Immer Schön Gierig Bleiben
einer Burg an der Saale hellem Strande mit massiven, festen Steinböden diese Kompilation jetzt sein Eigen nennen würde.«
»Ja, Moment, ich kann mal nachsehen. Augenblick, bitte.«
Sie öffnete eine Tür, hinter der sich ein Gang befand, von dem weitere Türen abgingen. Das sah nach dem Bürotrakt aus. Und in einem der Räume war vermutlich die Schallplattenwaage. Pachulke stand allein im Eingangsbereich. Der Eingangsbereich wurde aufgelockert durch zwei Schauvitrinen, die durch mildes Licht indirekt ausgeleuchtet wurden. In der einen standen verschiedene Tonfigürchen, die etruskischen Ursprungs waren, wie ein kleines Hinweisschild verriet. Dass die Figürchen unverkäuflich waren, sagte das Schild auch.
In der anderen Vitrine befanden sich filigrane Glasskulpturen von einer tschechischen Glaskünstlerin. Eine Tafel nannte ihren Namen und wies darauf hin, dass sich die Details der Darstellung in ihrer ganzen Fülle erst mit einer Lupe erschlössen. Diese stellten die Mitarbeiter gern zur Verfügung. Aber gerade waren keine Mitarbeiter zugegen.
Pachulke sprang ein kleines Stück in die Luft und beobachtete die Tonfigürchen und Glasskulpturen in den Schauvitrinen. Nichts. Keine Bewegung. Er sprang ein bisschen höher. Wieder nichts. Jetzt stellte er sich so nah an die Vitrine mit den etruskischen Figürchen, wie er konnte, und sprang dann dreimal ganz schnell hintereinander. Wieder nichts. Die Etrusker zuckten nicht einmal.
Am Fenster standen zwei Stühle neben einem Tisch, auf dem verschiedene Kunstzeitschriften auslagen. Pachulke trug einen der Stühle neben die Vitrine mit den Glasskulpturen. Dann stieg er auf den Stuhl. Er ging in die Knie und holte mit den Armen Schwung. Aus den Augenwinkeln beobachtete er die Glasskulpturen, die im Licht leise schimmerten. Er holte mit den Armen Schwung. Und eins, und zwei …
»Was machen Sie denn da auf dem Stuhl? Kommen Sie bitte sofort herunter.«
Die Mitarbeiterin stand, die Hände in die Hüften gestemmt, in der Tür. Sie schüttelte den Kopf.
»Entschuldigung, Ihre Böden, die sind«, Pachulke wischte sich über die Stirn, »die sind erstaunlich massiv. Und geben Erschütterungen kaum weiter.«
»Allerdings. Und Sie können froh darüber sein. Wenn einem unserer etruskischen Reiter auch nur ein Ohrläppchen fehlt, dann kostet Sie das mehr als alle Rubinstein-Platten zusammen.« Sie trat an die Vitrine heran und hielt eine Lupe vor ihr Auge. Wortlos überprüfte sie alle ausgestellten Objekte.
Pachulke kletterte vom Stuhl, strich mit der flachen Hand ein paarmal über die Sitzfläche und stellte den Stuhl zurück. Er räusperte sich. »Dieser Boden ist beeindruckend. Wie ist der denn gebaut worden?«
Die Frau presste die Lippen zusammen. »Da müssen Sie den Stahlschrank-Fabrikanten fragen, der sich das Häuschen hier vor hunderundzwanzig Jahren als Stadtvilla hat bauen lassen.«
»Ein Safehersteller?«
»Ganz recht, und in seiner Freizeit hat er Safes gesammelt. Und sie in seinem ganzen Haus aufgestellt.«
Pachulke kratzte sich am Kopf. Und er hatte gedacht, seine Sammelleidenschaft wäre merkwürdig.
»Die Vitrinen sind so ausgefedert, dass hier ein Nashorn durchlaufen kann, ohne dass etwas passiert, wobei Sie …«, sie musterte Pachulke von oben bis unten, dann fiel ihr offenbar ein, dass der Mann, der auf den Stuhl gestiegen war, ein zahlender Kunde war, »… sich wirklich etwas haben einfallen lassen.« Sie trat hinter den Tresen und winkte Pachulke zu sich heran. »Also, Ihre Schallplatten wiegen zusammen etwa sechzig Kilo.«
»Sechzig Kilo!«
Die Frau nickte. »Sind Sie mit dem Auto da? Sie können direkt bis zum Auslieferungstor auf den Hof fahren und einladen. Der Kollege unten hilft Ihnen gern.«
Pachulke schüttelte unmerklich den Kopf, trat einen Schritt auf die Frau zu und starrte sie an. »Sagen Sie mal, Sie sind ja geschminkt.«
Die Mitarbeiterin des Auktionshauses trat einen Schritt zurück. »Ja. Ein angenehmes und gepflegtes Äußeres ist Pflicht während der Arbeitszeiten. Stimmt etwas nicht?«
»Doch, sehr schön sogar, sehr geschmackvoll.«
Die Frau lächelte. »Vielen Dank für das Kompliment.«
»Das ist Ihnen ohne Zweifel gelungen«, sagte Pachulke. »Wie lange brauchen Sie denn für so ein Make-up, und was fühlen Sie, wenn Sie es auflegen?«
»Für das, was ich an einem Arbeitstag anlege, brauche ich vielleicht zehn Minuten. Ich habe mich zum ersten Mal geschminkt, da war ich fünf. Und regelmäßiges Make-up dann mit
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