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Im Zweifel suedwaerts

Im Zweifel suedwaerts

Titel: Im Zweifel suedwaerts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katarina Fischer
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wir diesen Urlaub gemeinsam … aber egal. Ich war die ewigen Wiederholungen leid. »Sind ja nur drei Wochen.«
    »Schätzelein, beweg deinen Arsch!« Das heisere Quaken der Hupe ertönte dreimal, als Betty den Motor anließ und sich, eine Zigarette zwischen den Lippen, aus dem Fahrerfenster lehnte. »Der Tortenexpress ist ready to go.«
    »Ich muss.« Ich legte den Kopf schief und ließ mich ein letztes Mal von meinem Freund küssen.
    »Ruf mich an!«
    »Ja-ha.« Ich umarmte Hannes im Vorbeilaufen, rannte auf die andere Seite zur Beifahrertür und zog mich auf den Sitz. »Warum ist das so, Betty?«
    »Was genau?«
    »Man kann reden, wie man will, und es bringt alles nichts. Aber schlaf mit einem Mann, und er ist anhänglich wie ein kleiner Hund.«
    »Das Wunder des Sex, Schätzelein. Körperliche Nähe ist die stärkste Kraft, die auf diesem Planeten existiert. Und ich sag dir eins: Wenn jeder Mensch jeden Tag eine zehnminütige Kopfmassage bekommen würde …«
    »Ich weiß«, unterbrach ich sie. Der Sitz vibrierte unter mir, und der Motor knatterte, als ich mir den Gurt anlegte. Draußen standen Hannes und Richard und sahen irgendwie verloren aus.
    Betty zündete ihre Zigarette an, zog einmal dran und blies den Rauch aus. »Ansonsten, würde ich sagen, ist es das männliche Umkehrdreieck.«
    »Nie gehört.«
    »Wenn ein Mann mit dem Kopf denken soll, denkt er mit dem Schwanz. Wenn er auf sein Herz hören soll, kommt er einem mit Vernunft. Und wenn man einfach nur Sex will, fängt er von Liebe an. Das ist ein Fehler in der Kopf-Herz-Schwanz-Synchronisierung.«
    Ich nickte anerkennend. »Absolut auf den Punkt.«
    »Selbstverständlich.« Sie drückte erneut auf die Hupe, legte den Gang ein und lehnte sich aus dem Fenster. »Seid schön brav!«
    Richard grinste. »Ihr aber auch!«
    »Nix da.«
    Ich winkte über Bettys Schulter hinweg den beiden Männern auf dem Bürgersteig zu – der eine war meiner, groß und schön, der andere ein Häuflein Elend –, bekam ein Winken und ein »Viel Spaß!« zur Antwort, und alle gemeinsam riefen wir noch einmal »Tschüss!«, denn in Hamburg sagt man das so. Der Bus setzte sich in Bewegung, und dann waren wir endlich unterwegs. Endlich auf dem Weg. Nach Barmbek.
    »Ich dachte schon, ihr kommt nicht mehr.« Lucys Stimme schwankte irgendwo zwischen Vorwurf und Erleichterung, als sie sich von der kleinen Stufe vor dem verklinkerten Mietshaus erhob, einem Sechzigerjahre-Kasten mit quadratischen Fenstern, in dem sie, und eigentlich auch Hannes, wohnte.
    Bettys Tonfall war ausschließlich vorwurfsvoll, als sie sah, was mit Lucy auf uns gewartet hatte. »Drei Koffer, Lucinda?!« In der Tat, drei Koffer. In unterschiedlichen Größen zwar, aber trotzdem komplett den Rahmen sprengend. Und pink. Natürlich.
    Lucy warf einen nachdenklichen Blick darauf, als hätte sie sie noch nie vorher gesehen. »Ist das denn zu viel?«
    »Ja!«
    Ich hob den größten Koffer an und fragte mich, wie Lucy es wohl geschafft hatte, ihn aus dem dritten Stock herunterzutragen. »Was hast du denn da drin?«
    »Nichts.« Das stimmte natürlich nicht. »Na, wir fahren doch drei Wochen weg. Da braucht man so viel.«
    »So viel was? Ambosse?« Ich musste lachen.
    »Also Ambosse nehm ich nicht mit.« Mit vor der Brust verschränkten Armen schüttelte Betty vehement den Kopf. »Da kriegen wir an der Grenze nur Probleme, und das wird eh schwierig mit meinen Haaren und dem Gras.«
    Lucy runzelte die Stirn. »Gras? Hä? Wozu hast du denn Gras dabei?«
    »Zur Entspannung, Lucinda.«
    »Versteh ich nicht.«
    »Okay, ist ja auch egal«, unterbrach ich die beiden. Je weniger Lucy verstand, desto weniger wusste sie, und je weniger sie wusste, desto besser für uns, wenn wir wirklich in eine Kontrolle gerieten. Obwohl ich nicht damit rechnete. »Wir bleiben in der EU , Betty, oder? Bleiben wir doch?« Genau genommen wusste ich ja gar nicht, ob dem so war.
    Betty vermied eine direkte Antwort. »Dreads sind überall verdächtig.«
    »Dann setz dir eine Mütze auf. Und Lucy: Es tut mir leid, aber du musst auf jeden Fall etwas von dem Kram hierlassen. Wenn wir alle drei Koffer in den Bus laden, ist da drin kein Platz mehr für uns.«
    »Aber ich kann das doch jetzt nicht alles wieder auspacken«, maulte sie. »Und wieder einpacken. Da vergess ich dann doch die Hälfte.«
    Betty legte ihr aufmunternd den Arm um die Schulter. »Keine Sorge, Lucinda. Wir helfen dir.« Mein Handy klingelte, und ich rannte zum Bus. »Okay, gut, dann

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