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Im Zweifel suedwaerts

Im Zweifel suedwaerts

Titel: Im Zweifel suedwaerts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katarina Fischer
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überaus albern, dass ich hier breitbeinig stand und mit dem Mann, mit dem ich für immer zusammenbleiben und Kinder zeugen sollte, über Haarentfernung debattierte. Und wie albern, dass ich dem keinen Riegel vorschob, sondern, im Gegenteil, voll darauf einstieg.
    »Gut, dass du es ansprichst, Richard. Das Sich-Mühe-Geben. Ich kann nämlich auch nicht sehen, dass du dich besonders ins Zeug legst«, motzte ich ihn an und nickte in Richtung der hässlichen Küchenwand.
    Die Antwort darauf war ein genervtes Schnalzen mit der Zunge. »Es ist nur eine beschissene Wand!«
    »Genau. Beschissen. Aber nicht nur eine, Richard. Die ganze Wohnung ist voll mit beschissenen Wänden.« Mit einem Knall stellte ich mein Glas auf dem Küchentisch ab und hoffte, dass Hannes davon nicht wach geworden war. »Und was ist mit mir? Ich fahr am Samstag für drei Wochen in den Urlaub. Und du kannst nicht mal einen Abend freinehmen und früher nach Hause kommen, damit wir vorher noch ein bisschen Zeit zu zweit verbringen? Nachdem du ja schon nicht mitkommst, weil es ja anscheinend unmöglich ist, dich für ein paar Tage von deinem blöden Job zu lösen.«
    »Ich kann’s nicht mehr hören, Daphne. Ich hab dir schon tausendmal erklärt, dass es einfach nicht geht. Ich find’s ja selber scheiße.«
    »Es geht schon. Du willst nur nicht.«
    »Das ist doch Quatsch.«
    »Aha, das ist also Quatsch. Aber dass du mir vorwirfst, ich würde mir die Haare wegen irgendwelcher Spacken am Strand rausreißen lassen, das ist kein Quatsch, oder was?«
    Richard atmete hörbar aus und lehnte sich an den Kühlschrank. »Was das eine jetzt mit dem anderen zu tun haben soll, kapier ich nicht, tut mir leid.«
    »Das hängt alles zusammen, Richard, alles. Denn wenn du wirklich so einen Scheiß denkst, komm doch einfach mit! Dann kannst du aufpassen, dass ich dich nicht mit dem erstbesten Typ in Badehose betrüge. Denn davon gehst du doch aus, oder nicht? Aber nein!« Ich warf dramatisch die Arme in die Luft. »Dein Job ist wichtiger. Ist doch kein Wunder, dass ich mir nie diese Mühe für dich mache. Du würdest es eh nicht sehen. Du bist ja nie da! Und wenn du doch da bist, schläfst du oder stehst vor dem Kühlschrank und trinkst aus der Flasche Orangensaft, statt zu dem beschissenen Schrank da drüben zu gehen und dir ein beschissenes Glas rauszunehmen. Obwohl mich das nervt. Aber selbst darauf Rücksicht zu nehmen ist von dir anscheinend schon zu viel verlangt.«
    Richard erwiderte daraufhin nichts.
    Und ich sagte auch nichts mehr. Ich schnaufte noch einmal, dann waren mir die Worte ausgegangen.
    Und so standen wir einander gegenüber. Keine Ahnung, wie es ihm ging. Vielleicht so wie mir. Vielleicht hätte er mich am liebsten in den Arm genommen, so wie ich ihn, und das alles vergessen. Vielleicht wollte er mich, so wie ich ihn, gleichzeitig am liebsten zum Teufel jagen. Und vielleicht stand er deswegen, so wie ich auch, einfach da. Wartete ab, was ich tun würde. Tat, was ich tat. Nichts. War mir böse, dass ich nicht Tor eins wählte, die Versöhnung. So verlockend einfach das gewesen wäre – etwas war im Weg und machte es schrecklich schwer. Eine Mauer aus Stolz. Oder Dummheit.
    Die Küchenuhr tickte so laut, dass es mir auf die Nerven ging, und die Kälte des verdammten Altbauküchenfußbodens kroch mir die Beine hoch. Fußkälte. Das waren also die Dinge, mit denen man sich nach zwei Jahren Beziehung auseinandersetzen musste. Im Ernst?
    Richard sprach zuerst. »Ich schlaf heute auf dem Sofa.«
    »Geht nicht«, antwortete ich, »da schläft schon Hannes.«
    »Tja«, sagte Richard.
    Insgesamt hatte ich mir das alles also viel harmonischer vorgestellt. Lachen, Liebe und Lachs sozusagen. Damit Betty und ich mit einem guten Gefühl und einer schönen Erinnerung an zu Hause in den Urlaub aufbrechen konnten. Jetzt saßen wir zu zweit in der Küche, während Hannes und Richard im Wohnzimmer auf ihren Gitarren herumspielten und sich auf drei Wochen Männerwirtschaft einstimmten. Vereint in ihrer Enttäuschung über die Frauen.
    »Und das ganze Theater wegen ein paar Haaren.« Betty schüttelte den Kopf. »Tat es denn nun weh?«
    »Sagen wir mal so: Ich brauch das nicht jeden Tag.«
    »Bescheuert von Richard, sich darüber so aufzuregen. Er hätte ja auch schön noch ein paar Tage davon profitieren können, Sex mit seiner geilen, haarlosen Alten.«
    »So weit hat er nicht gedacht.«
    »Du ja offenbar auch nicht.« Sie zündete sich eine selbst gedrehte Zigarette

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