Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition)

Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition)

Titel: Immer Ärger mit Opa: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kanitz
Vom Netzwerk:
denken konnte, Grete und Marie zuständig gewesen. Auch um das Frühstück der Feriengäste kümmerten sich die beiden Schwestern.
    Trotz ihres hohen Alters dachten sie gar nicht daran, damit aufzuhören. »Wenn ich nichts mehr zu tun habe, kann ich ja gleich abtreten«, hatte Grete mal gesagt, und Marie war in diesem Punkt ausnahmsweise ihrer Meinung gewesen.
    Die Zimmer wurden von zwei Mädchen aus dem Dorf gemacht, Papa kümmerte sich um den Hof und fuhr die Gäste in die Heide. Und Mama – ja, worum kümmerte sich eigentlich Mama?
    Um uns, als wir klein waren, klar. Aber später? War sie so unzufrieden, weil sie hier keine richtige Aufgabe hatte?
    »Wenn du mal aufhören würdest, mich so anzustarren, koche ich uns Kaffee«, sagte Mama und räumte meine Bierflasche weg.
    »Kaffee wäre toll.«
    Den Abwasch ließ ich erst mal sein. Grete hatte mir gar nichts mehr zu sagen, beschloss ich, und mit etwas Glück hielt Mamas Hausfrauenphase noch ein paar Stunden an.
    Es hätte gemütlich werden können mit uns beiden in der Küche, wenn ich nicht dieses flaue Gefühl im Magen gehabt hätte. Nicht wegen der drei Bratwürste, oder wenigstens nur zum Teil ihretwegen.
    Paul Liebling ging mir nicht aus dem Kopf, und ich hoffte, mein Bruder würde bald kommen und mir alles erzählen. Oder er würde es für sich behalten. Keine Ahnung, was mir lieber war.
    Mama sah auch nicht wirklich entspannt aus. Möglicherweise hatte sie ja Angst, Jan habe mir von ihrem Doppelleben erzählt.
    Selten so geirrt.
    »Sag mal«, begann sie nach einer Weile und drehte fahrig an ihrem Kaffeebecher. Die silbernen Armreifen klimperten leise bei jeder Drehung. »Du warst doch gestern bei diesem Anwalt in Lüneburg, hat Papa mir erzählt.«
    »Ja, und?«
    »Was wollte der denn? Mit Papa hat er ja nicht geredet, und ich war nicht da.«
    »Du warst nicht da«, erwiderte ich und überlegte, ob ich das Gespräch auf Hamburg und ihre Kommune bringen sollte. Mein Gefühl sagte mir, dass Mama das mit einer Handbewegung fortwischen würde, um wieder über meinen Termin in Lüneburg zu sprechen. Also ließ ich es gleich und versuchte, blitzschnell zu überlegen, was ich antworten sollte. Mir fiel wieder ein, wie nervös sie vorgestern bei meiner Ankunft gewesen war. Ob Opa Hermann noch etwas gesagt hatte, bevor er gestorben war, hatte sie wissen wollen.
    Ich überlegte, ob das große Familiengeheimnis der Lüttjens schon seit Jahren gar keines mehr war. Hatten etwa alle längst Bescheid gewusst, außer Jan und mir?
    Komisch. Warum sollte Mama befürchten, dass ich die Wahrheit über Papas Herkunft kannte? Sie hatte damit doch gar nichts zu tun. Im nächsten Moment dachte ich an das, was Paul gesagt hatte: Nur die Alten wussten davon, und jetzt Jan und ich.
    Die Sache wurde immer verwirrender.
    Nein, beschloss ich dann. Hier ging es um etwas anderes.
    Nur: um was?
    »Ich … bin mir nicht sicher, ob ich darüber sprechen darf«, begann ich vorsichtig. Eigentlich wollte ich Mama gern die ganze Geschichte erzählen. Ich wollte wieder ein Kind sein, das sich nicht mit Familienproblemen herumschlagen musste, auch nicht mit uralten Lügen. Doch vielleicht war dies nicht der richtige Moment und vor allem nicht der richtige Ort. Marie und Grete besaßen beide noch ein sehr gutes Gehör. Ihr Geheimnis sollte nicht auf diese Weise gelüftet werden. Wenn überhaupt. War das wirklich nötig? Wäre es nicht besser, es für mich zu behalten?
    Ich wusste es nicht.
    »Mama …«
    Gott sei Dank hatte ich meinen Mund gehalten, denn plötzlich stand Papa in der Küche. Ich hätte schwören können, er hatte sich angeschlichen. Und hatte er sogar draußen gelauscht?
    Dann wusste ich wenigstens, nach wem ich in dieser Beziehung schlug.
    »Heidi, ich möchte mit dir reden«, sagte er.
    Erstaunlich, dachte ich, wie viel Redebedarf plötzlich unter den sonst eher wortkargen Lüttjens herrschte. Papas Blick war finster, die Stirnfalten bildeten tiefe Gräben.
    Das konnte stressig werden. Ich sah zu, dass ich wegkam.
    Eine Stunde später rauschte Mama in ihrem Cabrio schon wieder vom Hof.
    Offenbar war das Gespräch nicht gut gelaufen. Konnte sein, dass Papa sogar ein ordentliches Donnergrollen auf sie losgelassen hatte. Mir war ja schon klar geworden, dass seine äußere Ruhe täuschen konnte. Gehört hatte ich selbst nichts. Ich hatte einen Verdauungsspaziergang in Richtung des Kiefernwäldchens unternommen, das hundert Meter hinter unserem Hof begann. Der würzige Duft und die

Weitere Kostenlose Bücher