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Imagon

Imagon

Titel: Imagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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tiefer, als könne er dadurch dem Strahl meiner Taschenlampe entgehen.
    »Poul …?« Seine Stimme war kaum noch als solche zu bezeichnen. Heiser und unartikuliert drangen die Worte aus seiner Kehle. »Nein«, stieß er fassungslos hervor. »Nein, nein … nein … nein!«
    »Bleiben Sie stehen!«, herrschte ich ihn an, als er Anstalten machte, auf mich zuzugehen.
    »Du bist tot.« DeFries hielt sich schützend die Hand vor Augen. »Tot, Poul …«
    »Nein, Jon.«
    DeFries blinzelte ins Licht der Taschenlampe. »Nein?« Er sah drein, als gehe es um eine Person, die er nur vom Hörensagen kannte.
    Ein neuerliches Beben erschütterte den Berg, worauf das Glühen am anderen Ende der Höhle wieder intensiver wurde. DeFries wirbelte herum und stieß ein fast schon panisches Winseln aus. »Er …«, setzte er an, deutete dann auf das Glühen.
    »Er kommt! Siehst du das nicht? Der unterirdische Zugang, den die Aqunaki vor Äonen versiegelt haben … er hat ihn gefunden … spürst du, wie seine Wut und sein Schmerz die Elemente erzittern lassen? Nun kommt er, um ihnen zu berichten, dass die Tore offen stehen … dass die Aqunaki die Welt verlassen haben und keine Zeichen sie daran hindern, aus Qur emporzusteigen …«
    Er blinzelte mich an, als sei ich lediglich eine Illusion, die langsam vor seinen Augen verblasste, dann beugte er sich zu seinem Rucksack hinab, um die letzten Sprengstoffpäckchen herauszuziehen. Ehe er womöglich ebenfalls eine versteckte Pistole in der Hand hielt, packte ich ihn am Arm und stieß ihn zurück. DeFries starrte erst die Stelle, wo ich ihn berührt hatte, dann mich verwundert an. »Poul …« Erst jetzt schien ihm bewusst zu werden, dass ich real war und leibhaftig vor ihm stand.
    »Warum haben Sie versucht, mich zu töten?«
    »Warum?« DeFries sah sich mit hastigen, roboterhaft wirkenden Bewegungen um, als suche er einen Ausweg aus seiner Situation, dann lachte er heiser. »Sieh dich doch an, Poul. Du trägst die Zeichen der Wiederkehr. Du darfst nicht existieren!« Er trat trotz der Pistole in meiner Hand näher. »Hast du mir denn nicht zugehört, als ich dir vom Taaloq erzählte? O nein, du hast natürlich nicht zugehört. Bist ein Mann der Wissenschaft, stehst mit beiden Beinen auf dem Boden dieser zerbrechlichen, vergänglichen Realität.
    Was ich niedergeschrieben habe, erzählt nur einen Bruchteil des Taaloq. Regionale Übereinstimmungen. Der Mythos selbst ist weitaus umfangreicher und komplexer. Es gibt viele Versionen, und jede erzählt etwas anderes – und immer ein wenig mehr. Die Schamanen des Ostens erzählen solche Geschichten, die des Westens und des Südens andere. Sie alle sind hier drin, Poul. Alle …« Er tippte sich an die blutige Stirn. »Soll ich dir die Wahrheit über uns Ebenbilder Gottes verraten? Willst du sie hören? Wir waren nie die Herren dieses Planeten, Poul. Wir waren nicht einmal ihre Diener, denn dafür hatten sie die Shoggothen. Die Esh’maga sind die wahren Herrscher dieses Universums. In ihrem Dünkel begehrten sie sogar gegen die Älteren Götter auf – doch sie verloren den Krieg und wurden verbannt.
    Wir sind Vieh, Poul! Zurückgelassenes, verwildertes, auf sich selbst gestelltes Schlachtvieh, vor Äonen gezüchtet, um ihren Nahrungsbedarf zu decken. Als die Aqunaki lange Zeit später kamen, fanden sie uns und erkannten, dass wir nichts weiter waren als primitive, Fleisch fressende, aufrecht gehende Säugetiere. Wir waren uninteressant, unwichtig, unvollkommen. Gerade mal gut genug, um in ihren Minen zu arbeiten. Aus uns Menschenvieh machten sie Sklaven. Es ist nicht unsere Bestimmung, frei zu sein. Doch die Aqunaki waren zu neugierig bei der Vereinnahmung des Planeten, denn lange vor ihnen hatten bereits andere, mächtige Wesen über diese Welt geherrscht. Die Aqunaki fanden ihre Tore und erkannten die Vorteile, durch sie das All bereisen zu können. Aber nicht alle Tore führten zu fernen Planeten. Manche mündeten in jene Dimension, aus der die Esh’maga einst kamen und in die sie nach dem Krieg, der nahezu alles Leben auf diesem Planeten ausgelöscht hatte, wieder verbannt wurden. Die Aqunaki öffneten diese Tore, unwissend, was sie dadurch heraufbeschworen. Als sie ihren verhängnisvollen Irrtum erkannten, war es bereits zu spät. Wieder entbrannte ein furchtbarer Krieg, bei dem die Aqunaki schnell begriffen, dass sie nicht gewinnen konnten. Um zu verhindern, dass die Esh’maga ihre Pfade durchs All verfolgten und die Aqunaki gänzlich

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