Immer für dich da (German Edition)
Chad an ihr Bett. »Ich dachte, ich hätte dich verloren.«
»Mir geht’s doch gut«, erwiderte Tully ungeduldig. »Hast du die Sendung gesehen? Was meinst du?«
»Ich meine, dass es dir nicht gutgeht«, erwiderte er sanft. »Ganz im Gegenteil, Tully. Trotzdem liebe ich dich. Und die ganze Nacht musste ich daran denken, wie mein Leben wohl ohne dich aussähe, und was ich sah, hat mir gar nicht gefallen.«
»Warum solltest du mich denn verlieren? Ich bin hier.«
»Heirate mich, Tully.«
Fast hätte sie gelacht, denn das konnte doch nur ein Witz sein. Aber dann sah sie seinen furchtsamen Blick. Er hatte wirklich Angst, sie zu verlieren. »Das ist dein Ernst, oder?«, fragte sie und runzelte die Stirn.
»Man hat mir eine Stelle an der Vanderbilt University in Tennessee angeboten. Ich möchte, dass du mitkommst. Du liebst mich, Tully, auch wenn dir das nicht bewusst ist. Und du brauchst mich.«
»Natürlich brauche ich dich. Ist Tennessee eins der führenden Nachrichtenzentren?«
Sein Lächeln schwand und er verzog das Gesicht. »Ich liebe dich«, wiederholte er, doch dieses Mal leiser und ohne einen Kuss, der die Worte besiegelte und ihnen Gewicht verlieh.
Hinter ihnen ging die Tür auf und Mrs Mularkey erschien. Sie stand dort in einem Jeansrock und einer karierten Bluse mit Peter-Pan-Kragen, stemmte die Hände in die Hüften und sah aus, als wäre sie direkt aus Footloose entsprungen. »Die Krankenschwester sagt, noch fünf Minuten Besuch, dann schmeißt sie uns alle raus.«
Chad gab Tully einen Kuss. Es war ein hinreißend sehnsüchtiger Kuss, der gleichzeitig ausdrückte, wie verbunden und wie verschieden sie doch waren. »Ich liebte dich, Tully«, flüsterte er.
Liebte? Hatte er liebte gesagt? »Chad –«
Er wandte sich ab. »Sie gehört Ihnen, Margie.«
»Tut mir leid, wenn ich Sie verscheuche«, antwortete Mrs Mularkey.
»Keine Sorge. Ich denke, meine Zeit war ohnehin abgelaufen. Leb wohl, Tully.« Er ging an ihr vorbei, verließ das Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu.
»Hey, Kleine«, sagte Mrs Mularkey.
Zu ihrer eigenen Überraschung brach Tully in Tränen aus.
Mrs Mularkey strich ihr übers Haar und ließ sie sich ausweinen.
»Ich hab solche Angst gehabt.«
»Schsch«, sagte Mrs Mularkey tröstend und trocknete ihr die Tränen mit einem Papiertaschentuch. »Das ist doch ganz natürlich, aber jetzt sind wir ja alle da. Du bist nicht allein.«
Tully weinte, bis ihr leichter ums Herz wurde und ihre Tränen trocknen konnten. Als sie sich endlich besser fühlte, fuhr sie sich über die Augen und versuchte zu lächeln. »Okay. Jetzt bin ich bereit für meine Strafpredigt.«
Mrs Mularkey bedachte sie mit ihrem berüchtigten strengen Blick. »War das dein Professor, Tallulah?«
»Exprofessor. Deshalb hab ich dir nie davon erzählt. Du hättest sowieso nur gesagt, er wäre zu alt für mich.«
»Liebst du ihn?«
»Wie soll ich das wissen?«
»Das wüsstest du.«
Tully starrte Mrs M. an. Dieses eine Mal fühlte sie sich viel älter, viel erfahrener als sie. Die Mularkeys betrachteten Liebe als etwas Dauerhaftes, Verlässliches, das leicht zu erkennen war. Tully mochte zwar jung sein, doch sie wusste, dass sie sich in diesem Punkt irrten. Liebe konnte zerbrechlicher sein als der Knochen eines kleinen Vogels. Aber das wollte sie nicht sagen. Stattdessen murmelte sie: »Vielleicht.«
Über Nacht wurde Tully zur Sensation in den Seattler Medien. Der Kolumnist Emmett Watson schrieb ausnahmsweise einmal nicht über den Verfall der Sitten im Staate Washington, sondern über Courage unter Beschuss und Tallulah Harts bewundernswerte Hingabe bei der Ausführung ihres Jobs. Der Radiosender KJR widmete der »Reporterin, die mit ihrem Mikrophon einen Raubüberfall vereitelte«, einen ganzen Tag mit Rock-’n’-Roll-Songs, und selbst Almost Live, eine lokale Comedy-Show, brachte einen Beitrag über Tully als Wonder Woman, die einen herumwurstelnden Räuber stoppte.
»Also, du bist doch sonst immer so schlau. Was soll ich jetzt machen?« Tully setzte sich auf und versuchte, den Stapel mit rosafarbenen Notizzetteln durchzuarbeiten, den Kate ihr aus der Redaktion mitgebracht hatte. Eine Menge beeindruckender Leute hatten sie sprechen wollen, aber sie hatte Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren. Die Schulter tat ihr weh, und die Armschlinge behinderte sie selbst bei den einfachsten Tätigkeiten. Das Schlimmste jedoch war, dass sie ständig über Chads Antrag nachdenken musste. »Ich meine:
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