Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)
war zwecklos. Valandra weigerte sich, der Wahrheit ins Auge zu sehen.
Er vergrub sein Gesicht in ihrem Haar. Er war sich sicher, dass sie nach einem Ausweg suchen würde. Für die Dauer eines Herzschlags gestattete er sich die Illusion, dass dieses zierliche Geschöpf ihm tatsächlich helfen könnte. Nur einen winzigen Augenblick ließ er die Hoffnung auf eine Zukunft zu. Eine Zukunft, die er mit ihr teilen konnte. So absurd dieser Gedanke auch war, es war ein unendlich kostbares Gefühl. Doch der Augenblick verflog, und Ranulf kehrte in die harte Realität zurück. Er hatte keine Zukunft.
Eng hielt er Valandra umfangen. Dann aber furchte er verwirrt die Stirn.
„Du schwitzt ja“, bemerkte er. Dabei war es in seinem Gemach wirklich nicht sonderlich warm.
Valandra schüttelte den Kopf. „Eigentlich ist mir eher kalt.“
Ranulf schob sie auf Armeslänge von sich fort und betrachtete sie prüfend. Dann befühlte er ihren Nacken.
„Es ist kalter Schweiß“, beschuldigte er sie. „Verdammt, warum sagst du nichts, wenn du Schmerzen hast?“
Valandra sah ihn nur verständnislos an. Als ob sie im Augenblick nicht weit schlimmere Probleme zu bewältigen hätten! Was kümmerte sie ihre Schulter, wenn sein Leben in Gefahr war? Außerdem war sie schrecklich feige, wenn es um körperlichen Schmerz ging. Allein der Gedanke, jemand könnte ihre Schulter berühren, trieb ihr den Schweiß auf die Stirn. „Es ist bestimmt nur eine kleine Prellung.“ „Das werde ich entscheiden. Wo?“
Valandra stöhnte unwillig auf, als sie die Entschlossenheit in Ranulfs Augen sah. Seine Sturheit war wirklich entnervend. Sie kannte ihn inzwischen gut genug, um zu wissen, dass er nicht aufgeben würde, bis sie ihm ihre dumme Verletzung erklärt hätte.
„Es ist die Schulter. Ich bin heute Nachmittag hingefallen, als ich den Bärenpranken ausweichen musste. Dabei habe ich sie vermutlich geprellt.“ Ranulf zuckte innerlich zusammen. Allein die Vorstellung, wie Valandra diesem Ungetüm von einem Bären gegenüberstand, ließ ihn um Jahre altern. Er mochte sich gar nicht ausmalen, was alles hätte geschehen können. „Man sollte dir für deinen verdammten Mut den Hintern versohlen“, knurrte er finster, bevor er etwas freundlicher hinzufügte: „Mach die Schulter frei!“
„Bist du nicht bei Trost?“, schnappte Valandra empört. Sie dachte gar nicht daran, sich vor ihm auszuziehen.
Ranulf zog erstaunt eine Augenbraue hoch. „Muss ich dich daran erinnern, dass ich schon wesentlich mehr von dir gesehen habe als nur eine nackte Schulter?“ Muss ich dich daran erinnern, dass du mich danach wie ein faules Stück Fleisch hast fallen lassen? Valandra errötete bei diesem Gedanken bis zu den Zehen und hielt den Halsausschnitt ihres Nachthemds schamhaft zusammen. „Das ist jetzt nicht mehr von Bedeutung.“
Plötzlich wurde ihr die Intimität ihrer Situation unangenehm bewusst. Sie befanden sich in seinem Gemach. Allein. Beide waren sie nur unzulänglich bekleidet, und hinter ihrem Rücken prasselte ein stimmungsvolles Feuer. „Es ist besser, wenn ich jetzt gehe“, erklärte sie rasch. Es war wirklich verrückt, doch Ranulfs nackter Oberkörper machte sich plötzlich ganz atemlos. Nein, schrie ihr Herz. Sie musste fliehen, bevor er sie ein zweites Mal verletzen konnte. Sie wusste nicht, ob sie diesen Schmerz noch einmal ertragen könnte. Sie wollte sich von ihm abwenden, doch Ranulf hielt sie zurück. Ihre Worte hatten ihn verletzt. Vielleicht war ihre leidenschaftliche Begegnung in der Jagdhütte für sie nicht mehr von Belang, doch für ihn bedeutete sie die Welt. „Entweder, du zeigst mir jetzt deine verletzte Schulter, oder ich reiß dir das Nachthemd vom Leib. Du kannst wählen. Ich zähle bis drei.“
„Das darfst du nicht“, erklärte Valandra bemüht streng.
„Eins.“
Sie versuchte, an ihm vorbeizuschlüpfen, doch er versperrte ihr erneut den Weg. „Das ist doch Unsinn. Es tut auch gar nicht mehr weh.“
„Zwei.“
„Himmel, gibst du eigentlich niemals nach?“
Ranulf schüttelte den Kopf: „Nicht, wenn es wichtig ist.“
Er trat einen Schritt näher, und Valandra wusste, dass sie verloren hatte. Er würde nicht zögern und seine Drohung wahr machen, wenn sie ihm nicht gehorchte.
„In Ordnung. Ich mach es selbst.“ Mit zitternden Fingern löste sie die Verschnürung und schob den Stoff ganz vorsichtig über die blau und grün geschwollene Schulter.
„Teufel und Verdammnis, sie ist ausgerenkt! Du
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