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Immer Schön Gierig Bleiben

Immer Schön Gierig Bleiben

Titel: Immer Schön Gierig Bleiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Alef
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stimmt. Aber du musst reden, wenn du hier raus willst. Und ich dachte, es wird leichter für dich, wenn wir uns duzen. Du kannst mich auch duzen, ich heiße Hagen. Hagen Stiesel. Ich habe dir Wasser mitgebracht. Wenn wir geredet haben, darfst du auf die Toilette gehen, danach hole ich dir etwas zu essen. Heute gibt es Kohlroulade …«
    »Das Gebrüll verendender Rinder vernebelt die Sonne«, sagte Torsten.
    »Seelachsfilet mit Remoulade …«
    »Die leer gefischte See zeigt uns, wie einsam wir sein werden ohne Tiere.«
    »Oder Milchreis.«
    »Geraubt von den Kälbchen dieser Welt.«
    »Ich kann dir aber auch zwei Scheiben Knäckebrot und geraspelte Karotten holen.«
    »Erst die geraspelten Karotten, dann die Peitsche, darauf falle ich nicht herein.« Torsten legte sich die Hände über den Kopf.
    Stiesel öffnete die Wasserflasche, und als es zischte, hob Torsten den Kopf. Stiesel nickte zweimal. Der junge Mann musste vor Durst fast umkommen. Die Baracke hatte keine Klimaanlage, weil schnellschnell und billigbillig errichtet. Entweder man fror sich den Arsch ab oder man trocknete unmerklich aus. Im Winter regnete es in der oberen Etage durch die Decke, in den anderen Etagen musste man die Fugen mit Silikon aus der Tube für die kalte Jahreszeit präparieren. Jetzt, um halb zehn, wurde es langsam wärmer. »Setz dich, Torsten.«
    »Ist dieser irre Sadist ein Kollege von dir?«
    »Dorfner? Ja, dieser irre Sadist ist ein Kollege von mir. Bist du auch ein irrer Sadist, weil du dieser Frau diese Nachrichten geschickt hast?«
    »Die hat es nicht anders verdient, die sahnt bei uns ab.«
    »Niemand hat es verdient, auf diese Weise angepöbelt zu werden. Niemand hat es verdient, erwürgt zu werden.«
    »Das war ich nicht.«
    »Aber diese SMS hast du ihr geschickt.«
    »Ja, aber das hat ja nichts genützt.«
    »Wo hattest du die Handys her?«
    »Gefunden.«
    »Lüg nicht.«
    »Ich lüge nicht. Unser Kiez ist zugeschissen mit Touristen, jeder zweite vergisst irgendwas. Ich könnte einen Handyshop aufmachen.«
    Stiesel füllte Wasser in einen Becher und stellte ihn neben Torsten auf den Boden. »Kein Gift, keine Medikamente. Ich trinke aus derselben Flasche.«
    Torsten riskierte einen Schluck. Dann trank er den Becher in einem Zug leer.
    »Wo warst du am Dienstag zwischen siebzehn und neunzehn Uhr?«
    »Geht dich einen Scheißdreck an.«
    »Warst du auf Stralau?«
    »Nein, natürlich nicht. Wo liegt das?«
    »Nicht in Friedrichshain. Warst du überhaupt schon mal woanders als in Friedrichshain?«
    Torsten schüttelte den Kopf.
    »Wie lange wohnst du schon hier?«
    »Knapp zwei Jahre.«
    »Und du bist noch nie woanders gewesen?«
    »So viel zu tun. Alles so groß hier.« Torsten bohrte in der Nase.
    »Wenn du nicht in Stralau warst, wo warst du dann?«
    »Geht dich nichts an, Hagen Stiesel.«
    Stiesel griff in seinen Rucksack und rollte eine neue Flasche Wasser zu Torsten hinüber. Er hatte sich wie an jedem Morgen das Protokoll der polizeilich relevanten Vorfälle in der Nacht nach dem Mord angesehen. In der Tiefgarage eines fast fertig gestellten Hauses hatte es eine Brandstiftung gegeben. Jemand hatte eine Betonmischmaschine mit Benzin aufgefüllt und das Benzin angezündet. Die Hitzeentwicklung hatte die Deckenkonstruktion beschädigt und die Sprinkleranlage ruiniert. Der Brand war am Dienstag um 18.10 Uhr gemeldet worden. Aber Brandstiftung in einem zwar für Menschen als Behausung geeigneten, aber bislang unbewohnten Gebäude war nicht wirklich eine prickelnde Alternative zu Mordverdacht. Auch das konnte teuer werden vor Gericht.
    Torsten trank die Flache leer und rülpste laut.
    »Hast du mit dem Feuer gespielt?«, fragte Stiesel.
    »Die Geschichte in der Tiefgarage? Für wie blöd hältst du mich? Das war Versicherungsbetrug. Der Bauherr ist fast pleite, und keiner will die überteuerten Rattennester kaufen.«
    »Weißt du, wenn du einen Brandanschlag hättest zugeben müssen, als Alibi für einen Mord, hätte ich verstanden, dass du dir das zweimal überlegst. Aber wenn du das nicht warst, wovor hast du Angst? Wo warst du?«
    »Wir … ich … ich hab gesprayt.«
    »Wo hast du gesprayt?«
    »In dem Rohbau, in dem diese Tusse sich rumgetrieben hat, bevor sie einer kaltgemacht hat. In der Simplonstraße.«
    »Kalt ist sie allerdings. Sie liegt drüben in der Pathologie. Willst du sie sehen?«
    »Nein, vielen Dank. Du bist keinen Deut besser als dieser irre Sadist, der mich festgenommen hat. «
    »Hat dich der irre Sadist

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