Immer für dich da (German Edition)
lief »Knowing me, knowing you« von ABBA. »Ich bin Chad begegnet«, begann sie leise.
»Ja, vor ein paar Monaten, stimmt’s? Im Central Park.«
»Genau.«
»Und das hat dich dazu gebracht, jetzt in ein Flugzeug zu springen, um mich zu besuchen. Ich verstehe vollkommen.« Bevor Tully darauf etwas sagen konnte, öffnete sich die Tür hinter ihnen erneut, und Johnny kam mit einem Bier in der Hand heraus. Er setzte sich in einen Liegestuhl. Sie starrten auf die dunkle Bucht. »Hat sie es dir schon erzählt?«
»Habt ihr telepathische Fähigkeiten?«, fragte Tully. »Ich hab doch grade erst angefangen.«
»Eigentlich«, sagte Kate, »hat sie mich nur daran erinnert, dass sie Chad vor ein paar Monaten gesehen hat.«
»Aha«, machte Johnny und nickte, als erklärte das alles.
»Was soll das heißen: Aha?«, fragte Tully gereizt. Genau so hatte Chad sich auch verhalten.
»Chad ist dein Moby Dick«, antwortete Johnny.
Tully warf ihm einen Blick zu. »Du musst nicht gleich anzüglich werden.«
»Komm schon, Tully.« Kate legte die Hand auf Johnnys Arm. »Was ist denn los?«
Tully betrachtete die beiden, wie sie so nah beieinandersaßen. Ein Ehepaar, das sich nach all den Jahren immer noch gern berührte und miteinander lachte. Ein Anflug von Sehnsucht durchzuckte sie fast schmerzhaft. »Ich habe es satt, allein zu sein«, verkündete sie schließlich. Sie hatte diese Worte so lange zurückgehalten, dass sie jetzt fast ausdruckslos herauskamen.
»Was ist denn mit Grant?«, erkundigte sich Johnny.
»Ich dachte, du hättest gesagt, Chad lebe nicht allein«, bemerkte Kate.
»Eigentlich geht es nicht um Chad. Zumindest nicht, wie du denkst. Er hat mich daran erinnert, dass ich eine Familie habe.« Kate fuhr auf. »Du meinst Cloud?«
»Sie ist immerhin meine Mutter.«
»Biologisch gesehen. Aber selbst ein Reptil ist eine bessere Mutter als sie, und ein Reptil vergräbt seine Eier und haut ab.«
»Ich weiß, dass du mich nur schützen willst, Kate, aber du hast gut reden: Du hast ja eine Familie.«
»Jedes Mal, wenn du sie gesehen hast, hat sie dir weh getan.«
»Aber sie ist immer wieder zurückgekommen. Vielleicht hat das etwas zu bedeuten.«
»Sie ist auch immer wieder abgehauen«, fügte Kate sanft hinzu. »Und hat dir jedes Mal das Herz gebrochen.«
»Ich bin jetzt stärker als früher.«
»Wovon genau redet ihr beiden eigentlich? Ich verstehe gar nichts«, meinte Johnny.
»Ich möchte sie aufsuchen. Hab ihre Adresse – schließlich schicke ich ihr jeden Monat Geld. Ich dachte, wenn ich sie in eine Entziehungskur brächte, hätten wir vielleicht eine Chance.«
»Sie hat bereits mehrere Entziehungskuren hinter sich«, entgegnete Kate.
»Ich weiß, aber sie hatte nie jemanden, der sie unterstützte. Vielleicht hätte sie das gebraucht.«
»Das sind aber eine Menge ›Vielleichts‹«, erwiderte Kate.
Tully blickte erst zu Kate, dann zu Johnny und dann wieder zu Kate. »Ich weiß, es ist verrückt und funktioniert wahrscheinlich auch nicht, und am Ende werde ich wieder das heulende Elend sein oder mich besaufen oder beides. Aber ich habe es satt, so verdammt allein zu sein, und ich habe einfach keinen Mann und keine Kinder, an die ich mich halten könnte. Doch eine Mutter habe ich, so problematisch sie auch sein mag. Katie, ich möchte, dass du mir hilfst, sie zu suchen. Dauert bestimmt nur ein paar Tage.«
Das brachte Kate vollends aus der Fassung. »Was?«
»Ich möchte sie aufsuchen, doch allein schaffe ich es nicht.«
»Aber … ich kann hier nicht einfach für ein paar Tage weg. Morgen ist im Kindergarten eine Verkleidungsparty. Ich muss die Spiele leiten und die Preise verteilen.«
Tully stieß einen enttäuschten Seufzer aus. »Ach. Tja. Und dieses Wochenende?«
»Tut mir leid, Tul. Ehrlich. Aber Samstag und Sonntag sind Mom und ich für die Kirchenspeisung zuständig. Tauche ich da nicht auf, bricht Chaos aus. Montag und Dienstag arbeite ich ehrenamtlich beim Sportverein, aber Ende nächster Woche könnte ich vielleicht ein paar Tage freimachen.«
»Wenn ich noch länger warte, verlässt mich vollends der Mut«, sagte Tully und versuchte, sich mit der Vorstellung anzufreunden, es allein zu wagen. »Wahrscheinlich schaffe ich es auch ohne dich. Ich hatte nur Angst –«
»Du solltest es mit einem Filmteam machen«, schaltete Johnny sich ein.
Tully starrte ihn an. »Was soll das heißen?«
»Du weißt schon, das Ganze filmen. Du bist ein Star, und deine Geschichte klingt wie ein
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