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Im Zweifel suedwaerts

Im Zweifel suedwaerts

Titel: Im Zweifel suedwaerts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katarina Fischer
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über die Sache im Schuppen gesprochen habe, und ihn gefragt, ob er irgendjemandem davon erzählt hat. ›Welche Sache?‹, hat er gefragt, und ich hab ihm gesagt, was ich meinte. Das war echt schwer für mich.«
    »Wie hat er reagiert?«
    »Er hat bloß gelacht. Und alle haben zu uns hergesehen. Und dann hat er ganz laut gesagt, so laut, dass jeder es hören konnte: ›Bist du bescheuert? Dich fette Sau würde ich nicht mal ficken, wenn mich jemand dafür bezahlt.‹«
    Ich wünschte, ich hätte Lucy damals schon gekannt. Ich wünschte, ich wäre damals ihre Freundin gewesen, jemand, mit dem sie hätte reden können. Aber Lucy hatte alles mit sich selbst ausmachen müssen. Sie hatte ihren Eltern nie davon erzählt. Weil sie sie nicht aufregen oder unglücklich machen wollte oder – und das war das Schlimmste – befürchtete, sie könnten wütend auf sie sein. Und mit wem hätte sie sonst reden sollen? Mit dem Leonardo-DiCaprio-Poster an ihrer Wand vielleicht? Manchmal tat sie das, aber wirklich helfen konnte ihr das eindimensionale, glänzende Papiergesicht natürlich nicht.
    Weil Lucy eine Wiederholung dieser Ereignisse verständlicherweise für den Rest ihres Lebens und um jeden Preis verhindern wollte, beschloss sie, Alkohol in Zukunft strikt aus dem Weg zu gehen und Männern gegenüber äußerst vorsichtig zu sein. Freundlich sein konnte schließlich jeder, Getränke spendieren und dann, eh man sich’s versah, fand man sich unten ohne auf einem Haufen dreckiger Pappen wieder und wurde zum Gespött der Leute.
    Ein Test musste her, mit dem sie unter all den Bösewichten den einen Prinzen finden konnte, der edel war und gut. Wie im Märchen, wo der Held etwas Bestimmtes tun oder sagen muss, um den bösen Zauber zu bannen. Lucy nahm sich ihre Eltern zum Vorbild, die seit zweiunddreißig Jahren verheiratet waren. Meistens glücklich und immer füreinander da. Heiraten, das war das Zauberwort.
    Lucy versprach sich selbst, erst wieder mit einem Mann zu schlafen, wenn dieser sie zur Frau genommen hatte. Mit keinem sonst und nicht, bevor das passiert war. Denn wenn ein Mann eine Frau heiratete, war das der ultimative Beweis dafür, dass sie ihm vertrauen konnte.
    Hannes wollte vom Heiraten nichts wissen, obwohl er Lucys Geschichte kannte. Aber Misstrauen war für ihn ein schlechter Grund, ihr einen Antrag zu machen, ein negativer Grund. Hannes verstand Lucys Sorgen, doch er wusste, dass er der Mann war, dem sie vertrauen konnte. Auch ohne Trauschein würde er sie nie verletzen. Umgekehrt verletzte es aber ihn, dass sie an seiner Liebe zu ihr zweifelte, obwohl er wieder und wieder beteuerte, für immer mit ihr zusammenbleiben zu wollen und so sicher fühlte, dass er es ernst meinte.
    Es waren schöne Versprechen, die er ihr machte. Aber Versprechen waren aus Worten gemacht, und Worte reichten Lucy nicht. Sie wollte Beweise sehen.

11
    Der Teil mit dem Sonnenstrand – endlich
    DAPHNES MIXTAPE
    The Cure – Mint Car
    Ein stetiges Klopfen auf dem Busdach weckte mich. Regenprasseln. Ich warf einen Blick aus dem Fenster und sah einen trüben Tag, den feuchten Asphalt der Straße und eine triefend nasse Gestalt mit Dreads, die sich mit schnellen Schritten auf den Bus zubewegte und versuchte, den Pfützen auszuweichen. Hilfsbereit öffnete ich die Schiebetür und ließ Betty einsteigen. Sie hielt mir ein matschiges Baguette entgegen.
    »Frühstück.«
    »Müsste man vielleicht erst mal trocknen lassen …«
    »Dann gibt es eben Eier mit Speck. Find ich sowieso besser.« Sie hielt ihren Kopf aus dem Bus und wrang sich die Haare aus.
    Auf der Matratze bewegte sich Lucy und machte Aufwachgeräusche.
    »Ich setz mal Tee auf.« Wir hatten einen schweren Kanister mit Wasser an Bord, aus dem ich den kleinen Topf aus unserem Küchenschrank befüllte. Gasflamme entzünden, Topf drauf, Becher mit Teebeuteln versehen, warten. Das Campingleben. Kein Wunder, dass man alles bewusster erlebte, es war ja auch alles viel komplizierter und brauchte mehr Zeit.
    »Ich hätte ja eigentlich lieber einen Kaffee …« Betty hatte sich aus ihren klitschnassen Klamotten geschält und stand zitternd, lediglich von ihrem Stringtanga und Gänsehaut bedeckt, vor mir.
    »Ich auch«, kam es unter der Bettdecke hervor. »Kaffee!«
    »Nix da.« Ich hielt Betty ihr Handtuch hin, das noch ganz sandig vom vergangenen Tag am Strand war. »Tee. Gut gegen Erkältung.«
    »Ich bin nicht erkältet«, protestierte Betty.
    »Noch nicht.« Kleine Blasen bildeten sich

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