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Immer Schön Gierig Bleiben

Immer Schön Gierig Bleiben

Titel: Immer Schön Gierig Bleiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Alef
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etwas zu tief ins Ohr zusammen mit einer tiefempfundenen Entschuldigung.«
    »Man ist im Grunde völlig ausgeliefert, wenn man sich schminken lässt«, sagte Pachulke.
    »Ja, wie bei einer Massage oder beim Friseur.«

20
    Zabriskie erreichte die bezahlbare Wohnung mit Balkon in Tempelhof zu Fuß vom nächstgelegenen U-Bahnhof, dessen Namen sie bis heute nur vom Übersichtsplan der Verkehrsbetriebe gekannt hatte. Natürlich hatte sie den falschen Ausgang genommen und natürlich war sie etwas spät dran. Die Wohnungsanzeige hatte ein Gewitter von Abkürzungen enthalten. Neben der Einbauküche – EBK – und dem Wannenbad – WB – hatte es auch noch eine Reihe anderer Eigenschaften gegeben, die wohl so exklusiv waren, dass sie in der Liste gängiger Abkürzungen nirgendwo auftauchten, HdA und BaP zum Beispiel. Sie eilte in den dritten Stock, während der Aufzug an ihr vorbei nach unten fuhr. Ein Aufzug. War sie schon so alt, dass sie in einem Haus mit Aufzug leben musste? Die Maklerin trug ein braunes Kostüm und eine Vintage-Brille aus den siebziger Jahren mit braunem Gestell.
    »Ich habe eine Frage zu den Abkürzungen in der Anzeige«, sagte Zabriskie.
    »Sehr gerne, fragen Sie.«
    »Was heißt HdA?«
    »Häufig defekter Aufzug«, sagte die Maklerin. »Wäre das ein Problem?«
    »Nein, im Gegenteil, ich bin ja sehr sportlich und bewege mich gern, trage auch gerne den Wochenendeinkauf drei Treppen zu Fuß nach oben. Gar kein Problem. Ich sehe das als Plus«, sagte Zabriskie. »Und was heißt BaP?«
    »Bevorzugt an Paare«, sagte die Maklerin. »Ist das ein Problem?«
    Zabriskie sah sich um. Durch die Wohnung schlichen die anderen Interessenten, die meisten waren zu zweit gekommen, zwei Frauen waren schwanger.
    »Nein, überhaupt kein Problem. Ich bin ein Paar, das sehen Sie doch«, sagte Zabriskie. »Wir teilen uns die Besichtigungen auf.«
    »Ihr Mann und Sie?«, fragte die Maklerin.
    »Ja, genau«, sagte Zabriskie. »Mein Mann und ich. Ich und mein Mann. Wir beide, das Paar.« Stiesel. Stiesel musste als ihr Mann herhalten. Das konnte er schon mal machen. Und dann, trotz der neuen Wohnung, würde die Ehe in eine schwere Krise geraten und ratzfatz in die Trennung münden. Aber erst einmal den Mietvertrag klarmachen. Zabriskie drehte ihre Runde. Die Einbauküche war in Ordnung, das Bad war größer als erwartet und weiß gekachelt. Der Balkon war winzig, ging aber auf einen kleinen Park.
    »Wirklich sehr schön«, sagte Zabriskie, als sie der Maklerin wieder über den Weg lief.
    »Wir haben noch einen voll ausgebauten Keller«, sagte die Maklerin. »Der ist ganz praktisch für die Urlaubssachen oder Kinderspielzeug.« Sie schenkte Zabriskie ein Lächeln, das wohl Geheimwissen von Frau zu Frau beinhalten sollte.
    Zabriskie lächelte zurück. Ein Kind, kein Problem. Sie würde sich einen von Bördensens Blagen ausleihen und zur Vertragsunterzeichnung mitbringen.

21
    »Ich habe ja selten einen Käufer gesehen, der so glücklich war wie Sie am letzten Mittwoch«, sagte die Mitarbeiterin im Empfangsbereich des Auktionshauses zu Pachulke. Sie zwinkerte ihm zu. »Da haben Sie ein echtes Schnäppchen gemacht. Dadurch dass noch so ein paar andere Spitzenangebote an diesem Tag aufgerufen wurden, haben sich einige der wichtigen Sammler zurückgehalten. Sie können es bestimmt kaum erwarten, Ihren Schatz nach Hause zu tragen und sich ein wenig einzuhören.«
    »Wer? Ich?«, fragte Pachulke. »Meinen Sie mich?« Er fixierte einen Punkt, der hinter der jungen Frau zu liegen schien.
    Die Frau warf Pachulke einen vorsichtigen Blick zu. »Ja, äh, ich meine Sie. Sie sind doch Herr Pachulke, der die Box mit den
Studio Sessions
von Artur Rubinstein ersteigert hat?« Sie blätterte in ihren Unterlagen. »Katalognummer 256.«
    »Ja, 256, das bin ich. Ich meine, das ist mein Schatz. Meine ersteigerten Schallplatten. Und ich kann es kaum erwarten, die Platten zu sehen, sie zu berühren, an ihnen zu schnuppern und ihre delikaten zarten Rillen zu betrachten, wenn das Licht drauffällt.«
    »Und anhören, nicht wahr?« Die Stimme der Mitarbeiterin klang jetzt ein wenig streng. »Anhören werden Sie sie sicherlich auch.«
    »Wer weiß, wer weiß.« Pachulke nahm zum ersten Mal Augenkontakt mit der Frau auf. »Wie viel wiegen die Platten denn?«
    »Äh, wie bitte?«
    »Das Gewicht der Schallplatten. Das steht doch bestimmt in Ihren Unterlagen, falls Sie die
Studio Sessions
irgendwo hinschicken hätten müssen. Wenn zum Beispiel der Besitzer

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