Immer für dich da (German Edition)
dass sie endlich ausgehen und sich mit jemandem verabreden sollte, doch sie interessierte sich einfach nicht für die Männer, die sich für sie interessierten.
Tully hingegen hatte in dieser Hinsicht keinerlei Probleme. Obwohl sie nachts noch oft genug bei einem oder mehreren Gläschen Wein um Chad trauerte, fand sie nichts dabei, andere Männer zu treffen und auch mit nach Hause zu bringen. Bislang hatte Kate keinen Mann zweimal aus Tullys Schlafzimmer kommen sehen. Aber Tully behauptete, das sei auch ganz gut so. Sie hatte, jedenfalls verkündete sie das, nicht die Absicht, sich zu verlieben. Natürlich war Tully im Rückblick zu der Überzeugung gelangt, dass sie Chad so hingebungsvoll geliebt hatte, dass kein anderer Mann je seinen Platz einnehmen konnte. Da mochte Kate so oft sie wollte dagegenhalten, dass ihre Liebe aber nicht ausgereicht hatte, um ihn anzurufen oder gar nach Tennessee zu folgen.
Wenn Kate ehrlich war, so hatte sie Tullys weinselige Reminiszenzen über ihre unendliche Liebe zu Chad allmählich satt.
Kate wusste, wie sich Liebe anfühlte, wie sie einem das Herz zerreißen und das Innerste nach außen kehren konnte. Unerwiderte Liebe war trostlos und schmerzhaft. Jeden Tag bewegte sie sich wie ein kleinerer Planet in Johnnys Orbit und beobachtete ihn, schmachtete nach ihm und ersehnte ihn in einsamem Schweigen.
Nach ihrer langen gemeinsamen Nacht im Krankenhaus hatte Kate leise Hoffnung gehegt. Sie hatte eine Verbindung zwischen ihnen gespürt, die es ihnen leichtmachte, über Dinge zu sprechen, die ihnen wirklich am Herzen lagen. Doch was im künstlichen Licht des Wartezimmers zwischen ihnen entstanden war, war bei Tagesanbruch wieder verkümmert. Nie würde sie seinen Gesichtsausdruck vergessen, als sie erfuhren, dass Tully wieder ganz gesund werden würde. Er zeigte mehr als Erleichterung.
Genau in diesem Moment hatte er sich ihr wieder entzogen.
Doch jetzt war es Zeit, dass sie sich ihm entzog. Zeit, ihre Kleinmädchenphantasien zusammen mit ihrem Spielzeug im Karton mit der Aufschrift Kindheit zu verstauen und weiterzuziehen. Er liebte sie nicht. Alles war nur ein Traum gewesen.
Direkt nach der Arbeit war sie zum Zeitungskiosk im Public Market gegangen und hatte alle Lokalzeitungen gekauft. Während Tully entweder Überstunden machte oder mit ihrem aktuellen Begleiter die Bars heimsuchte, würde Kate ihr Leben in neue Bahnen lenken.
Sie breitete die Seattle Times zwischen den Verpackungen ihres halb aufgegessenen Abendessens aus und studierte die Stellenanzeigen. Als sie mehrere interessante Angebote sah, griff sie nach einem Stift und wollte sie gerade umkringeln, da ging die Tür hinter ihr auf.
Sie drehte sich um und sah Tully in Ausgehkluft – kunstvoll eingerissenes Sweatshirt, das eine Schulter frei ließ, Jeans, die in Stiefeletten steckten, und einen breiten, lässig um die Hüften geschlungenen Gürtel. Ihr Haar war toupiert und dann mit einem Bananenclip über ihrem linken Ohr festgesteckt worden. Um ihren Hals baumelten mehrere Ketten mit prächtigen Kruzifixen.
Natürlich hatte sie einen Mann dabei, sie stützte sich so auf ihn, dass Kate ihn kaum sehen konnte.
»Hey, Katie«, sagte Tully leicht nuschelnd. Offenbar hatte sie bereits mehrere Margaritas intus. »Sieh mal, wen ich getroffen habe.«
Der Mann trat hinter ihr hervor. Johnny.
»Hey, Mularkey«, sagte er lächelnd. »Tully möchte, dass du mit uns tanzen gehst.«
Kate schlug die Zeitung mit übertriebener Sorgfalt zu. »Nein, danke.«
»Komm schon, Katie. Wie in alten Zeiten«, drängte Tully. »Die Drei Musketiere.«
»Lieber nicht.«
Tully ließ Johnnys Hand los und kam auf sie zugetaumelt. »Bitte. Ich hatte heute einen schlechten Tag. Ich brauch dich jetzt.«
»Lass das«, setzte Kate an, doch Tully hörte ihr gar nicht zu.
»Wir gehen ins Kells.«
»Komm schon, Mularkey«, bat Johnny und trat ebenfalls auf sie zu. »Das wird lustig.«
Als sie sein Lächeln sah, schmolz ihr Widerstand dahin, obwohl sie wusste, dass es eine schlechte Idee war.
»Okay. Ich zieh mich um.«
Sie ging in ihr Zimmer und zog ein blaues Glitzerkleid mit Schulterpolstern und breitem Stretchgürtel an. Als sie zurückkam, hatte Johnny Tully gegen die Wand gepresst, hielt ihr die Hände über den Kopf und küsste sie.
»Ich bin so weit«, sagte Kate dumpf.
Tully wand sich unter Johnny hervor und grinste sie an. »Super. Dann mal los.«
Untergehakt marschierten die drei aus der Wohnung und dann die menschenleere
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