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Imagica

Imagica

Titel: Imagica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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namens Bunyan Blew, wandte sich an Zacharias und fragte, ob er und seine Tochter nicht nach Hause gehen wollten. Gentle erklärte, daß sie jemandem versprochen hätten, hier auf ihn zu warten, und bat darum, daß sie auch weiterhin an ihrem Tisch sitzen dürften, bis der Freund gekommen wäre.
    »Ich kenne Sie«, sagte Blew. »Heute morgen haben Sie hier gefrühstückt, mit einer Frau, nicht wahr?«
    »Auf sie warten wir«, entgegnete Gentle.
    »Sie erinnerte mich an jemanden«, murmelte Blew nachdenklich. »Hoffentlich stößt ihr dort draußen nichts zu.«
    »Das hoffen wir auch.«
    605

    »Na schön, bleiben Sie hier. Sie können mir dabei helfen, alles zu verbarrikadieren.«
    Bunyan Blew meinte, er hätte gewußt, daß früher oder später so etwas geschehen würde, und deshalb wäre er vorbereitet.
    Die Fenster konnten mit Brettern geschützt werden, und es gab auch einen Vorrat an diversen Waffen - um Plünderer abzuwehren. Die Vorsichtsmaßnahmen erwiesen sich aber als unnötig. Man nutzte die Straße nur als Verbindungsweg, um Verwundete zu transportieren; das Kampfgebiet zog sich rund zweihundert Meter weiter östlich am Hang des Hügels empor.
    Trotzdem folgten zwei nervenaufreibende Stunden: Schreie erklangen aus allen Richtungen, und die Flaschen in Blews Regalen klirrten, wenn der Boden zitterte, was recht häufig passierte. Einer der Ladeninhaber, die zuvor zornig und empört aufgebrochen waren, kehrte während dieser Phase zurück. Er klopfte an die Tür und stolperte mit blutigem Kopf und Berichten von Zerstörungen über die Schwelle. In der vergangenen Stunde hatten die Soldaten Geschütze in Stellung gebracht, erzählte der Verletzte, und nahmen damit Hafen und Damm unter Beschuß; damit sei Yzordderrex praktisch isoliert.
    Natürlich gehörte das zum Plan des Autokraten, fügte der Mann hinzu. Aus welchem anderen Grund erlaubte man, daß ganze Viertel niederbrannten? Der Herrscher wollte, daß die Stadt ihre Bewohner selbst umbrachte, während er persönlich nichts befürchten mußte: Das Feuer konnte unmöglich die Palastmauern durchdringen.
    »Er überläßt den Mob sich selbst«, fuhr der Mann fort. »Und es ist ihm völlig gleich, was aus uns wird. Der verdammte Kerl denkt nur an sich. Er rührt keinen Finger, um uns zu helfen.«
    Alle bisherigen Ereignisse deuteten darauf hin, daß solche Vorwürfe berechtigt waren. Auf Gentles Vorschlag hin begab man sich zum Dach, und dort präsentierte sich der bereits beschriebene Anblick. Das Meer blieb hinter einer Mauer aus Qualm verschwunden, die ihren Ursprung im Hafen hatte.
    606

    Rauchsäulen stiegen von mindestens zwei Dutzend Kesparaten auf, in der Nähe ebenso wie in der Ferne. Durch den hitzeflimmernden Dunst, der über Oke T'Noon hing, konnte man die Reste des Damms erkennen, an dem sich das Wasser des Deltas staute. Rauch verdunkelte den Kometen; er schenkte der Stadt nur einen trüben Glanz, der immer mehr verblaßte, als sich die lange Dämmerung verfinsterte.
    »Es wird Zeit, daß wir aufbrechen«, wandte sich Gentle an Huzzah.
    »Was hast du vor?«
    »Wir sollten Pie'oh'pah suchen«, erwiderte Zacharias.
    »Solange wir noch dazu imstande sind.«
    Vom Dach aus war deutlich zu sehen, daß es keinen sicheren Weg zum Kesparat des Mystifs gab. Die verschiedenen Kampfgruppen zeichneten sich durch ein unberechenbares Verhalten aus: Niemand wußte, welche Richtung sie einschlagen, wen sie angreifen würden. In einer jetzt leeren Straße mochte nur wenige Minuten später ein wildes Durcheinander herrschen. Gentle und Huzzah mußten dem Instinkt vertrauen und sich auf ihr Glück verlassen, als sie einen direkten Weg dorthin wählten, wo sie Pie'oh'pah zu-rückgelassen hatten. Die Abenddämmerung in dieser Domäne dauerte etwa so lange wie ein Wintertag in England - fünf oder sechs Stunden -, denn der Schweif des Kometen verharrte selbst dann am Himmel, wenn der feurige Kopf hinter dem Horizont verschwand. Doch die Rauchschwaden wurden immer dichter, als Gentle und Huzzah unterwegs waren, trübten das bereits trübe Licht und schufen rußige Düsternis in der ganzen Stadt. An vielen Stellen loderten Feuer, deren flackernder Schein die Dunkelheit durchdrang, aber zwischen ihnen gab es auch Straßen, wo keine Laternen brannten, wo die Bürger alle Fensterläden geschlossen und selbst die Schlüssellöcher der Türen verstopft hatten, um keinen Hinweis darauf zu bieten, daß die entsprechenden Häuser bewohnt 607

    waren. In jenen Vierteln glich die

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