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Immer für dich da (German Edition)

Immer für dich da (German Edition)

Titel: Immer für dich da (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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arbeite –«
    »Das weiß ich«, unterbrach er sie sanft. »Ich bin stolz auf dich, Tully. Ich wusste immer, dass du es bis an die Spitze schaffst.« Er musterte sie eine Weile und fragte dann: »Und wie geht es Katie?«
    »Sie hat Johnny geheiratet. In letzter Zeit sehe ich sie kaum noch.«
    »Aha«, sagte er und nickte, als hätte sie mehr als nur eine Frage beantwortet.
    Plötzlich kam sie sich durchschaut vor. »Was denn?«
    »Du bist einsam. Die Welt ist also doch nicht genug.«
    Sie sah zu ihm hoch. Sie standen so nah beieinander, dass sich ihre Lippen fast berührten, doch sie wusste nicht, wie sie diese kurze Distanz überbrücken sollte. Er sah viel jünger aus, als sie ihn in Erinnerung hatte, viel attraktiver.
    »Wie machst du das nur?«, flüsterte sie.
    »Was denn?«
    »Dad, guck mal!«
    Wie aus weiter Ferne hörte Tully die Stimme des Mädchens. Langsam drehte sie sich um und sah die beiden jungen Frauen auf sie zurollen. Sie hatte sich geirrt, die eine war kein Teenager mehr. Die andere war Chad wie aus dem Gesicht geschnitten – scharf geschnittene Züge, schwarzes Haar, Lachfältchen um die Augen.
    Aber es war die Ältere, die Tullys Aufmerksamkeit auf sich zog. Sie war Ende dreißig und wirkte, als würde sie gern und oft lachen. Angezogen war sie wie eine Touristin: neue Jeans, rosafarbener Pullover, türkisblaue Mütze und Handschuhe.
    »Meine Tochter. Sie geht hier zur Uni«, erklärte Chad. »Und Clarissa. Meine Lebensgefährtin.«
    »Lebst du immer noch in Nashville?« Sie brachte nur mühsam die Worte heraus. Das Letzte, was sie jetzt wollte, war, Konversation mit ihm zu betreiben. »Und erzählst Studenten, die dir an den Lippen hängen, etwas über die Nachrichtenwelt?«
    Er packte sie bei den Schultern und zwang sie, ihn anzusehen. »Du wolltest mich nicht, Tully«, sagte er, und an seiner Stimme hörte sie, dass auch er mit seinen Gefühlen zu kämpfen hatte. »Ich wollte dich für immer lieben, aber –«
    »Nicht. Bitte.«
    Er strich ihr über die Wange, es war eine leichte, fast verzweifelte Liebkosung.
    »Ich hätte mit dir nach Tennessee gehen sollen«, sagte sie.
    Er schüttelte den Kopf. »Du hast große Träume. Das war eine der Eigenschaften, die ich am meisten an dir liebte.«
    »Liebte«, wiederholte sie und wusste, dass es albern war, sich verletzt zu fühlen.
    »Manches soll eben nicht sein.«
    »Vor allem, wenn man zu viel Angst hat, es zuzulassen.«
    Er nahm sie wieder in die Arme und drückte sie einen kurzen Moment leidenschaftlicher an sich als Grant in all den letzten Jahren. Sie wartete auf einen Kuss, doch der kam nicht. Er nahm sie beim Arm und ging mit ihr zur Straße zurück.
    Als sie so plötzlich in den Schatten traten, erschauerte sie und lehnte sich an ihn. »Gib mir einen Rat, Wiley. Es scheint, als hätte ich mein Leben ruiniert.«
    Auf dem sonnenbeschienenen Bürgersteig schaute er sie wieder direkt an. »Du bist erfolgreicher, als du es dir in deinen kühnsten Träumen vorgestellt hast, und trotzdem reicht es dir immer noch nicht.«
    Sein Blick ließ sie zusammenzucken. »Wahrscheinlich hätte ich auf meinem Weg nach oben mal innehalten sollen, um an den Blumen zu riechen. Aber ich hab sie ja noch nicht mal gesehen, zum Teufel!«
    »Du bist nicht allein, Tully. Jeder hat Menschen, die ihm nahestehen. Eine Familie.«
    »Du hast wohl vergessen, wer meine Mutter ist.«
    »Vielleicht hast du sie vergessen.«
    »Wie meinst du das?«
    Er blickte hinüber zum Park, wo seine Tochter und seine Freundin sich an den Händen hielten und sich beim Rückwärtsfahren stützten. »Ich habe viele Jahre mit meiner Tochter verpasst. Eines Tages jedoch beschloss ich, dass es genug sei, und suchte sie auf.«
    »Du warst eben schon immer optimistisch.«
    »Das Komische ist, dass du es früher auch warst.« Er gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Setz weiterhin die Welt in Erstaunen«, sagte er und ging.
    Dies waren genau dieselben Worte, die er ihr vor vielen Jahren geschrieben hatte. Jetzt bemerkte sie den traurigen Unterton darin. Aber sie erkannte, dass sie zwar ermutigend gemeint waren, jedoch auch eine Warnung enthielten. Was half es, die Welt in Erstaunen zu setzen, wenn man es allein genießen musste?
    Wenn es eines gab, das Tully immer gut gekonnt hatte, dann das, über Unangenehmes hinwegzugehen. Fast ihr gesamtes Leben war sie in der Lage gewesen, Enttäuschungen oder schlimme Erinnerungen im hintersten, dunkelsten Winkel ihres Bewusstseins zu verstauen, wo sie

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