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Immer Schön Gierig Bleiben

Immer Schön Gierig Bleiben

Titel: Immer Schön Gierig Bleiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Alef
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Linken. Beide sahen tief versunken auf das Wasser hinaus, wo die Vögel kreisten.
    »Entschuldigung, wenn ich Sie in Ihrer Trauer störe, Kriminalpolizei.« Pachulke zeigte seinen Ausweis für die Polizeibibliothek, weil er seine Marke zu Hause vergessen hatte. Er hatte seit zwei Tagen dieselbe Hose an, und weil er auf der Auktion gewesen war, hatte er die Marke auf seinen Schreibtisch im Wohnzimmer gelegt. Dort lag sie immer noch.
    »Wir trauern nicht«, sagte die Frau. »Wir sind deswegen hier.« Sie deutete an Pachulke vorbei nach oben. In einem Baum erspähte er ein Nest.
    »Ein Elsternpaar, sie haben drei Junge«, sagte der Mann. »Wenn die Alten das Fressen bringen, kann man sehen, wie sie ihre Schnäbel aufsperren.« Er klopfte auf seine Jackentasche. »Mit dem Fernglas, aber jetzt sind die Alten unterwegs.«
    »Wir suchen diese Pflanze«, sagte Pachulke und zeigte das laminierte Foto vor. Er versuchte diese Aussage so bedeutungsschwer wie möglich klingen zu lassen.
    »Was hat sie denn ausgefressen?«, fragte die Frau und lächelte Pachulke an.
    »Nichts hat sie ausgefressen. Sie ist ein wichtiger Zeuge.«
    Die Frau hob die Augenbrauen.
    »Sie soll uns auf die Spur führen. Sie haben doch sicher von der Toten gehört, die am Dienstag hier gefunden wurde.«
    Die beiden nickten.
    »Sie ist zwar auf dem Friedhof gefunden, aber nicht dort getötet worden. Die Tote hatte Substanzen an der Kleidung, die von dieser Pflanze stammen.« Er reichte der Frau das Foto, die es sich genau besah.
    Sie schüttelte den Kopf und reichte es an ihren Mann weiter.
    »Die Pflanze ist sehr selten. Sie heißt …« Verdammt, er hatte den Namen vergessen. Und ihren Bericht hatte Plink bei sich. Sie winkte gerade von der Uferböschung herüber, zuckte die Schultern und schüttelte den Kopf.
    »Diptam. Die Pflanze heißt Diptam.« Der Mann lächelte in sich hinein.
    »Sie kennen dieses Gewächs?«
    »Mein Mann hat fast vier Jahrzehnte im Botanischen Garten gearbeitet. Da lernt man eine Menge Grünzeug kennen.«
    »Junger Mann, wenn Sie Ihren Diptam als Zeugen vernehmen wollen, sind Sie hier falsch. Der Diptam liebt den Halbschatten, hier ist es ihm zu sonnig.«
    »Und wo gibt es hier auf Stralau Halbschatten?«
    »Eigentlich überall, außer auf dem Friedhof.«
    Am Lagerplatz für die ausrangierten Grabsteine trafen Plink und Pachulke wieder zusammen.
    »Ich glaube nicht, dass Verena Adomeit ein Zufallsopfer war. Sie und der Täter haben sich gegenübergestanden. Tenbrink schreibt, der Mörder hat einfach die Hände ausgestreckt und zugedrückt. Es gibt keine Abschürfungen oder Hautirritationen im Nacken und auf den Schultern. Sie wurde nirgendwo gegengedrückt. Sie stand, sie hat das Bewusstsein verloren, sie ist gestorben.« Er berichtete Plink von seinem Gespräch und sagte: »Es ist früher Abend. Auf Stralau findet ein Personalwechsel statt. Die Hundebesitzer und Familien sind beim Essen. Die Touristen sind zurück im Hotel. Die Grillkolonnen und die Liebespaare sind noch nicht da. Ein paar Angler sind vor Ort, aber die schauen aufs Wasser. Hier«, er zeigte auf den Stapel mit den Grabsteinen, »legt er die Tote ab. Er kam aus dem Halbschatten.«
    Pachulke trat aus dem Hof heraus und umkreiste ihn. Plink folgte Pachulke schweigend und spähte auf den Boden.
    Dann blieb Pachulke stehen. »Hier.« Er deutete auf eine alte Tür, die aussah, als sei sie seit Jahren nicht mehr benutzt worden. »Hier ist er reingekommen.«
    Plink hatte schon einen Latexhandschuh übergezogen und inspizierte die Tür. Sie griff sich den rostigen Riegel. Er ließ sich leicht beiseiteschieben. Mit zwei Fingerspitzen drückte sie die Klinke nach unten. Die Tür öffnete sich lautlos.
    »Gut geschmiert für so ein altes Ding«, sagte Pachulke.
    Plink trat hinaus. Sie deutete nach oben. Über ihren Köpfen spannte sich der Blätterschirm zweier riesiger Buchen. »Halbschatten.«
    Schritt für Schritt gingen sie den mit Sonnenflecken gesprenkelten Weg entlang. Er führte auf eine Wiese und weiter zu einer Querstraße, in denen sich Schrebergärten mit Lauben aneinanderreihten. Als sie wieder in der Sonne standen, machten sie auf dem Absatz kehrt und suchten abseits des Weges.
    Pachulke folgte einem schmalen Pfad, der Richtung Wasser führte. Da war Plink verschwunden. Eben hatte er aus der Ferne noch ihren Haarschopf sehen können, sie war halbgebückt in den Knien gegangen und hatte sich jeden Halm und jedes Blatt genau angesehen, doch jetzt war sie aus

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