Immer eine Frau auf Eis
ein blutbefleckter Teppich, noch irgendein Zeichen
von Gewaltanwendung zu entdecken. Also blieb mir nichts weiter übrig, als ins
Wohnzimmer zurückzukehren und höflich Konversation zu machen.
Als ich über die Schwelle trat,
saß Mrs. Randolph auf der Couch, wiegte träge das
Glas in ihrer Hand und beobachtete, wie die Eiswürfel aneinanderklirrten .
Das war genau die Beschäftigung, die mir jetzt fehlte.
»Schon zurück, Mr. Boyd?« Sie
war überrascht. »Sie scheinen von dem Haus nicht sonderlich beeindruckt zu sein .«
»Das Haus ist sehr hübsch«,
erwiderte ich. »Die Schwierigkeit ist nur, daß man hier draußen ein bißchen
beim Teufel auf der Rinne wohnt .«
Sie lächelte fast. »Wollen Sie
sich nicht einen Drink machen, Mr. Boyd? Wir können uns dann gemütlich
unterhalten .«
»Das klingt verlockend«, sagte
ich, bereits auf dem Wege zur Bar, »aber ehrlich gestanden halte ich Sie
weniger für den gemütlichen Typ als vielmehr für eine Raubkatze .«
»Das fasse ich als Kompliment
auf, Mr. Boyd .« Ihre Stimme war zynisch. »Aus Ihnen
spricht der Mann der Tat. Glauben Sie eigentlich an Sex auf den ersten Blick ?«
»Das kommt auf den Blick an«,
erwiderte ich.
»Ich bin tief betrübt, daß ich
Ihren Maßstäben nicht standhalte«, schnurrte sie. »Dabei sind Sie sicher gar
nicht so wählerisch. Ein bißchen was Billiges, Vulgäres mit entsprechender
Oberweite und albernem Kichern?«
Ich nahm mein Glas mit zur
Couch und setzte mich Mrs. Randolph gegenüber. »Sind
Sie etwa eine Überlebende der Mayflower ?« erkundigte ich mich teilnahmsvoll, »oder haben Sie
nur ein paar anstrengende Nächte hinter sich?«
Diesmal lächelte sie kurz. »Na
gut.« Sie zuckte leicht die Schultern. »Reden wir also von dem Haus und Karen Vanossa , der es nicht gehört .«
»Wie?« Ich schluckte.
»Eigentümer dieses Hauses ist
mein Mann. Die entsprechenden Unterlagen sind in diesem Schreibtisch
verschlossen«, sagte sie kurz. »Mein Mann ist Frederic Randolph der Dritte .« Sie preßte die Lippen zusammen. »Und außerdem der größte
Strolch, den die Familie Randolph, sei es ehelich oder außerehelich, je in die
Welt gesetzt hat. Aber das gehört nicht zur Sache. Mir geht es darum, ihn —
samt Mrs. Vanossa — zu
finden, und ich glaube, Sie können mir dabei helfen, Mr. Boyd .«
»Das glaube ich kaum«,
erwiderte ich wahrheitsgemäß. »Augenblicklich habe ich so viele eigene
Probleme, daß ich für die nächsten zehn Jahre beschäftigt bin .«
»Warum haben Sie mir die Lüge
von der Hausbesitzerin Karen Vanossa aufgetischt ?« fuhr sie mich an.« Das muß doch einen Grund haben.
Wahrscheinlich ist Ihnen Karen erst kürzlich in diesem Haus begegnet .«
»Ich mache Ihnen einen
Vorschlag, Mrs. Randolph«, meinte ich im Plauderton.
»Ich sage Ihnen, was ich weiß, und Sie verraten mir dafür, was Sie wissen .«
»Ich weiß überhaupt nichts .« Sie starrte mich verbittert an. »Höchstens, daß er mir
versprochen hat, nach Karens Heirat endgültig Schluß mit ihr zu machen. Sie hat Vanossa ja überhaupt nur genommen, weil ihr keine
andere Wahl blieb. Ohne diese Ehe wäre der ganze Skandal in die Zeitungen
gekommen und hätte Frederics Karriere, ob nun politisch oder geschäftlich,
zerstört. Aber ich habe es jetzt satt! Er ist seit über einer Woche
verschwunden, sicher mit diesem schwarzhaarigen Luder. Wenn ich die beiden
erwische...« Sie unterbrach sich und holte tief Luft. »Ich rede wie ein
Wasserfall, nicht, Mr. Boyd ?«
»Sprechen Sie ruhig weiter«,
erwiderte ich. »Wirklich höchst interessant.«
»Jetzt sind Sie an der Reihe .« Sie lehnte sich im Stuhl zurück und blickte mich
erwartungsvoll an. »Erzählen Sie mir, wie Sie in dieses schmutzige Puzzlespiel
passen .«
»Ich bin Privatdetektiv«,
erklärte ich. » Vanossa hat mich engagiert, seine Frau
zu suchen — allerdings nur aus Sorge, daß sie nicht rechtzeitig zum Monatsende
zurückkehren könnte, um die Rechnungen zu bezahlen. Er vermutete sie mit einem
Schauspieler namens Peter Pell in diesem Haus. Daher meine Notlüge mit dem
Hauskauf, damit ich mich kurz umsehen konnte.«
»Hat Vanossa behauptet, das Haus gehöre seiner Frau ?«
»Nicht ausdrücklich. Er sagte,
es sei ihr Wochenendhaus oder so ähnlich .«
»Das kann Berechnung gewesen
sein«, sagte sie langsam. »Möglicherweise hat er gehofft, mit dem unvermuteten
Auftauchen eines Privatdetektivs Frederic zu Tode zu erschrecken und in die
Flucht zu jagen; dann wäre Karen nichts
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