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Imagon

Imagon

Titel: Imagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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blockiert worden, und ich saß allein hier unten – lebendig begraben mit einer Kreatur, die einmal Talalinqua gewesen war und nun irgendwo in der Finsternis umherkroch und mich umlauerte.
    Irgendetwas wird passieren, versicherte mir die innere Stimme. Der Fluch Sedmeluqs muss erfüllt werden …
    In der Hoffnung, dass DeFries – sollte er tatsächlich noch am Leben sein und seinen mysteriösen Plan vollenden wollen – sich durch Geräusche und den Schein seiner Taschenlampe und Talalinqua sich durch sein geisterhaftes Glühen verraten würden, kroch ich entlang der Kavernenwand, setzte mich auf den Boden, schaltete die Mag-Lite aus und wartete.
     
    Was mich aus dem Erschöpfungsschlaf hochschrecken ließ, war weder ein schleimiger Tentakel noch das blendende Licht einer Taschenlampe. Der Boden hatte begonnen zu beben!
    Die Erschütterung dauerte nicht sehr lange, doch sie war heftig genug, um mich wachzurütteln. Ich blinzelte in die Dunkelheit – eine Dunkelheit, die nunmehr von zwei schwachen Lichtquellen durchbrochen wurde. Eine von ihnen befand sich im Zentrum der Höhle und rührte zweifellos vom Schein einer Taschenlampe her. Die zweite offenbarte sich als düsteres, rotes Glühen, das sich in Hunderten von Metern Entfernung an der gegenüberliegenden Höhlenwand gebildet hatte. Es sah aus, als befinde sich am anderen Ende der Kaverne ein gewaltiges, bogenförmiges Tor aus glimmenden Kohlen. Vor ihm bewegte sich die Silhouette eines Menschen.
    Ich erhob mich, schulterte den Rucksack und lief – den Griff der Pistole fest umklammert – langsam auf die Gestalt zu. Die Mag-Lite ließ ich ausgeschaltet, um die Batterien zu schonen. Ich brauchte nur auf das rote Glosen zuzumarschieren, vor dem hin und wieder der Schein einer Taschenlampe aufzuckte, sobald sich die Gestalt in meine Richtung wandte, um etwas aufzuheben, ein paar Schritte zu laufen und die Gegenstände wieder abzulegen. Auf halbem Weg ins Zentrum zog ich meine Schuhe aus, um nicht zu laut aufzutreten, und verstaute sie im Rucksack. Das Glühen an der gegenüberliegenden Wand wurde beständig schwächer, doch es reichte noch immer aus, um die Silhouette der Person zu erkennen: Es war DeFries. Scheinbar von Schmerzen gebeugt, zog er Ropanpackung für Ropanpackung aus seinem Rucksack und ging damit zu dem Rund in der Höhlenmitte. Sobald er wieder in meine Richtung lief und der Strahl seiner Taschenlampe über den Höhlenboden geisterte, duckte ich mich und verharrte reglos. DeFries war jedoch viel zu sehr auf sein Tun konzentriert, um mich in der Dunkelheit zu bemerken. Natürlich hatte auch er das Beben und das Glühen wahrgenommen, und die Hast, mit der er den Sprengstoff auspackte, machte ihn unvorsichtig.
    Ich kam bis auf etwa fünfzig Meter unbemerkt an ihn heran, dann legte ich mich auf den Boden und beobachtete ihn. DeFries hustete und keuchte wie ein Asthmakranker. Manchmal brach er vor Erschöpfung zusammen, nur um sich mit den Ropanpäckchen in den Händen wieder aufzurappeln. Vom Wahn getrieben, würde er wahrscheinlich sogar weiterschuften, wenn ihm die Krebsgeschwüre plötzlich zu allen Körperöffnungen herausquollen.
    Als er sich erneut mit zwei Sprengstoffpackungen umwandte und zum Tor ging, erhob ich mich – die Mag-Lite in der Linken, Brobergs Waffe in der Rechten – und lief bis zu seinem Rucksack. Im Schein von DeFries’ Taschenlampe konnte ich ein Stück in den Torkrater hineinblicken. DeFries warf das Ropan einfach in die Senke, was mich verwunderte. Als er aus dem Krater kletterte und keuchend herangelaufen kam, schaltete ich die Mag-Lite an und leuchtete ihm direkt ins Gesicht.
    DeFries erstarrte mitten in der Bewegung. Hätte nicht dieses irre, fanatische Feuer in seinen Augen gelodert, hätte ich nur schwerlich geglaubt, dass diese dem Wahnsinn nahe Gestalt vor mir am Leben war. DeFries’ Gesicht besaß die Farbe von verwesendem Fleisch, gesprenkelt mit Blut aus einer großen, verschorften Fleischwunde an seiner Stirn, die ihm mit Sicherheit ein herumfliegender Eisbrocken zugefügt haben musste. Ich glaubte, ein Stück blanken Schädelknochens durch das verfilzte Haar schimmern zu sehen. Das Blut aus der Wunde klebte als schwarzgeronnenes Etwas in DeFries’ Bart und auf seinem Parka. Scheinbar hatte er die Wucht der von ihm selbst herbeigeführten Explosion unterschätzt und sich nicht schnell genug in Sicherheit bringen können.
    »Hallo, Jon«, grüßte ich in die Stille.
    DeFries duckte sich noch ein Stück

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