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Immer verlasse ich dich

Immer verlasse ich dich

Titel: Immer verlasse ich dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Scoppettone
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dem Absatz
kehrt.
    »Ach, laß dich doch ficken, du
Scheißlesbe«, brüllt er mir nach.
    »Mit Vergnügen«, sage ich. »Sooft ich
kann.«
    Ich gehe ins Tiffany’s und bestelle
ohne jeden Zwischenfall einen Kaffee und einen Schmalzkringel. In meinem
Gebäude, nebenan, wischt die Hausmeisterin die Böden.
    »Hi«, sagt sie.
    Ich erwidere ihren Gruß. Ihr Name ist
Kim Alpert, und sie ist 1,80 m groß. Sie will Improvisationskomikerin sein und
verbringt ihre Abende damit, von Club zu Club zu ziehen und auf den großen
Durchbruch hinzuarbeiten. Kip und ich haben ihr einmal zugeschaut, und sie ist
nicht schlecht.
    »Irgendwas Neues?« frage ich und schaue
zu ihr hoch.
    »Hab Samstag ein Engagement im Great
Neck«, sagt sie. »Ein Mitzwa-Lokal.« Sie verdreht die Augen. »Besser als gar
nichts, schätze ich.«
    »Sicher. Auf jeden Fall können Sie den
Auftritt brauchen, um in Übung zu bleiben.«
    »Ja. Das sage ich auch immer meiner
Mutter, aber sie begreift es nicht.«
    »Mütter begreifen nie.«
    »Ich könnte ein Heilmittel gegen Krebs
erfinden und sie würde bloß sagen, ›Ja, aber hast du für Samstagabend auch eine
Verabredung?‹«
    Ich lache und wünsche ihr Glück.
    Mein Büro liegt auf der zweiten Etage.
Ich habe das übliche Schild an der Tür, auf dem mein Beruf und mein Name
stehen. Sein Anblick überrascht mich immer wieder von neuem. Ich weiß, es ist
nicht so, als stünde es in Leuchtschrift am Broadway, aber in meinen Augen ist
es nach wie vor bemerkenswert, daß ich diesen Beruf habe und ein eigenes Büro.
Ich drehe den Schlüssel im Schloß, doch als ich die Tür öffnen will, geht es
nicht. Mir ist gleich klar, daß ich gerade abgeschlossen habe, was mir sagt,
daß sie vorher auf geschlossen war. Ich bin ja nicht umsonst
Privatdetektivin.
    Ich lege den Beutel mit meinem
Kaffeebehälter und dem schokoladig glänzenden Schmalzkringel auf den Fußboden,
hole meine 38er aus der Handtasche und drehe den Schlüssel zur anderen Seite;
die Tür ist wieder aufgeschlossen. Langsam drehe ich den Türknauf. Als der Riegel
aufschnappt, trete ich die Tür weit auf und stehe in Kampfposition da, die
Waffe beidhändig vor mich gehalten, mit freiem Blick auf meinen Raum.
    Auf dem Stuhl für die Klienten sitzt
Ray Davies, Megs dritter Ehemann.
    Ich lasse die Waffe sinken. »Welch ein
Zufall, daß ich dich hier treffe.«
    »Ja. Merkwürdig, hm?« Grinsend steht er
auf. Davies ist ein schlanker Mann, fast zierlich. Er trägt ein pinkfarbenes
Hemd, mit aufgekrempelten Ärmeln, eine marineblaue Hose, schwarze Slipper mit
Troddeln. Sein Haar wird schon an einigen Stellen schütter, die braunen
Koteletten sind eine Spur zu lang. Die tiefliegenden grauen Augen funkeln,
obwohl seine Haltung von einer gewissen Mutlosigkeit zeugt. Sein schmächtiger
Körper hängt wie Wäsche auf einer Leine. Er ist auf eigenwillige Weise
attraktiv, irgendwie markig. Ray Davies ist jetzt einunddreißig Jahre alt und
einer von Megs schlimmsten Fehlern. Er streckt mir die Hand hin.
    Ich nehme sie, und mir fällt auf, wie
glatt seine Handfläche ist, wie lethargisch sein Händedruck.
    »Wie bist du reingekommen?«.
    »Ich habe meine Mittel und Wege.«
    Ich werfe ihm einen vernichtenden Blick
zu, gehe nach draußen, nehme die Papiertüte und gehe zu meinem Schreibtisch
hinüber. Davies zugewandt, hole ich den Kaffee samt Schmalzkringel heraus. Ich
biete ihm nichts an.
    »Du siehst gut aus, Lauren.«
    »Was willst du?«
    »Sei doch nicht so ruppig«, sagt er.
    »Warum nicht?«
    Er lacht. »Du hast recht, warum nicht?
Hey, Kleines, ich weiß, wir haben nicht viel füreinander übrig, aber ich
glaube, wir haben eines gemeinsam: Meg.«
    »Meg? Machst du Witze, Ray? Mir scheint
doch, sobald du deine neue Freundin gefunden hattest, hatten wir nicht einmal
Meg gemeinsam.«
    »Holla.« Er fährt sich mit der Hand
übers Haar, als wolle er mit den Händen einen Fisch fangen. »Das war nicht
meine Schuld.«
    »Ach, tatsächlich? Wessen Schuld war es
denn dann? Meine?«
    »Hey, Kleines, laß uns nicht streiten.«
    »Was willst du, Ray?«
    »Dasselbe wie du. Ich will wissen, wer
Meg umgebracht hat.«
    »Die Polizei arbeitet daran.« Ich öffne
den Deckel meines Kaffeebechers und ein Wölkchen todgeweihten Dampfes
entweicht.
    Davies grinst wieder, seine dünnen
Lippen bilden einen Schlitz auf seinem gebräunten Gesicht. »Die Polizei«, sagt er. »Verschon mich bloß mit denen. Die werden sich nicht den Arsch aufreißen,
und das weißt du.«
    Tue ich das?

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