Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)
lange Suche blieb ihm glücklicherweise erspart. Gerade, als er in den Flur hinaustrat, kam sie auf ihn zugeeilt. Ihr besorgter Gesichtsausdruck ließ jedoch nichts Gutes erahnen.
„Großer Gott, gut, dass ich dich endlich finde“, keuchte Valandra außer Atem.
„Er ist weg, Ranulf.“ Furcht und Entsetzen spiegelten sich in ihren wunderschönen Augen. „Malven ist verschwunden. Er hat die Wachposten niedergeschlagen und ist einfach aus der Burg spaziert!“
„Ich weiß“, erklärte Ranulf schlicht, packte sie um ihre Mitte und wirbelte sie herum. „Guten Morgen, Liebes.“
Valandra kreischte erschrocken auf. „Gütige Jungfrau, bist du verrückt geworden?“
Ja, das war er, und zwar verrückt nach ihr.
„Stell mich sofort wieder auf die Füße. Du scheinst den Ernst der Lage nicht zu begreifen!“, schalt sie ihn. Sie wusste beim besten Willen nicht, was so amüsant an ihrer verzwickten Lage war. Schließlich schwebte er in größter Gefahr, und sie machte sich schreckliche Sorgen.
Plötzlich bildete sich eine steile Falte auf ihrer Stirn. „Was soll das heißen, du weißt es?“
Ranulf hauchte ihr einen flüchtigen Kuss auf die Lippen und ließ sie wieder auf eigenen Beinen stehen. Diese Frau machte es einem wirklich nicht leicht, die eigene gute Laune auszukosten. Er seufzte leise auf und sagte: „Ich wollte vor einer Stunde mit Malven sprechen. Da war er bereits fort.“ „Und du hast es nicht für nötig erachtet, mich darüber in Kenntnis zu setzen?“, erkundigte sie sich vorwurfsvoll.
Wie umwerfend sie aussah, wenn sie wütend war, schoss es Ranulf durch den Sinn. Dennoch zwang er sich, das dümmliche Grinsen von seinem Gesicht zu wischen. Valandra konnte sehr empfindlich sein, wenn sie glaubte, nicht ernst genommen zu werden. „Ich sah keinen Grund dazu.“
„Ach, tatsächlich?“ Valandra stemmte die Hände in die Seiten und funkelte ihn entrüstet an. „Ist dir nicht in den Sinn gekommen, dass ich mir Sorgen machen könnte?“
Ihr stockte der Atem, als Ranulf sie sanft, aber bestimmt in seine Arme zog. Sein Lächeln war entwaffnend und erregend zugleich, denn in seinen Augen glomm ein Feuer, das sie nur zu gut kannte. Er begehrte sie, was sein verführerischer Kuss nur bestätigte.
„Du bist unmöglich“, flüsterte Valandra atemlos an seinen Lippen. „Wie kannst du in einem solchen Augenblick der Gefahr nur an so etwas denken?“
Ranulf lachte leise auf und genoss das Gefühl, wie sie in seinen Armen erbebte. „Ich denke seit Stunden an nichts anderes, ma petite .“
Valandras Finger glitten sehnsüchtig durch Ranulfs goldenes Haar, und sie erwiderte seinen Kuss mit all der Leidenschaft und Liebe, die sie für ihn empfand. Weder ihrem Körper noch ihrem Herzen war es möglich, die herrlichen Stunden der vergangenen Nacht zu verdrängen.
Urplötzlich drang ein markerschütternder Schrei aus der Halle herauf und ließ die beiden alarmiert zusammenzucken. Geschirr fiel laut scheppernd zu Boden. Dann war alles mucksmäuschenstill.
Valandra und Ranulf liefen beide gleichzeitig los, stürmten den Flur entlang und eilten die Treppe in die Halle hinunter.
Bereits von weitem sah Valandra Sophia, die Magd. Sie stand mitten in den Scherben, schien es jedoch gar nicht zu bemerken. Ihre Aufmerksamkeit war voll und ganz auf das Hauptportal gerichtet. In ihren Zügen spiegelten sich Unglauben und Fassungslosigkeit.
Valandra folgte Sophias Blick, und ihr Herz begann hoffnungsvoll zu hämmern.
„Moray!“, rief Sophia überglücklich und flog ihrem innig vermissten Ehegatten in die Arme.
„Was, um alles in der Welt...“, hob Ranulf an, ließ den Satz jedoch unvollendet, als er Valandras freudestrahlendes Lächeln sah.
„Sie kehren heim“, flüsterte sie ergriffen. „Papa kehrt heim!“ Ohne sich um die Umstehenden zu kümmern, schlag sie ihm die Arme um den Hals und lachte glücklich auf. „Verstehst du denn nicht? Moray ist einer von Papas Kriegern. Sie haben gemeinsam an diesem Kreuzzug teilgenommen, und nun sind sie heimgekehrt. Jetzt wird alles gut.“
Valandra drückte Ranulf einen Kuss auf die Lippen, nahm seine Hand und zog ihn zum Hauptportal. Es wiederstrebte ihr zwar, das traute Willkommensglück zu stören, doch sie konnte nicht länger an sich halten. „Moray, willkommen zu Hause!“
Der junge Mann hielt die vor Glück weinende Sophia fest in den Armen und begrüßte seine Herrin. „Lady Valandra, Euer Vater hat mich vorausgeschickt, um seine Ankunft zu
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