Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)
finden.“
Malven blinzelte erstaunt über ihre Ehrlichkeit. „Und, habt Ihr ihn gefunden?“ Sie zuckte vage mit den Schultern. „Das ist unwichtig. Falls ich Euch tatsächlich töten wollte, müsste ich mich mit einer Stoffbinde begnügen, um Euch damit zu erschlagen. Eine andere Waffe würde Ranulf niemals zulassen.“ Sie deutete mit dem Kopf zur Tür. „Falls Ihr es noch nicht bemerkt habt: er lässt Euch von zwei stämmigen Kriegern bewachen.“
„Die Männer dienen wohl eher seinem eigenen Schutz.“
„Wenn Ihr tatsächlich einmal Freunde wart, müsstet Ihr ihn besser kennen“, gab Valandra ihm bitter zu verstehen. „Glaubt mir, in dieser Burg gibt es genügend Menschen, die Euch liebend gern die Kehle durchschneiden würden.“ Malvens Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. „Wenn Ihr gekommen seid, um an mein mitfühlendes Herz zu appellieren, habt Ihr den Weg vergeblich auf Euch genommen. Ich werde meinen Auftrag erfüllen.“
Der leise Schmerz in seiner Stimme ließ Valandra aufhorchen. „Dann sagt mir zumindest, weshalb Ranulf sterben soll. Was wird ihm vorgeworfen? Was hat er sich zu Schulden kommen lassen, um ein solches Schicksal zu verdienen?“
„Wenn ich das täte, müsste ich auch Eurem Leben ein Ende setzen.“
Das tat er bereits. Er raubte ihr die einzige Zukunft, die für sie erstrebenswert war. Nur seinetwegen weigerte sich Ranulf, sie zu ehelichen, um sie vor McGregor zu retten. Seinetwegen zwang er sie, eine dieser anderen Witzfiguren zu heiraten. Welchen Wert sollte ihr Leben noch haben, wenn sie das Einzige verlor, was ihr wirklich lieb und teuer war? Wie sollte sie auch nur einen Tag ohne Ranulf überstehen?
„Eure Geheimniskrämerei könnt Ihr Euch an den Hut stecken“, zischte sie ihn wütend an. „Ich will endlich wissen, was hier vorgeht. Denn eines schwöre ich Euch: Solltet Ihr Ranulf auch nur ein Haar krümmen, werde ich Euch bis an mein Lebensende jagen.“
Malvens Lippen verzogen sich zu einem kleinen Lächeln. „Ihr glaubt, mir drohen zu können, Mädchen?“
Valandra stemmte energisch die Hände in die Hüften und nickte. „Ich habe auch dem Bären gedroht. Er wollte nicht hören, und nun hängt sein Fell in meiner Gerberei.“
Malven nickte anerkennend. „In der Tat, man sollte Euch wohl besser nicht unterschätzen.“
Er sah sie lange schweigend an, bevor er das Wort erneut ergriff. „Nun gut. Wenn Ihr es unbedingt wissen wollt: Er wurde wegen Hochverrat und Diebstahl zum Tode verurteilt.“
Malven hatte mit allem gerechnet, doch niemals mit ihrem Lachen. Es klang beinahe hysterisch, und für einen winzigen Augenblick war er versucht zu glauben, wie hätte den Verstand verloren. Doch dann sah er die Fassungslosigkeit und den Schmerz in ihrem jungen Gesicht. Ihre tief grünen Augen spiegelten Wut und Unglauben wider, und er fühlte sich gedrängt weiterzuerzählen. „Er hat unserem Orden eine ganze Wagenladung Gold gestohlen, das für neue Rüstungen gedacht war.“
„Welch ein himmelschreiender Unsinn!“, rief Valandra empört. „Ranulf - ein Dieb? Das ist einfach lächerlich. Wie könnt Ihr diese Lügen auch nur eine Sekunde lang glauben?“
Das tat er nicht, doch das stand hier nicht zur Debatte. Für ihn zählte nur Ranulfs Verrat. „Seinetwegen sind elf unserer Brüder gestorben. Er hat sie in jener Nacht verraten und jämmerlich im Stich gelassen.“
Valandra schüttelte den Kopf. „Wie könnt Ihr es wagen, Euch Ranulfs Freund zu nennen?“
„Unsere Freundschaft hat mit seinem Todesurteil geendet.“
„Lügner! Ihr könnt niemals befreundet gewesen sein, denn dann wüsstet Ihr mit derselben Sicherheit wie ich, dass Ranulf unschuldig ist. Ich kenne ihn kaum zwei Monate, doch eines weiß ich ganz genau: Ranulf besitzt mehr Ehrgefühl und Stolz als jeder andere Mensch, dem ich je begegnet bin. Er hält an seinem verdammten Ehrenkodex so eisern fest, dass man ihn manchmal damit erschlagen möchte. Ihr selbst seid doch der beste Beweis! Was glaubt Ihr, weshalb Ihr noch atmet? Ihr habt ihn vier Jahre lang wie einen Hund gejagt, und dennoch hält er an Eurer Freundschaft fest. Jeder andere in Ranulfs Haut hätte Euch längst einen Dolch ins Herz gerammt. Aber er würde niemals die Loyalität Euch gegenüber aufgeben, und wenn Ihr das nicht einseht, so wagt nie wieder zu behaupten, Ihr würdet ihn kennen!“
Malvens stechend schwarze Augen schienen sie zu durchbohren, und ein grausamer Zug legte sich um seine Lippen. Eine
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