Immer für dich da (German Edition)
blieb ebenfalls sitzen. »Er wird schon verstehen, warum ich ihn jetzt noch nicht heiraten kann. Er weiß, wie viel mir das bedeutet.«
»Ganz sicher.«
»Wünsch mir Glück.«
»Tue ich das nicht immer?«
Tully stieg aus und ging zur Eingangstür.
Kate schlug ihr Buch auf und vertiefte sich in die Geschichte. Erst viel später blickte sie auf, weil sie merkte, dass es angefangen hatte zu regnen.
Mittlerweile hätte Tully längst zurückkommen und ihr sagen sollen, dass sie die Nacht bei Chad verbringe. Kate schlug das Buch zu und stieg aus. Als sie zur Tür ging, überkam sie eine Vorahnung, dass etwas passiert war. Sie klopfte zweimal an die Wohnungstür und öffnete sie dann.
Tully kniete im Wohnzimmer vor dem Kamin und weinte. Das ganze Zimmer war leer.
Sie reichte ihr einen tränenverschmierten Zettel. »Hier, lies!«
Kate hockte sich hin und blickte auf das Geschriebene.
Liebe Tully,
ich habe Dich KLUE empfohlen, daher weiß ich alles über den Job, von dem Du mir erzählen wolltest. Ich bin stolz auf Dich, Baby. Ich wusste, Du schaffst es.
Als ich den Job an der Vanderbilt angenommen habe, wusste ich, was das für uns bedeutet. Ich hoffte zwar … aber eigentlich wusste ich es.
Du willst noch so viel vom Leben, Tully. Aber ich will nur Dich. Das passt nicht ganz zusammen, oder?
Aber wichtig ist nur, dass ich Dich immer lieben werde.
Setz die Welt in Erstaunen.
Unterschrieben war nur mit C.
»Ich dachte, er liebt mich«, sagte Tully, als Kate ihr den Brief zurückgab.
»Aber das sieht auch so aus.«
»Warum verlässt er mich dann?«
Kate sah ihre Freundin an und erinnerte sich an die vielen Male, da Tully von ihrer Mutter verlassen worden war. »Hast du ihm je gesagt, dass du ihn liebst?«
»Das konnte ich nicht.«
»Dann liebst du ihn vielleicht auch nicht.«
»Oder vielleicht doch«, seufzte Tully. »Es ist einfach so verdammt schwierig, an Liebe zu glauben.«
Das war der fundamentale Unterschied zwischen ihnen. Kate glaubte aus tiefstem Herzen an die Liebe; unglücklicherweise hatte sie sich in einen Mann verliebt, der sie nicht mal wahrnahm. »Wie auch immer, wichtig ist jetzt vor allem deine Karriere. Für Liebe und Ehe ist später immer noch Zeit genug.«
»Genau. Wenn ich’s geschafft habe.«
»Genau.«
»Dann wird mich bestimmt jemand lieben.«
»Dann wird dich die ganze Welt lieben.«
Doch später, lange nachdem Tully »Er kann sowieso zum Teufel gehen« gesagt und leicht verzweifelt gelacht hatte, musste Kate immer noch an ihre letzten Worte denken. Und plötzlich machte sie sich Sorgen.
Was, wenn Tully tatsächlich eines Tages von der ganzen Welt geliebt wurde und ihr das immer noch nicht reichte?
Tully hatte vergessen, wie lang und einsam eine Nacht sein konnte. So viele Jahre lang war Chad ihre Zuflucht, ihr Hafen gewesen. Mit ihm hatte sie die ganze Nacht friedlich durchschlafen und von einer strahlenden Zukunft träumen können, und weil er sie liebte, hatte sie auch gut geschlafen, wenn sie die Nacht getrennt verbrachten. Denn sie tröstete das Wissen, dass sie jederzeit zu ihm gehen konnte.
Jetzt warf sie die Decke zurück und stand auf. Ein rascher Blick zum Wecker auf dem Nachttisch zeigte, dass es kurz nach zwei war.
Sie ging in die Küche, setzte einen Topf Wasser auf und wartete, dass es anfing zu kochen.
Vielleicht hatte sie doch einen Fehler gemacht. Vielleicht war die Leere, die sie jetzt empfand, Liebe. Bei dem Leben, das sie führte, war es durchaus denkbar, dass sie eher merkte, wenn ein Gefühl fehlte, als wenn es da war. Doch was machte es schon für einen Unterschied, wenn sie ihn liebte? Was sollte sie dann tun? Ihm nach Tennessee folgen und sich als Mrs Wiley ins Universitätsleben integrieren? Wie sollte sie dann die nächste Jean Enersen oder Jessica Savitch werden?
Sie holte einen Becher aus dem Schrank, schenkte sich Tee ein und ging dann ins Wohnzimmer, wo sie sich auf die Couch setzte und sich die kalten Hände am warmen Becher wärmte. Duftender Dampf stieg empor. Sie schloss die Augen und versuchte, ganz ruhig zu werden.
»Kannst du nicht schlafen?«
Sie sah auf und erblickte Kate an ihrer Schlafzimmertür. Sie trug das alte Flanellnachthemd, über das Tully immer witzelte, dass sie damit aussähe wie eine der Waltons, doch in dieser Nacht war der Anblick seltsam tröstlich. Seltsam, wie ein Kleidungsstück Erinnerungen an gemeinsame Jahre – an Pyjamapartys, Schminkorgien und faule Wochenendvormittage
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