Immer für dich da (German Edition)
hatte.
Nein. Dies hier war anders. Sie selbst war längst nicht mehr das einsame, verzweifelte Mädchen, das mit jedem in den Wald gegangen wäre, nur um geliebt zu werden.
Er küsste sie noch einmal und murmelte: »Gut.« Dieses Mal dauerte der Kuss eine Ewigkeit, bis ihr Inneres sich zusammenzog vor lauter Sehnsucht nach mehr. Als er schließlich seine Hüften gegen sie presste und ein Feuer zwischen ihren Beinen entfachte, vergaß sie alle Angst.
»Willst du mehr?«, flüsterte er.
»Ja.«
Er hob sie in seine Arme und trug sie zu einem ramponierten Sofa an der hinteren Wand, wo es dunkel war. Dort legte er sie auf die alten, kratzigen Kissen und begann ganz langsam und sanft, sie auszuziehen. Wie aus der Ferne spürte sie, wie er ihr den BH öffnete und den Slip abstreifte. Dabei küsste er sie immer weiter. Als sie beide nackt waren, legte er sich zu ihr aufs Sofa und nahm sie in die Arme. »Noch niemand hat sich Zeit mit dir genommen, oder, Tully?«
Sie sah in seinen Augen ihr eigenes Begehren, und zum ersten Mal verspürte sie im Arm eines Mannes keine Angst. »Nimmst du dir Zeit?«
Er strich ihr das feuchte Haar aus dem Gesicht. »Ich bringe dir etwas bei, Tully. Das wolltest du doch, nicht wahr?«
Tully brauchte fast zwei Stunden, bis sie Kate auf dem Dach des kleinen Anbaus fand. Sie lag dort ganz allein in einem knappen weißen Häkelbikini auf einem Badelaken und las.
Tully kletterte über das Fenstersims und überquerte das Carport-Dach, das sie alle nur Black Beach nannten. »Hey«, sagte sie. »Lass mich raten: Du liest einen Liebesroman.«
Kate blinzelte lächelnd in die Sonne. »Sag niemals Adieu von Danielle Steel. Ist wirklich traurig.«
»Möchtest du mal was über eine echte Romanze hören?«
»Als könntest ausgerechnet du mir was davon erzählen. Du hattest, seit wir hier sind, nicht eine einzige Verabredung.«
»Muss man auch nicht, um Sex zu haben.«
»Die meisten aber schon.«
»Du weißt doch, dass ich nicht bin wie die meisten.«
»Ja, allerdings. Und jetzt soll ich dir also glauben, du seist flachgelegt worden.«
Tully schnappte sich eins der Handtücher, die jemand vergessen hatte, und streckte sich darauf aus. Sie unterdrückte ein Lächeln, starrte hinauf zum blauen Himmel und sagte: »Dreimal, um genau zu sein.«
»Aber du wolltest doch nur mal wegen des Praktikums nachsehen …« Kate verstummte und fuhr auf. »Du hast doch nicht etwa –«
»Jetzt wirst du mir sagen, dass wir mit unseren Dozenten keinen Sex haben dürfen. Aber ich denke, das ist eigentlich nur eine Empfehlung. Eine Richtlinie. Trotzdem solltest du es niemandem sagen.«
»Du hattest Sex mit Chad Wiley.«
Tully seufzte verträumt. »Es war total cool, Katie. Im Ernst.«
»Wow. Was hast du gemacht? Was hat er gemacht? Hat es weh getan? Hattest du Angst?«
»Angst hatte ich schon. Zuerst musste ich ständig an … du weißt schon … Pat denken. Ich dachte, mir würde übel werden, oder ich würde weglaufen, aber dann küsste er mich.«
»Und?«
»Und … dann bin ich irgendwie dahingeschmolzen. Er hatte mich schon ausgezogen, bevor ich es überhaupt bemerkte.«
»Hat es weh getan?«
»Ja, aber nicht wie beim ersten Mal.« Tully war überrascht, wie leicht es ihr plötzlich fiel, über ihre Vergewaltigung zu sprechen. Zum ersten Mal war es nur noch eine ferne Erinnerung, etwas Schlimmes, das ihr als Jugendliche zugestoßen war. Mit seiner Behutsamkeit hatte Chad ihr gezeigt, dass Sex nicht weh tun musste, sondern wunderbar sein konnte. »Nach einer Weile fühlte es sich unglaublich gut an. Jetzt weiß ich, was die Cosmo-Artikel eigentlich meinen.«
»Hat er gesagt, dass er dich liebt?«
Tully lachte, aber tief in ihrem Innern fand sie es gar nicht so komisch. »Nein.«
»Na, immerhin etwas.«
»Wieso? Meinst du etwa, man könnte sich nicht in mich verlieben? Das sei nur netten katholischen Mädchen wie dir vorbehalten?«
»Er ist dein Prof, Tully.«
»Ach so. Aber das ist mir völlig egal.« Sie sah ihre Freundin an. »Ich dachte, du würdest es total romantisch finden und sagen, das sei ja wie im Märchen.«
»Ich muss ihn treffen«, sagte Kate entschieden.
»Aber wir können doch kein Pärchentreffen veranstalten.«
»Dann bin ich eben das fünfte Rad am Wagen. Wenn wir essen gehen, bekommt er wahrscheinlich das Seniorenmenü.«
»Du bist ein Miststück.«
»Kann sein, aber dann bin ich eins, das weitere Einzelheiten hören will. Ich will alles wissen. Darf ich mir Notizen
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