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Immer verlasse ich dich

Immer verlasse ich dich

Titel: Immer verlasse ich dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Scoppettone
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ihr mit Sicherheit auch nicht widerstehen können.«
    »Hör schon auf, Ray.«
    »Du hast Kip nie betrogen?«
    »Nie.«
    »Tja, dann solltest du auch kein Urteil
abgeben. Du weißt ja nicht, wie es ist, wenn dir so eine Gelegenheit direkt in
den Schoß fällt.«
    »Ich habe nicht behauptet, daß es mich
noch nie gereizt hätte, Ray. Ich sagte, ich habe Kip noch nie betrogen.«
    Seine Augen leuchten auf, als ob ich
einen Ehebruch eingestanden hätte. »Dann weißt du es also.«
    »Was ich weiß ist, daß man es nicht
tut, wenn man verheiratet ist. Fest steht, du hättest Meg niemals heiraten
sollen.«
    »Du denkst, sie war zu gut für mich?«
    »Zu alt für dich. Und ja, auch
zu gut für dich.«
    »Da hast du recht. Aber ich habe die
Lady mehr geliebt als mein Leben. Schau mal, ich weiß, es fällt dir vermutlich
schwer, es zu verstehen, aber Liebe und Sex sind manchmal einfach nicht
dasselbe.«
    Wie stets frage ich mich, ob das auch
für Frauen so gilt. Vielleicht für die jüngeren, obwohl ich den Verdacht habe,
daß wir tatsächlich anders sind. Wenn keine Drogen oder Alkohol im Spiel sind,
müssen Frauen es zumindest für Liebe halten.
    »Ich weiß«, sagt Ray, »ich habe mit
meinem Schwanz gedacht, entschuldige meine Ausdrucksweise, aber Himmel, Lauren,
dieses Mädchen wollte mich einfach nicht in Ruhe lassen. Ich weiß, du verstehst
vermutlich nicht den Reiz, den sie auf mich ausübte, das ist immer schwierig,
wenn man jemanden so gut kennt.«
    Plötzlich habe ich das Gefühl, im
falschen Film zu sein. »Wenn man wen so gut kennt?«
    »Na, zum Teufel«, sagt er, »so wie du
Blythe.«

 BLYTHE.
    Ich erinnere mich so deutlich an den
Abend, als Megan vor unserer Tür stand, ohne vorher anzurufen (was sie sonst
nie tat), und Kip und ich sie hereinließen. »Ach, Kinder«, sagte sie. »Der
kleine Mistkerl hat es getan.«
    »Was hat er getan?« Wir führten sie ins
Wohnzimmer und nahmen sie dabei in unsere Mitte.
    »Ich kann’s nicht glauben«, sagte sie
weinend.
    Wir warteten geduldig, bis sie sprechen
konnte, sahen uns dabei von Zeit zu Zeit an, fühlten mit Meg und verständigten
uns doch schweigend und arrogant, daß wir wegen Ray Davies Recht gehabt hatten.
    »Wißt ihr, was der kleine Scheißkerl
getan hat?«
    »Was denn?«
    »Er...« Sie schüttelte den Kopf und
weinte wieder. Ich ging Taschentücher holen, während Kip weiter versuchte, sie
zu trösten, dann, als ich zurückkam, ging Kip eine Kanne Tee machen. Meg hatte
immer sehr gern Tee getrunken.
    Ich hielt Meg und wartete darauf, daß
Kip zurückkam und Meg aufhörte zu weinen, damit sie uns erzählen konnte, was
geschehen war. In meinem Kopf entwarf ich dutzende von Szenarien. Die beiden
Spitzenreiter: wie Ray ihr Geld stahl und wie Ray eine Affäre hatte.
    Als Meg sich dann faßte, tranken wir
drei Tee und aßen einige Pepperidge Farm-Plätzchen (Schokolade), und sie
erzählte es uns.
    »Du konntest ihn nie ausstehen, nicht
wahr, Laur?« fragte sie.
    Ich zuckte mit den Schultern. Welchen
Zweck hatte
    es?
    »Ich weiß, ihr haßt ihn beide«, stellte
sie fest.
    »Haß wäre zuviel gesagt«, antwortete Kip. Und das stimmte auch.
Wir dachten schlicht, daß Ray Davies ein klassischer Verlierertyp war und Meg
etwas viel Besseres verdiente.
    Ich wurde allmählich ungeduldig und
bohrte. »Was hat der kleine Scheißkerl getan?«
    »Er hat ein Verhältnis«, murmelte sie.
    »Mit wem?« fragte Kip.
    Sie schaute uns an, eine nach der
anderen, als versuche sie etwas einzuschätzen, biß sich fest auf die Oberlippe,
schloß die Augen und gab keine Antwort. In diesem Augenblick hätte ich es
wissen müssen. Meg war nie wortkarg gewesen, doch diesmal mußten wir ihr die
Einzelheiten aus der Nase ziehen.
    »Ist es jemand, den du kennst?« fragte
ich.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Wie hast du es erfahren?«
    Wieder schüttelte sie den Kopf, wollte
nicht antworten.
    Kip sagte: »Es ist eine sehr junge
Frau, nicht wahr?«
    Sie nickte, und zu den Tränen kamen
Schluchzer.
    Später, als Kip und ich Rückschau
hielten, redeten wir darüber, wie sehr Meg der Altersfaktor zu schaffen machte,
und fragten uns, warum sie nicht damit gerechnet hatte. Wir hatten damit
gerechnet.
    »Demütigend«, sagte Kip.
    »Ganz gleich, wie alt die Person ist.«
    »Aber in diesem Fall noch schlimmer,
weil sie jung ist.«
    Meg wollte uns nie sagen, wie alt die
andere Frau war, sie sagte, das genaue Alter tue nichts zur Sache. Und
an dieser Stelle hätte ich es wieder wissen müssen, denn wenn es

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