Immer verlasse ich dich
lernte sie dort jemanden kennen,
jemanden, der ihr gefiel, mit dem sie auf der Party viel Zeit verbrachte?«
»Schon möglich. Ich habe sie nicht
ständig beobachtet, Lauren.«
Ich schlage ganz plötzlich eine andere
Richtung in der Befragung ein. »Wer war der Mann, der dich an dem Abend von
Megs Tod nach Hause brachte, Blythe?«
»Wer hat gesagt, daß es ein Mann war?«
Sie wirft mir einen Blick zu, als habe sie mich schachmatt gesetzt.
»Wer war es also?«
»Mir fällt beim besten Willen kein
Grund ein, warum ich dir das sagen sollte. Du weißt, wo ich mich aufhielt, als
Mutter ermordet wurde, warum sollte es also eine Rolle spielen, mit wem ich
später zusammen war?«
»Wenn es keine Rolle spielt, warum
willst du es mir dann nicht sagen?«
»Ich sehe nicht ein, weshalb ich einen
unschuldigen Menschen da mit hineinziehen sollte.«
»Ich werde... die Person nicht mit
hineinziehen.«
»Gut. Können wir jetzt zu einem anderen
Punkt übergehen?«
Ich weiß nicht, warum, aber ich glaube
nicht, daß sie eine weibliche Freundin schützt. Ich bin fast sicher, daß sie
mit einem Mann zusammen war. Wieso lügt sie dann? Und wenn sie einen Mann
schützen will, aus welchem Grund? Setzt Blythe das Muster fort, sich mit
verheirateten Männern abzugeben?
»Ist er verheiratet?« frage ich.
»Wer?«
»Der Mann, mit dem du an jenem Abend
zusammen warst.«
Sie lacht. »Du bist so stur, es ist
lächerlich. Ich war mit einer Freundin zusammen, und wenn ich es vor Gericht
beweisen müßte, könnte ich es. Aber ich muß es nicht. Also laß dieses Thema
fallen oder verschwinde.«
Sie hat recht, sie muß nicht antworten.
Ich will nicht gehen, bevor ich nicht die wichtigste Frage gestellt habe,
deshalb lasse ich von dem Thema der geheimnisvollen Person ab und frage sie,
was mir, wie ich hoffe, zu dem sprichwörtlichen Durchbruch verhelfen wird.
»Warum hat Meg dir Geld gegeben?«
»Weil ich es wollte.«
Mein Detektivinnenherz beschreibt eine
Acht. »So einfach war das? Du wolltest es, also gab sie es dir?«
»Sie hatte sich irgendwie verändert.
Anscheinend sah sie endlich ein, daß sie eine unaufmerksame Mutter war.«
»Woher nahm sie das Geld, das sie dir
gab?«
Blythe zuckt mit den Schultern.
»Wußtest du nicht, daß sie geschäftlich
in Schwierigkeiten steckte?«
»Nicht meine Angelegenheit«, sagt sie
gleichgültig.
»Aber du wußtest es?«
»Ich hatte meine Vermutungen. Na und?«
»Also wo, zum Teufel, nahm sie deiner
Meinung nach das Geld her, das sie dir gab?«
»Lauren, es kümmerte mich nicht, woher
sie es hatte, solange sie es mir gab.«
»Ist dir schon mal der Gedanke
gekommen, daß sie etwas Ungesetzliches tat?«
»Ja.«
»Und das spielte keine Rolle für dich?«
»Nein.«
Ich hätte nicht übel Lust, sie zu
ohrfeigen. Statt dessen frage ich sie so ruhig wie möglich nach dem Streit auf
der Straße vor einigen Wochen.
»Sie hatte eines ihrer albernen Treffen
der Merchants Association, und ich brauchte etwas Geld. Ich hatte eine tolle
Jacke gesehen, die ich haben wollte«, sagt sie trotzig. »Als die anderen
gegangen waren, sagte Mutter, sie würde mir kein weiteres Geld geben. Deshalb
stritten wir.«
»Nannte sie einen Grund?«
»Eigentlich nicht. Sie sagte nur, sie
könnte mir nichts mehr geben. Sie habe nichts mehr.«
»Und was dann?«
»Und dann schlug ich ihr ins Gesicht
und ging. Es war das letzte Mal, daß ich sie sah.«
Ich bin wieder draußen auf der Straße. Wenigstens hat
es aufgehört zu regnen. Was hat mir der ganze Ärger eingebracht? Nicht viel.
Ich habe eine fast hundertprozentige Bestätigung erhalten, daß Meg an etwas Ungesetzlichem
beteiligt war, vermutlich um sich die Liebe ihrer Kinder erkaufen zu können.
Hat sie auch Sasha Geld gegeben, in dem Wissen, daß er es für Drogen ausgeben
würde? Das ist sehr schwer zu glauben, doch ich kann mich immer leichter mit
diesen Dingen abfinden, je mehr ich in Erfahrung bringe... mehr als ich wissen
möchte, als Freundin, nicht als Detektivin. Möglicherweise weiß Sasha, woher
Meg das Geld hatte.
Der Gedanke, zu seiner Wohnung zu
gehen, ist nicht verlockend. Trotzdem scheint es angebracht. Wenn ich auch
längst nicht mehr so naß bin wie zuvor, sehe ich doch noch aus wie ein Haufen
frisch gewaschener Wäsche. Zurück zur U-Bahn.
Diesmal habe ich Glück und erwische
gleich einen Zug. Er ist mit Fahrgästen in verschiedenen Stadien des Trocknens
vollgestopft. Ich frage mich flüchtig, ob der
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