sorry.« Ich starrte auf den Boden, sah die Gehwegplatten und die Ritzen dazwischen unter meinen Füßen vorbeifliegen und riss mich zusammen. »Also noch mal: Seit Monaten kriegen Richard und ich uns wegen allem möglichen Kleinscheiß in die Haare. Urlaub, Renovierung, Flurlampen, Intimwaxing … Irgendwas ist immer. Egal, wie viel Mühe wir uns geben, es kommt einfach keine Ruhe rein. Und dann schluck ich gestern all meinen Stolz runter – und das war ein fetter Brocken, das kannst du mir glauben …«
    »Absolut.

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