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Immer Schön Gierig Bleiben

Immer Schön Gierig Bleiben

Titel: Immer Schön Gierig Bleiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Alef
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vermochte.
    Pachulke zog den USB-Stick aus der Anlage und besah ihn sich. Hier wären sie jetzt also alle in Zukunft eingesperrt: Dietrich Fischer-Dieskau, die Philharmoniker, die Mainzer Hofsänger. Ob es wohl Gedränge gab? Digitalisierung war auf gespenstische Weise demokratisch. Entweder du warst eine Eins oder du warst null. Kein Overkill der Möglichkeiten, keine sozialen Gegensätze. Er hatte diesen Laden für Selfstorage an der Stralauer Allee besucht und gleich ein siebzig Quadratmeter großes Abteil angemietet. Ab morgen würde er die Platten aus der Wohnung schaffen, und wenn die zweihundertachtzig Regalmeter sicher verstaut waren, würde er die
Studio Sessions
aus den Schließfächern befreien und zu sich in die Wohnung holen. Mit Rubi allein zu Hause. Morgen musste er wieder Geld nachwerfen.

41
    Zabriskie und Pachulke parkten auf dem kleinen Platz mit der kyrillischen Inschrift im alten Eingangstor. Von dort wand sich ein steiler Weg hinauf zu dem Grat, auf den der Junge mit der Schleuder Zabriskie vor einigen Tagen geführt hatte. Überall rannten Kinder herum, die Vögel jagten. Jemand hatte das Pulpeloch, in dem der Junge fast ertrunken wäre, mit gelbem Absperrband markiert.
    »Das ist unser Absperrband«, sagte Pachulke.
    »Ein Fehldruck«, sagte Zabriskie. »Wenn der Farbton nicht der ISO-Norm entspricht, werden die Rollen makuliert und landen auf dem Müll.«
    »Also hier«, sagte Pachulke. Er keuchte, und Zabriskie musste sich zusammenreißen, dass sie ihm nicht davonrannte.
    »Wie alles, was weggeschmissen wird, obwohl man es noch brauchen kann.« Jetzt verstand sie, warum ihr Haeckel gesagt hatte:
Mir wird an nichts mangeln
.
    Als sie den Kopf erreichten, zögerte Zabriskie. »Es geht hier irgendwo runter, aber ich bin mir nicht sicher, auf welcher Seite.«
    Sie stieg ein paar Stufen hinunter. Doch, hier war es. Sie hatte den Fluss sehen können, als der Junge sie geführt hatte.
    Kurze Zeit später standen sie vor der Tür im Bein der Soldatenskulptur.
    Sie kletterten hinein, und Zabriskie rief: »Professor Haeckel, hier ist Zabriskie. Wir haben die zweite Kontaktlinse aus Stralau gefunden.«
    »Wir?«, hörte sie Haeckels blecherne Stimme.
    »Ich habe … noch jemand mitgebracht.«
    »Ach, sieh an«, sagte Haeckel, während er aus der mittleren Ebene hinunter ins Labor hinkte, »das muss ja wichtig sein, dass Sie sich mit mir abgeben, Herr Hauptkommissar.«
    »Ist es auch«, sagte Pachulke. Zabriskie sah, wie er mit sich kämpfte. Es war eine Mischung aus alter Wut und frischer Dankbarkeit. »Sie helfen uns, mit Ihren eigenwilligen Methoden einen zweifachen Mörder zu überführen.«
    »Wenn wir auch sonst nichts gemeinsam haben, dann wenigstens die Methoden«, sagte Haeckel. »Ist dieser salbungsvolle Dankeston Ausdruck eines schlechten Gewissens?«, fragte er.
    Die beiden Männer starrten sich an. »Ja, vermutlich«, sagte Pachulke. »Wir haben alle gepfuscht, und die Schuld bei Ihnen abgeladen.« Er räusperte sich.
    »Weiter, ich bin ganz Ohr, Herr Hauptkommissar.« Haeckel bleckte die Zähne. »Ein Auftakt, der Erwartungen weckt.«
    »Das war bequem von uns, auch von den beiden Kollegen, die es kaum erwarten konnten, belobigt, befördert und berühmt zu werden. Aber vor allem von mir. Mir was das recht, es auf den Experten schieben zu können, der uns angeblich alle überrumpelt und hinters Licht geführt hatte. Ich bitte Sie um Entschuldigung.«
    Haeckel malmte mit den Zähnen und sah auf den Boden. »Wohl gesprochen, Herr Hauptkommissar. Wir wissen beide, dass ich dadurch so wenig meinen Fuß zurückbekomme wie die beiden Kollegen ihr Augenlicht. Aber ich würde gerne wieder unterrichten. Sehen Sie da eine Möglichkeit?«
    Pachulke sah Zabriskie an. »Ich werde mich dafür einsetzen. Erst werde ich den Kollegen erklären, was Sie für diesen Fall geleistet haben, dann auch weiter oben. Aber ich verspreche nichts.«
    »Das versteht sich doch von selbst. Sie wollen sich absichern. Aber wenn es nicht klappt.« Er hob die Hände und zeigte auf sein Labor und die von ihm bewohnte Skulptur: »Mir wird an nichts mangeln. Was halten Sie von Pachulkes Vorschlag, Zabriskie?«
    Zabriskie presste die Lippen zusammen und verschränkte die Arme vor der Brust. Wenn Haeckel jetzt meinte, er könnte sie gegen Pachulke ausspielen, dann hatte er sich geschnitten. Sie sagte mit belegter Stimme: »Die beiden Kollegen Speckler und Nothoff arbeiten im Polizeipräsidium. Soweit ich es überblicken kann,

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