Immer verlasse ich dich
verwandelt.
»Was zum Teufel soll ich Cecchi sagen?«
brülle ich.
Sie sieht mich an. Ein überlegener
Ausdruck huscht über ihr Gesicht, doch dann hat sie wenigstens den Anstand, es
zu verbergen. »Darum geht’s hier im Grunde die ganze Zeit, nicht wahr? Du
weißt, daß du einen Fehler gemacht hast, und jetzt befürchtest du, daß Cecchi
es ebenfalls merkt.«
Ich hasse sie.
Noch nie habe ich jemanden so gehaßt
wie sie in diesem Augenblick. Ich schwelge flüchtig in Phantasien, einfach zu
verschwinden. Am meisten hasse ich, daß sie nicht nur recht hat, sondern daß
ich es auch noch zugeben muß. Ich spiele mit dem Gedanken, es abzustreiten,
flirte mit der Weigerung anzuerkennen, daß sie recht hat, aber ich weiß, daß es
dumm ist und sie mich durchschaut hat.
»Ich verabscheue dich«, sage ich.
Sie lacht, legt das Buch auf den
Nachtschrank und breitet die Arme aus. »Komm her«, sagt sie.
Sich in diese tröstlichen, liebevollen
Arme schmiegen oder nicht?
»Lauren?«
Ich schmiege mich hinein. Jetzt gibt’s
kein Zurück mehr. Sie küßt mich oben auf den Kopf.
»Cecchi wird es verstehen«, sagt sie
beschwichtigend.
»Nein, wird er nicht. Er wird mir nie
mehr vertrauen.«
»Quatsch. Aber ich glaube, es ist
besser, wenn du es ihm selbst sagst und nicht erst durch mich alles auffliegt.«
»Und was ist mit William?«
»Sag ihm, was du tun mußt.«
»O Gott. Was ist, wenn er nie mehr mit mir spricht?«
»Das wird er nicht tun. Ich bin sicher,
irgendwo sieht er ein, in welche Lage er dich gebracht hat.«
»Aber ich habe es versprochen.«
»Das war ein dummes Versprechen, und
ich weiß, daß William es weiß. Ihr könntet beide zusammen Cecchi die Wahrheit
sagen.«
Das ist ein ganz passabler Plan, aber
ich bin nicht so sicher, daß William mitziehen wird. »Vielleicht sollte ich ihn
jetzt gleich anrufen.« Er bleibt immer bis spät auf, und das Telefon steht
nicht in ihrem Schlafzimmer, so daß Rick nicht gestört wird.
»Gute Idee«, sagt sie.
Zögernd löse ich mich aus ihrer
Umarmung, nehme den Hörer und drücke auf den Knopf, der automatisch Williams
Nummer wählt.
Ich bin schockiert, als Rick sich
meldet.
»Warum bist du noch auf?«
»Ich konnte nicht schlafen«, sagt er,
seine Stimme hat einen eindeutig frostigen Unterton. »Du willst William
sprechen?«
»Geht’s dir gut?«
»Nein. Hier hast du William.«
William nimmt den Hörer und sagt: »Ich
weiß schon.«
»Was denn?«
»Wir müssen Cecchi die Wahrheit sagen.«
Erleichterung durchflutet mich wie
Sonnenschein an einem Wintertag. »Ja. Was ist denn mit Rick los?«
Er antwortet nicht.
»Du hast’s ihm gesagt?«
»Ja.«
»O Gott. Ist er sauer auf dich?«
»Könnte man so sagen.«
»Tut mir leid, William.«
»Mir auch.«
Wir vereinbaren, uns gleich morgens zu
treffen und zu Cecchi zu gehen, dann legen wir auf. Ich krieche wieder in Kips
Arme.
»Rick ist sauer auf William«, berichte
ich ihr.
»Das kann ich verstehen.«
»William ist nicht süchtig«, sage ich
trotzig.
»Wer sagt denn, daß er das ist?«
»Ich weiß, daß du es denkst.«
»Nein, weißt du nicht. Ich habe
zufällig keine Ahnung, ob er es ist oder nicht.«
»Ich leide mit ihm. Mit ihnen beiden.«
»Ich auch.« Sie legt die Hand unter
mein Kinn und hebt mein Gesicht.
Als sie mich küßt, reagiere ich nicht
gleich, ich bin in Gedanken noch bei den Problemen von William und Rick. Doch
dann verzaubern mich ihre warmen Lippen, ihre Zunge berührt meine, erforscht
meinen Mund, es ist, als dringe sie in mein Innerstes ein.
Ich lege die Arme um sie, gleite auf
sie, reibe sanft meinen Körper an ihrem. Unsere Brüste sind aneinandergepreßt,
unsere Beine verschlungen. Sie gleitet mit der Hand über meinen Rücken, mit
Fingern so leicht wie Federn. Vorübergehend vergesse ich meine Freunde in der
Etage über uns und konzentriere mich auf Kip. Kip. In diesem Augenblick gibt es
nur noch Kip.
Am nächsten Morgen um neun treffen William und ich Cecchi
im Coffeeshop an der Ecke Waverly und Sixth Avenue, einem Stammladen der Cops,
und sagen ihm die Wahrheit. Cecchi erklärt William, daß es ihn nicht
interessiere, ob er Drogen nehme oder kaufe. Er sei nicht vom Drogendezernat.
Doch für den Fall, daß er irgendwann seinen Aufenthaltsort belegen müsse, solle
er lieber dafür sorgen, daß sein Dealer ihm Schützenhilfe leiste. William ist
nicht sehr erbaut davon, und das kann ich ihm nachfühlen, obgleich es
unwahrscheinlich
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