Immer hab ich dich geliebt
für ihren Aufzug zu geben. “Ich bin gerade aus der Stadt zurückgekommen”, log sie mit rotem Gesicht. “Ich beeile mich mit dem Umziehen. Ich bin im Nu fertig. Dad kann dich währenddessen unterhalten. Es tut mir leid …!”
Sie floh in das Badezimmer und schloss die Tür hinter sich. Vor Scham wäre sie am liebsten gestorben. Powell war angezogen für eine Tasse Kaffee und ein Sandwich in einer Fastfood-Bude, und sie war ausstaffiert für ein nobles Restaurant. Sie hätte sich danach erkundigen sollen, wohin sie gehen würden, statt Vermutungen anzustellen.
Rasch zog sie Jeans an, dazu einen Pullover, und drehte ihr Haar in einen Knoten, wie sie ihn immer trug. Wenigstens sitzen die Jeans besser als das Kleid, dachte sie trocken.
Powell blickte Antonia nach und verzog das Gesicht. “Ich hatte einen Notfall auf der Ranch mit einer kalbenden Färse”, murmelte er. “Ich war nicht darauf vorbereitet, dass Antonia sich fein machen würde, so habe ich nicht daran gedacht, mich umzuziehen …”
“Mach es nicht schlimmer”, unterbrach Ben sein Gestammel. “Erspare ihr die Einzelheiten, und verletze nicht ihren Stolz. Tu so, als ob du ihr Glauben schenkst.”
Powell seufzte tief auf. “Ich tue niemals das Richtige, ich sage niemals das Richtige.” Es schien ihn wirklich niederzudrücken. “Ihr wurde am meisten wehgetan, und ich füge ihr immer noch mehr Schmerzen zu.”
Ben Hayes war von der Bemerkung überrascht, aber er empfand keine Sympathie für Powell. Er konnte nicht die Qual vergessen, die Powell seiner Tochter verursacht hatte, noch konnte er vergessen, dass Powell seinen – Bens – Einfluss benutzt hatte, um an die richtigen Finanzleute zu gelangen. Dass Powell ihn während seiner schweren Bronchitis besucht hatte, änderte nicht seine Meinung. Und heute Abend kannte seine Verachtung keine Grenzen. Es war ihm zutiefst zuwider, dass Powell seine Tochter in eine peinliche Situation gebracht hatte.
“Bleib nicht zu lange mit ihr weg”, sagte Ben kühl. “Sie fühlt sich nicht wohl.”
Powells Blick ließ den von Ben nicht los, als er fragte: “Was hat sie?”
“Ihre Mutter ist vor einem knappen Jahr gestorben”, antwortete Ben nicht sehr freundlich. “Antonia vermisst sie sehr.”
“Sie hat abgenommen, nicht wahr?”
Ben nickte. “Sie wird wieder zunehmen, jetzt wo sie zu Hause ist.” Er schaute Powell durchdringend an. “Tu ihr nicht wieder weh, Junge”, sagte er ruhig. “Wenn du mit ihr über deine Tochter sprechen willst, fein. Aber erwarte nichts davon. Die Vergangenheit macht ihr immer noch zu schaffen, und ich kann es ihr nicht verdenken. Du hattest mit den Beschuldigungen unrecht, aber du wolltest nicht hören. Und sie war diejenige, die die Stadt verlassen musste.”
Powells Wangenmuskeln spielten. Er starrte den älteren Mann mit blitzenden Augen an, aber er sagte nichts darauf.
Es war eine angespannte Stille, als Antonia zurückkam. Ihr Vater sah wütend aus und Powell … seltsam.
“Ich bin fertig”, verkündete sie und zog ihren Mantel über.
Powell nickte. “Wir gehen zu Ted's Truck Stop, wenn du einverstanden bist. Ted's ist rund um die Uhr geöffnet, und der Kaffee dort ist gut.”
Antonia hörte aus dem, was er sagte, eine Beleidigung heraus und wurde rot. “Ted's ist mir sehr recht”, sagte sie mit scharfer Stimme.
Powell war erstaunt über ihren Tonfall, bis ihm aufging, was er soeben gesagt hatte. Er wandte sich um, ging zur Tür und öffnete sie für Antonia. “Dann lass uns gehen”, murmelte er.
Antonia verabschiedete sich von ihrem Vater und trat in die kalte, verschneite Nacht hinaus.
Schneeflocken fielen auf die Windschutzscheibe, während sie etwa eine Meile auf dem Highway fuhren, um dann die Ausfahrt zu nehmen, die sie zu Ted's brachte. Ted's war eine Grillbar und lag ziemlich nah am Stadtrand. Dort wurde Bier, Wein und einfaches, aber gutes Essen serviert.
Antonia war noch nie drinnen gewesen. Ted's war nicht gerade als Treffpunkt für gesellschaftlich respektable Bürger gedacht, und sie fragte sich, ob Powell einen Grund hatte, sie ausgerechnet hierher zu bringen.
“Du bist ruhig”, bemerkte Powell und parkte auf dem fast leeren Parkplatz, der zu Ted's gehörte.
“Ja, das bin ich wohl”, gab sie zu.
Ihm blieb nicht verborgen, wie unbehaglich sie sich fühlte und dass sie traurig war. Er hatte Gewissensbisse, weil er sie hierher brachte. Sie hatte sich für ihn fein gemacht, und es musste für sie wie eine Ohrfeige gewesen
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