Immer für dich da (German Edition)
beide, Kate, nicht wahr?«
Sie schluckte und nickte. Dann standen sie verlegen beieinander, verbunden durch ihre gemeinsame Sorge, und wussten nichts zu sagen. Eines sah sie ganz deutlich in Chads Augen: Er liebte Tully wirklich, und er hatte Angst. »Ich ruf jetzt mal meine Eltern an. Sie wollen bestimmt herkommen.«
Sie wartete auf eine Antwort von ihm, doch er stand nur mit glasigem Blick da und ballte und löste die Fäuste wie ein Revolverheld, der sich auf ein Duell vorbereitet. Mit müdem Lächeln machte sie sich auf den Weg zum Telefon. Als sie an Johnny vorbeikam, konnte sie sich nicht verkneifen zu sagen: »So helfen sich wahre Freunde in schweren Zeiten.«
In der Telefonkabine wählte sie die Nummer ihrer Eltern. Als ihr Vater sich meldete – Gott sei Dank nicht ihre Mutter, dann hätte Kate die Fassung verloren –, berichtete sie ihm, was passiert war, und legte auf.
Als sie sich umdrehte, stand da Johnny und wartete auf sie. »Tut mir leid.«
»Das sollte es auch.«
»Eins der ersten Dinge, die man in dieser Branche lernt, Katie, ist, sich abzusplitten und immer die Story voranzustellen. Das ist eine Berufskrankheit.«
»Für Menschen wie dich und Tully geht’s immer nur um die Story.« Sie ließ ihn einfach stehen und ging zum Sofa. Sie setzte sich und begann wieder zu beten.
Kurz darauf merkte sie, dass Johnny zu ihr trat. Als er nichts sagte, blickte sie auf.
Er rührte sich nicht, blinzelte nicht mal, doch sie sah, wie angespannt er war. Er schien nur mit Mühe seine Fassung bewahren zu können. »Du bist taffer, als du aussiehst, Mularkey.«
»Manchmal.« Sie wollte hinzufügen, dass ihr die Liebe Kraft gab, vor allem in Zeiten wie diesen, hatte aber Angst, auch nur das Wort auszusprechen, wenn sie ihn ansah.
Er setzte sich neben sie. »Wann hast du mich so gut kennengelernt?«
»Die Redaktion ist klein.«
»Daran liegt es nicht. Niemand kennt mich so gut wie du.« Er seufzte. »Ich hab sie wirklich in Gefahr gebracht.«
»Aber sie hätte es nicht anders haben wollen«, räumte Kate ein. »Das wissen wir doch beide.«
»Ja, aber …«
Als er verstummte, schaute sie ihn an. »Liebst du sie?«
Darauf antwortete er nicht, er reagierte nicht mal, sondern saß nur mit geschlossenen Augen da.
Das war zu viel. Nun, da sie es endlich gewagt hatte, diese Frage zu stellen, wollte sie sie auch beantwortet haben. »Johnny.«
Er streckte die Hand aus, legte ihr einen Arm um die Schultern und zog sie an sich. Sie ließ sich in den Trost seiner Umarmung sinken. Es fühlte sich so natürlich an wie atmen, obwohl sie wusste, wie gefährlich das war.
So verharrten sie die langen, ereignislosen Stunden der Nacht, ohne ein weiteres Wort, und warteten.
Ganz allmählich wurde Tully wach und registrierte die Einzelheiten ihrer Umgebung: weiße Platten an der Decke, Neonröhren, silberne Stangen an ihrem Bett, ein Tablett neben sich.
Erinnerungen stellten sich ein, eine nach der anderen. Beacon Hill. Der Laden. Die Waffe, die auf sie zeigte. Und der Schmerz.
»Du würdest auch alles tun, um Aufmerksamkeit zu erregen, oder?« Kate stand an der Tür, in einer alten Uni-Jogginghose und einem ausgeblichenen T-Shirt. Als sie zum Bett trat, stiegen ihr Tränen in die Augen. Ungeduldig wischte sie sie weg. »Verdammt. Ich hab mir geschworen, nicht zu weinen.«
»Gott sei Dank bist du hier.« Tully drückte auf den Liftknopf des Betts, bis sie aufrecht sitzen konnte.
»Natürlich bin ich hier, du Idiotin. Alle sind hier. Chad, Mutt, Mom und Dad. Johnny. Wir haben uns solche Sorgen gemacht.«
»War ich gut?«
Kate lachte, obwohl ihr die Tränen über die Wangen liefen. »Das ist natürlich deine erste Frage! Johnny hat gesagt, damit hättest du Jessica Savitch aus dem Rennen geworfen.«
»Ich frage mich, ob 60 Minutes vielleicht ein Interview von mir will.«
Kate trat noch näher zu ihr. »Jag mir nie wieder solche Angst ein, versprochen?«
»Ich werd’s versuchen.«
Bevor Kate noch etwas sagen konnte, ging die Tür auf und Chad erschien mit zwei Styroporbechern. »Sie ist wach«, sagte er leise und stellte den Kaffee auf den Tisch.
»Sie hat gerade die Augen aufgemacht. Natürlich interessiert sie vor allem die Chance auf einen Emmy, die Gesundheit ist ihr zweitrangig. Ich lass euch beide jetzt mal kurz allein.«
»Aber du kommst doch wieder, oder?«, fragte Tully.
»Später, wenn die anderen weg sind.«
»Gut«, sagte Tully. »Denn ich brauche dich.«
Kaum war Kate gegangen, trat
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