Immer für dich da (German Edition)
seiner Hände verlor Tully sich und ihren Schmerz, und als es vorbei war und sie beieinanderlagen, versuchte sie, an nichts anderes zu denken als an das Wohlbehagen, das er in ihr auslöste.
»Möchtest du darüber reden?«
Sie starrte hinauf an die Decke, die ihr mittlerweile so vertraut war wie ihre eigenen Träume. »Worüber?«
»Komm schon, Tully.«
Sie stützte den Kopf auf die Hand und starrte ihn an.
Er strich ihr zärtlich über die Wange. »Du und Kate habt euch meinetwegen gestritten, und ich weiß doch, wie wichtig dir ihre Meinung ist.«
Das überraschte sie, obwohl sie es sich hätte denken können. Seit sie miteinander schliefen, hatte sie nach und nach Teile von sich enthüllt. Es hatte ganz harmlos begonnen, hier mal eine Bemerkung nach dem Sex, da mal eine, als sie etwas tranken, und irgendwie war es immer mehr geworden. In seinem Bett fühlte sie sich sicher, brauchte keine Zensur oder Verurteilung zu fürchten. Sie waren Geliebte, ohne einander zu lieben, und das machte ihr das Reden leichter. Doch jetzt erkannte sie, dass er ihr aufmerksam zugehört und sich ein Bild von ihr gemacht hatte. Diese Erkenntnis flößte ihr zwar Angst ein, beruhigte und tröstete sie aber auch.
»Sie findet es falsch.«
»Es ist falsch, Tully. Das wissen wir beide.«
»Ist mir doch egal«, erwiderte sie heftig und wischte sich über die Augen. »Sie ist meine beste Freundin, also sollte sie mich unterstützen, ganz gleich, was ich tue.« Bei den letzten Worten brach ihr die Stimme, weil sie sie an das Versprechen erinnerten, das sie einander vor so vielen Jahren gegeben hatten.
»Sie hat recht, Tully. Du solltest auf sie hören.«
Sie bemerkte etwas in seiner Stimme, ein kaum wahrnehmbares Zittern, das sie veranlasste, ihm prüfend in die Augen zu schauen. Dort nahm sie eine Traurigkeit wahr, die sie verwirrte. »Wie kannst du das sagen?«
»Ich stehe kurz davor, mich in dich zu verlieben, Tully, obwohl ich es nicht möchte.« Er lächelte traurig. »Jetzt guck nicht so ängstlich. Ich weiß, dass du nicht an Liebe glaubst.«
Das stimmte, und plötzlich fühlte sie sich alt, so als lastete etwas auf ihr. »Vielleicht glaube ich ja irgendwann mal dran.« Zumindest wollte sie sich das einreden.
»Ich hoffe es.« Er küsste sie sanft auf die Lippen. »Aber was willst du jetzt wegen Kate unternehmen?«
»Sie spricht nicht mit mir, Mom.« Kate lehnte sich gegen die Wand des Kämmerchens, in dem sich das Münztelefon befand. Sie hatte an diesem Sonntagnachmittag fast eine Stunde warten müssen, bis sie an die Reihe kam.
»Ich weiß. Hab gerade mit ihr telefoniert.«
Natürlich war ihr Tully wieder zuvorgekommen. Kate wusste nicht, warum sie das ärgerte. »Was hat sie dir erzählt?«
»Dass du ihren Freund nicht leiden kannst.«
»Mehr nicht?« Kate musste vorsichtig sein. Wenn ihre Mom herausfand, wie alt Chad war, würde sie ausflippen, und dann wäre Tully wirklich wütend auf sie, weil sie dächte, Kate hätte ihre Mutter gegen sie aufgebracht.
»Ist da denn sonst noch was?«
»Nein. Aber er passt überhaupt nicht zu ihr, Mom.«
»Das weißt du wegen deiner vielen Erfahrungen mit Männern?«
»Zur letzten Party ist sie nicht gegangen, nur weil er es nicht wollte. Sie verpasst das ganze Collegeleben.«
»Meinst du wirklich, Tully wäre eine ganz normale Studentin? Komm schon, Katie. Tully … liebt es dramatisch und hat so viele Träume. Übrigens würde es dir nicht schaden, dir ein Scheibchen davon abzuschneiden.«
Kate verdrehte die Augen. Ständig dieser mehr oder weniger unterschwellige Druck, so wie Tully zu sein! »Wir reden jetzt nicht über mich. Konzentrier dich, Mom.«
»Ich meine ja nur –«
»Hab’s zur Kenntnis genommen. Also, was soll ich jetzt machen? Sie geht mir ständig aus dem Weg. Ich hab doch nur versucht, ihr eine gute Freundin zu sein.«
»Aber das bedeutet manchmal, den Mund zu halten.«
»Soll ich einfach zusehen, wie sie einen Fehler macht?«
»Ja, manchmal ist das nötig. Und dann hilfst du ihr, die Scherben aufzulesen. Tully ist so eine große Persönlichkeit; da vergisst man allzu leicht, wie ihre Vergangenheit war und wie verletzlich sie ist.«
»Was soll ich denn jetzt machen?«
»Das weißt nur du allein. Meine Zeit als wohlmeinende Ratgeberin ist längst vorbei.«
»Also keine Ansprachen mehr, was? Na toll! Dabei könnte ich grade jetzt gut eine gebrauchen.«
Sie hörte, wie ihre Mutter geräuschvoll ausatmete. »Ich weiß nur, dass sie heute um ein
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