Immer verlasse ich dich
Spray in Form gekleistert,
daß es aussieht wie Zement.
»Es ist dieses Mädchen auf der
Greenwich Avenue, hm? Die das Geschäft hatte?«
Mädchen, denke ich und erinnere mich an die
Zeit, als Meg eines war. War das nicht erst letzte Woche?
Cecchi sagt: »Ja, Ruby. Du kanntest
sie?«
»Nee. Sie war nicht von der Sorte, die
hierherkommt. Nicht, daß ich deswegen was gegen sie gehabt hätte, nein. Aber
als ich ihr Bild in der Zeitung sah, erkannte ich ihr Gesicht von hier aus dem
Viertel wieder.«
Ruby wendet sich stets an Cecchi, auch
wenn ich ihr eine Frage stelle, denn für sie existiere ich nicht. Cecchi ist
der Cop, der Mann, einfach Alles.
»Das Komische ist, ich hab sie mit
einigen ziemlich unheimlichen Typen gesehen.«
»Zum Beispiel?«
»Kannte ich nicht, aber es waren miese
Gestalten. Paßten nicht zu ihr, darum ist es mir aufgefallen.«
Mein Detektivinnenherz setzt einen
Schlag aus.
»Wenn dir noch irgendwas anderes zu ihr
einfällt, laß es mich wissen, Ruby, ja?«
»Klar, Cecchi, da kennst du mich doch,
Ruby Packard ermittelt.« Als sie lacht, blitzen Zähne so gelb wie Mais auf.
Leise entfernt sie sich in ihren weißen Kellnerinnenschuhen.
Cecchi sagt: »Möchte wissen, wen sie da
mit Meg gesehen hat?«
Es ist schwer zu glauben, daß Meg eine
gefühlsmäßige Beziehung zu einer Person hatte, die Ruby so beschreiben würde,
wie sie es gerade getan hat, aber ich weiß, daß ich Cecchi jetzt von Thema Nr.
1 erzählen muß.
Als ich fertig bin, fragt er: »Du hast
keine Ahnung, wer er ist?«
»Keine.«
»Aber ich dachte...«
»Wir waren gute Freundinnen«,
unterbreche ich, weil ich ihn nicht das Unvermeidliche sagen hören will. »Ich
glaube, sie hat sich irgendwie für ihn geschämt.«
»Dann könnte er demnach einer von den
Typen gewesen sein, mit denen Ruby sie gesehen hat?«
»Nein. Ja. Ich weiß es nicht.«
»Na schön, was verschweigst du mir?« Er
seufzt.
»Vermutlich war er verheiratet.«
»Und?«
»Wie meinst du das, und?«
»Dann war er eben verheiratet, na und?
Wieso sollte sie das davon abhalten, sich ihrer besten Freundin anzuvertrauen?«
Wie kommt es, daß ich das Gefühl habe,
meine Prinzipien stehen hier auf dem Prüfstand?
»Ich habe meine Probleme damit, wenn
Frauen mit verheirateten Männern ein Verhältnis haben.«
»Aha. Was sind das für Probleme?« fragt
er unbefangen.
Jetzt bin ich an der Reihe zu seufzen.
Ich erkläre es.
»Mit anderen Worten«, sagt er, »sie
wollte nicht, daß du sie verurteilst.«
»Mmmm.«
»Ich verstehe. Nun, das wirft ein neues
Licht auf die Sache. Wir müssen diesen Kerl finden.«
»Scheint so.«
»Ich werde mir eine genauere
Beschreibung von Ruby besorgen. Was willst du tun?«
»Es ist noch zu früh, um zum
Bestattungsinstitut zu gehen.« Die Wahrheit ist, ich bin nicht offiziell an
diesem Fall dran. Ich muß es mir eingestehen: Im Augenblick bin ich arbeitslos.
»Ich schätze, ich gehe in mein Büro. War schon ein paar Tage nicht mehr dort.«
Während wir unsere Rechnung begleichen,
kommt Jason Lightbourne herein, und ich erkenne ihn fast nicht wieder; er trägt
einen schicken Anzug mit Krawatte.
»Wenn das nicht Dickette Tracy ist«,
sagt er zu mir.
Ich gebe einen verächtlichen Laut von
mir und stelle ihn Cecchi vor.
»Wir kennen uns bereits«, sagt Cecchi.
Natürlich. Nur um Lightbourne zu
ärgern, sage ich noch: »Er hat Meg auf einer Party mit einem Mann gesehen.«
»Ich sagte, ich glaube, ich habe
sie gesehen.«
Cecchi sagt: »Dazu hätte ich gern
Näheres gehört, Mr. Lightbourne.«
»Ich habe eine Verabredung. Ich wollte
mir nur kurz Kaffee holen.«
»Während Sie warten«, sagt Cecchi.
Lightbourne schießt einen tödlichen
Blick auf mich ab, ich lächle ihm in aller Unschuld zu und sage beiden auf
Wiedersehen.
Draußen ist es kühler als vorhin, und
ich ziehe meine grüne Cordjacke an, die für dieses Wetter genau das richtige
ist. Ich gehe die Waverly hinunter in Richtung Sheridan Square. Noch hat keiner
der Läden geöffnet, bis auf das Spirituosengeschäft. Am Platz haben auf den
beiden Bänken draußen vor dem kleinen Park drei Männer und eine Frau ihren Wohnsitz
aufgeschlagen. Zwei wechseln sich mit einer Flasche ab. Alle sehen betrunken,
schmutzig, obdachlos aus. Nur einer ist über Vierzig.
Es wird immer schlimmer. Die
Obdachlosen, die Arbeitslosen, die verdreckten Straßen und, natürlich, die
Kriminalität. Warum bleibe ich noch hier? Kip und ich könnten das Haus
verkaufen, wenn jetzt auch keine
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