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Immer wenn er mich berührte

Immer wenn er mich berührte

Titel: Immer wenn er mich berührte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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selber finden, ehe ich einen anderen liebhaben kann.
    »Du, ich werde dir jetzt ein Geheimnis verraten«, sagte er in dieser Sekunde.
    Sie blickte auf zu ihm. Die alten Lachfalten standen um seine Augen und seine Mundwinkel.
    »Stell dir vor, ich hätte dich jetzt eben beinahe geküßt.«
    Da mußte sie lachen. Und blitzschnell schlang sie ihre Arme um ihn und küßte ihn zärtlich. Und es war schön, daß er sie noch ein bißchen festhielt, ehe er sie ins Hotel zurückbrachte.
    Jürgen Siebert sah die grüne Lampe seiner Sprechanlage aufleuchten. Er drückte die Taste.
    »Fräulein Westphal möchte Sie sprechen«, sagte seine Sekretärin.
    »Ja, gut. Legen Sie das Gespräch durch.«
    »Jürgen?« – unverkennbar Gabys Stimme.
    »Ja.«
    »Raten Sie mal, wo ich bin?«
    »Etwa in Berlin?«
    »Gut geraten«, sagte sie fröhlich. »Vor zwei Stunden bin ich in Tempelhof gelandet.«
    »Und wie lange bleiben Sie?«
    »Nur heute«, antwortete Gaby.
    Er zögerte einen winzigen Augenblick lang, ehe er den nächsten Satz aussprach: »Ich würde Sie gern leibhaftig in Berlin sehen, Gaby.«
    »Störe ich Sie nicht?«
    »Nein.«
    »Dann heute abend. Sagen wir halb acht in der Halle vom Hilton, ja?«
    »Ich freue mich.«
    »Ich auch.«
    Warum nicht, dachte er, als er den Hörer aufgelegt hatte. Warum soll ich nicht mal wieder ausgehen? In letzter Zeit bin ich nur herumgehangen, Abend für Abend. Janine kommt so oder so nicht mehr zurück.
    Jürgen verschob die letzte Besprechung, fuhr gegen sechs nach Hause und zog sich um. Fast auf die Minute genau um halb acht betrat er die Halle des Hilton.
    Lautlos schnappten die Lifttüren auseinander. Zusammen mit fünf oder sechs anderen Leuten kam sie heraus, sah ihn nicht gleich, blieb zuerst stehen, ging dann langsam in Richtung Ausgang.
    Es gab wohl keinen in der Halle, der sich nicht offen oder verstohlen nach ihr umblickte. Er hatte sie von seinem Münchner Besuch her nicht ganz so in Erinnerung. Wie sie diesen sündhaft teuren Leopardenmantel trug, kniekurz, seitlich geschlitzt, so lässig wie einen billigen Fetzen – das war eine glatte Herausforderung. Dazu ihre unverschämt langen Beine, ihre pechschwarzen Haare, die sie heute anders frisiert hatte.
    Jürgen versperrte ihr plötzlich den Weg. »Hallo, Gaby, ich beobachte Sie jetzt schon mindestens eine Minute.«
    »Und – was haben Sie dabei gesehen?«
    »Die Blicke der anderen Männer. Deshalb habe ich schleunigst mein Versteck aufgegeben.«
    Sie lachte.
    Im Wagen saß sie mit übereinandergeschlagenen Beinen neben ihm. Ihre Hände hatte sie in den Taschen des Mantels vergraben, ihren Kopf ein wenig zurückgelehnt. Zum ersten Male atmete er ihr merkwürdiges Parfüm ein.
    »Was machen Sie eigentlich in Berlin?« fragte er.
    »Ich gehe mit Ihnen aus. Ist das nicht schon genug für Berlin?«
    »Doch«, gab er zu.
    »Wohin führen Sie mich denn, Jürgen?«
    »Erst mal zum Essen, und da dachte ich an Bill Grovers Grillroom.«
    »Einverstanden.«
    In Bill Grovers Grillroom war er auch mit Janine schon gewesen. Aber daran wollte er nicht denken. Er wollte vergessen.
    War Gaby Westphal nicht geschaffen dafür? Unter ihrem Mantel trug sie ein grünes Samtkleid, das von zwei dünnen, glitzernden Trägern gehalten wurde. Sie saßen sich gegenüber, brennende Kerzen zwischen sich, er sah ihre schönen, nackten Schultern, den langen Hals, den sie beim Lachen zurückbog, ihre glänzenden schwarzen Haare …
    Jürgen fühlte so etwas wie Stimmung in sich aufkommen. Er wurde ein bißchen so wie früher, geistreich, witzig, sprühend. Er bestellte eine zweite Flasche, eine dritte Flasche …
    Da sah er plötzlich die Augen hinter der Brille, die ihn beobachteten. Er wußte nicht, wann der Mann in dem altmodisch geschnittenen Zweireiher dieses Lokal betreten hatte. Er wußte nur, daß er jetzt ein paar Tische von ihm entfernt saß, und daß es der Polizeiinspektor war, bei dem er die Vermißtenanzeige erstattet hatte, der gleiche, der ihn zur Identifizierung ins Leichenhaus geführt hatte.
    Ein Zufall, nicht wahr. Ein dämlicher noch dazu, denn seit wann kann sich ein Polizeiinspektor die Preise von Bill Grover leisten? Doch höchstens nur einmal im Jahr.
    Und doch fühlte er sich plötzlich wie ein Verräter. Er glaubte, die Gedanken des Inspektors von der Stirn ablesen zu können. Seine Frau ist noch keine sechs Wochen tot, hat sich wegen ihm umgebracht, aber der Herr Siebert vergnügt sich schon wieder …
    Er mußte grün im Gesicht

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