Immer hab ich dich geliebt
Worte.
“Um sechs”, wiederholte sie.
Er nickte, und diesmal verschwand er um das Gebäude herum und aus ihrer Sicht.
6. KAPITEL
A ntonia ging jedes einzelne Kleid durch, das sie besaß, ehe sie sich dann für ein kleines Schwarzes entschied aus Crêpe de Chine mit kurzen Ärmeln und einem halsfernen Ausschnitt. Das Kleid bedeckte gerade die Knie, und obwohl es ihr einmal gepasst hatte, hing es an ihr. Draußen war es kalt, und Antonia meinte, wenn sie ihren schicken Mantel darüber trug, würde der schlechte Sitz des Kleides nicht auffallen, und wenn sie einmal saß, würde keiner sehen können, dass es zu weit für ihre Figur war.
Als sie die Schmuckschatulle öffnete, um die goldenen Ohrringe und die goldene Halskette herauszuholen, entdeckte sie den Verlobungsring, den Powell für sie gekauft hatte. Ein kleiner bescheidener Diamant war in eine dünne Goldfassung eingelassen. Sie hatte Powell den Ring nach der Trennung sofort durch ihren Vater zurückgeschickt, aber Powell hatte es abgelehnt, ihn anzunehmen. So war der Ring in die Schatulle gewandert. Da Antonia nur selten Schmuck trug, sah sie den Ring auch nur selten.
Sie holte den Ring heraus und betrachtete ihn mit traurigen Augen. Wie anders wäre ihr Leben … und das von Powell … verlaufen, wenn er nicht voreilig Schlüsse gezogen hätte und wenn sie nicht davongelaufen wäre.
Sie legte den Ring zurück in die Schatulle … in die Vergangenheit, wohin er auch gehörte.
Powell wollte mit ihr über Maggie reden. Nun gut, sollte er. Es würde die erste Verabredung mit ihm nach so vielen Jahren sein … und ganz gewiss auch die letzte. Falls er ernsthafte Absichten auf die Witwe Holton hatte, wie der Stadtklatsch es wissen wollte, würde er sich mit ihr – Antonia – nicht wieder treffen wollen. Doch auch wenn er sie darum bitten sollte, würde sie es ablehnen. Er war noch immer dazu fähig, sie zu verletzen.
Aber für den heutigen Abend tat sie ihr Bestes, um gut auszusehen. Sie legte nicht nur Make-up auf, sondern sie ließ sogar ihr Haar offen, das ihr in natürlichen Wellen bis auf die Schultern reichte. Sie fand, dass sie zwar sehr dünn war, aber auch hübsch genug, um einem Mann zu gefallen. Sie hoffte jedenfalls, dass Powell so denken würde.
Antonia saß im Wohnzimmer zusammen mit ihrem neugierigen, aber schweigsamen Vater und wartete, dass die Standuhr sechsmal schlug. Es waren noch rund zehn Minuten bis dahin. Powell war während ihrer gemeinsamen Zeit immer sehr pünktlich gewesen. Sie fragte sich, ob er diese Tugend noch immer besaß.
“Nervös?”, fragte ihr Vater sie sanft.
Antonia lächelte und nickte. “Ich weiß nicht, warum wir in einem Restaurant über Maggie sprechen müssen. Wir hätten auch hier miteinander reden können oder in der Schule.”
Ben schlug die Beine übereinander und setzte sich bequem zurück. “Vielleicht versucht er, sich mit dir wieder zu versöhnen.”
“Das bezweifle ich”, erwiderte sie.
Antonia zog mit dem Finger ein Muster auf ihrer schwarzen Lacktasche. “Ich bin nicht ganz fair zu Maggie gewesen”, gestand sie ein. “Maggie erinnert mich so an Sally.” Sie verzog das Gesicht. “Wahrscheinlich vermisst sie ihre Mutter sehr.”
“Das bezweifele ich. Ihre Mutter ließ das Kind mit jedem Babysitter, den sie nur greifen konnte, zurück. Sally saß doch ständig in den Bars herum … vorwiegend außerhalb der Stadt … und trank sich besinnungslos. Eine gute Autofahrerin ist sie niemals gewesen. Beides führte dazu, dass sie im Fluss landete.”
Im Fluss landete.
Antonia hatte die Nachricht durch die Medien vernommen. Powell war einflussreich genug gewesen, dass Sallys tragischer Tod Schlagzeilen machte. Er hatte Antonia leidgetan, aber zum Begräbnis war sie nicht gekommen.
Das Geräusch eines Wagens in der Auffahrt unterbrach ihre Gedanken. Sie stand auf und war gerade in dem Moment an der Tür, als Powell anklopfte.
So verlegen hatte Antonia sich in ihrem ganzen Leben noch nicht gefühlt, als sie sah, wie Powell gekleidet war. Er trug Jeans und ein Flanellhemd unter einer warmen Windjacke und ausgetretene Stiefel.
Powell hingegen blickte sie bewundernd an. Antonia wirkte sehr elegant in dem schwarzen Kleid unter dem modischen Mantel, mit dem offenen Haar und dem dezenten Schmuck.
Er schluckte schwer. Sogar in ihrem offensichtlich erschöpften Zustand raubte sie ihm den Atem.
“Ich bin aufgehalten worden.” Das hatte Antonia sich schnell ausgedacht, um Powell eine Erklärung
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