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Immer verlasse ich dich

Immer verlasse ich dich

Titel: Immer verlasse ich dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Scoppettone
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geändert, und ich bezweifle, daß sie ihren geändert hat. Es
geht um Lügen. Cecchi und Kip haben noch keinen Kontakt aufgenommen, doch sie
weigert sich strikt, für William zu lügen.
    »Was soll ich deiner Vorstellung nach
sagen?« fragt sie.
    »Es geht mir nicht darum, daß du etwas sagen sollst.«
    »Du willst, daß ich tue, was du
willst.«
    Das ist wahr. »William ist dein
Freund«, erinnere ich sie, vielleicht zum hundertstenmal.
    Sie seufzt. »Bitte nicht.«
    »Aber genau das ist der springende
Punkt, Kip.«
    »Lügen ist der springende Punkt.«
    Ich schließe mein Buch und wende mich
ihr zu. »Du bist solch ein WASP.«
    »Was zum Teufel soll das denn heißen?«
Als sie mich ansieht, sprühen ihre braunen Augen Funken.
    »All diese Regeln.«
    »Welche Regeln?«
    »Moral«, erkläre ich, als sei es ein
Schimpfwort.
    »Was hat das damit zu tun, ein WASP zu
sein?«
    »Alles.« Ich spüre, wie ich mit jedem
Augenblick kindischer werde, doch ich schaffe es einfach nicht, den Verfall
meiner Persönlichkeit zu bremsen.
    »Weißt du«, sagt Kip gelassen, »keinem
ist das bewußt, aber wenn man einen Menschen auf diese Weise als WASP
bezeichnet, ist das auch eine Art von Vorurteil.«
    »Oh, ich bitte dich.« Brillant.
    »Es ist so, Lauren. Du sagst es so
abschätzig.«
    So habe ich es auch gemeint, aber das
kann ich nicht zugeben. »Wir kommen vom Thema ab, nämlich warum du einem deiner
liebsten Freunde kein Alibi geben willst, damit er nicht in einen gräßlichen
Koks-Alptraum hineingezogen wird.«
    »Lauren, er steckt bereits bis zum Hals
in einem Koks-Alptraum. Ich ziehe es lediglich vor, es nicht noch schlimmer zu
machen.«
    »Nein, du ziehst es vor, ihn im Stich
zu lassen.«
    »O nein, so geht’s nicht«, sagt sie und
setzt sich aufrecht hin. »William hat gelogen, und du hast gelogen. Er besaß
nicht mal den Anstand, dir im voraus mitzuteilen, was er vorhatte. Dich zu
fragen, ob du bereit wärst, Cecchi anzulügen. Und keiner von euch hat mich
gefragt. Du bist davon ausgegangen, daß ich dein Geheiß erfülle.«
    » Geheiß? «
    »Ja, Geheiß.«
    »Geheiß. Was ist denn das für ein Wort, Geheiß? «
    »Ein ganz und gar passendes Wort.«
    »Altertümlich.«
    »Ist es nicht.«
    »Jedenfalls ist das nicht der
springende Punkt.«
    Sie starrt mich an. »Was ist denn der springende Punkt?«
    Wir sehen einander verblüfft an, weil
wir merken, daß das neue Phänomen wieder aufgetreten ist. Unser
Erinnerungsvermögen ist nicht mehr das, was es einmal war, und manchmal ist das
beunruhigend. So wie jetzt. Ich erinnere mich nicht mehr, wie wir auf Geheiß gekommen sind, und ich kann sehen, daß es ihr ebenso geht. »Das ist ja jetzt
auch egal, laß uns zum Ausgangspunkt unserer Diskussion zurückkehren«, sage ich
und spiele ihr damit den Ball zu.
    Ein Lächeln spielt um ihre Lippen, dann
verschwindet es schnell. »Na schön«, sagt sie. »Tun wir das.«
    Ich bin wieder am Zug. Geheiß, denke ich wütend. Geheiß, Lügen, William. »Wir hatten über deine
Weigerung geredet, William zu helfen«, sage ich würdevoll, als hätte ich es
schon immer gewußt.
    Ich sehe die Erinnerung in ihren Augen
aufblitzen. »Wir haben darüber geredet, daß du wolltest, daß ich tue, was du
willst. Du wolltest, daß ich Cecchi anlüge, um William ein Alibi zu
beschaffen.«
    »Genau.«
    »Und wir sind wieder an demselben Punkt
angelangt, an dem wir vorhin schon waren.«
    »Also was willst du tun, etwa Cecchi
sagen, daß William erst gegen Viertel nach neun das Haus betrat?«
    »Ja, Lauren, das werde ich.«
    »Du bist solch eine Tugendboldin«, sage
ich.
    »Und du bist eine Kriminelle.«
    »Du könntest sein Leben ruinieren.«
    »Das bezweifle ich.«
    »Was ist mit Rick?«
    »Was soll mit ihm sein?«
    »Nun, was meinst du wohl, wie er
reagieren wird, wenn er erfährt, daß William Kokain nimmt?«
    »Ich habe keine Ahnung, und du auch
nicht, und das steht hier nicht zur Debatte.«
    »Das steht hier obendrein noch zur
Debatte.«
    »Lauren, hör zu. Wir ermöglichen
William, auch in Zukunft Kokain zu nehmen, wenn wir wegen der Zeit und allem
anderen lügen.«
    »Aber es ist doch schon passiert.«
    »Dadurch wird es noch nicht richtig.«
    »Ach, scheiß auf richtig.«
    »Manchmal bist du einfach unglaublich«,
sagt sie.
    »Gleichfalls.«
    »Du bist unmöglich.«
    »Und du nicht?«
    »So kommen wir nicht weiter.« Kip
wendet sich ab, greift wieder zu ihrem Buch.
    Ich spüre, wie sich meine Frustration
im Eiltempo über Ärger in helle Wut

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