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Imagon

Imagon

Titel: Imagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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einer gallertartigen, fahlgelben Brühe, die den Grund des Kanals zentimeterhoch füllte und äußerst widerwärtig stank. Dennoch ließ ich mich in die anderthalb Meter tiefe Rinne rutschen und barg die ramponierte Lampe. Mühsam kroch ich wieder nach oben und ruhte mich erneut aus.
    Das schleimige Zeug brannte unerwartet heftig auf meiner Haut, und als ich meine Finger betrachtete, entdeckte ich Spuren von Rötungen. Hastig wischte ich die Hände an meiner Kleidung ab, aber das Brennen blieb, als hätte ich in einen Busch mit Nesseln gefasst. Das Metall der Taschenlampe war inzwischen an seiner Oberfläche korrodiert.
    »Gottverflucht, holen Sie mich sofort hier raus!«, rief ich nach oben. »Hier unten ist alles voller Säure!«
    »Säure?«
    »Irgendeine ätzende Substanz.« Ich sah in den tanzenden Lichtschein von DeFries’ Lampe. »Worauf warten Sie denn? Ich möchte mich hier unten nicht auflösen!«
    »Die Zeit reicht nicht«, antwortete DeFries gleichmütig. »Das weißt du doch. Der Shoggothe …«
    »Holen Sie mich hier raus!«
    Sekunden lang schwieg DeFries. Ich hörte nur seinen hektischen Atem. »Beweg dich nicht von der Stelle«, wies er mich an. Der Schein seiner Taschenlampe verschwand für einen Augenblick, ehe er erneut in die Tiefe wies. »Poul …«
    »Ja?«
    Die Antwort war ein Lichtblitz aus der Mündung einer Leuchtpistole. Ich krümmte mich augenblicklich zusammen. Das Geschoss schlug wenige Zentimeter neben meinem Kopf ein und zischte als Querschläger in die Dunkelheit, wobei es nach wenigen Sekunden gleißend hell aufleuchtete und die Halle in orangefarbenes Licht badete. Ich vergaß die Schmerzen und rollte mich zur Seite. DeFries schoss ein zweites Mal. Die Leuchtpatrone klatschte in einen der Kanäle und versank im Schleim. Als sie explodierte, währte ihr Licht nur Sekunden, dann hatte die ätzende Substanz es erstickt. Ich hörte, wie DeFries die Waffe hektisch nachlud.
    »Sind Sie jetzt völlig verrückt geworden?«, rief ich und versuchte, aus seinem Schussfeld zu kriechen. »Denken Sie an den Sprengstoff!« Ich bemühte mich, möglichst viel Abstand zu den Ropanpäckchen zu gewinnen. Nach wenigen Metern endete meine Flucht an einem der Säurekanäle.
    »Ich erfülle dir nur deinen Wunsch, Poul.« DeFries schoss blind in die Tiefe. Der Brandsatz prallte vom Boden gegen die Decke und hüpfte schließlich strahlend und qualmend durch die Halle. Beißender Rauch breitete sich aus und vernebelte die Sicht. »Du hast uns alle auf dem Gewissen! Ich habe mit ansehen müssen, wie du Broberg dem Shoggothen geopfert hast. Dachtest du wirklich, ich würde warten, bis ich an der Reihe bin?«
    »Jon, was redest du …«
    »Halt dein Maul, du Bastard!« DeFries brach unter einem Hustenanfall zusammen. Blut sprühte aus seinem Mund, und ich sah ihn bereits in die Tiefe stürzen. Doch er hielt sich auf dem Sims, schwer atmend und zitternd. »Du hast uns gebeten, dich mit allen Mitteln daran zu hindern, in den Tempel zu gehen«, krächzte er, als er wieder Sprechen konnte. »Und genau das habe ich versucht.« Seine Taschenlampe und die Mündung der Leuchtpistole wiesen auf meinen Kopf. »Ich erfülle nur deinen Wunsch, du gottverfluchte Kreatur …«
    Hinter DeFries erschien ein schwaches Leuchten. Ehe er ein viertes Mal abdrücken konnte, zuckten zwei fluoreszierende Tentakel aus der Dunkelheit, schlangen sich um seinen Oberkörper und rissen ihn in die Höhe. DeFries stieß einen heiseren Schrei aus, dann waren seine zappelnden Beine aus meinem Blickfeld verschwunden. Ich hörte einen weiteren Schuss aus der Leuchtpistole, gefolgt von einer Reiche furchtbarer Geräusche, von denen die meisten aus DeFries’ Kehle drangen. Dann brachen sie abrupt ab. Nur das Zischen der Leuchtkugeln geisterte noch durch die Stille. Eine Weile starrte ich atemlos in die Höhe, bemüht, im dichten Rauch das Tor zu erkennen. Aus der Dunkelheit stürzte plötzlich ein Körper durch die Öffnung, schlug schwer neben mir auf und blieb reglos liegen. Ehe die letzte der beiden Leuchtkugeln erlosch, sah ich blank liegende Halswirbelknochen und das Blut, das aus DeFries’ Halsstumpf sprudelte. Die Wunde an seinem Hals wirkte, als habe man ihm den Kopf abgerissen.
    Ich würgte, wandte mich ab und erbrach mich in den Kanal, an dessen Rand ich kniete. Mein Mageninhalt stank und zischte, als er mit der Säure in Berührung kam. Wieder erzitterte der Boden unter einem Beben. Von oben drang das Donnern herabstürzender Felsen an

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