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Immer wenn er mich berührte

Immer wenn er mich berührte

Titel: Immer wenn er mich berührte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Herr Dr. Haller?«
    Sein Vertrag mit der Rif-Klinik war abgelaufen. Er hatte sich von seinen Kollegen und Mitarbeitern verabschiedet. Er hatte seinen Flug gebucht und wieder verschoben, seinen Koffer gepackt und wieder ausgepackt.
    Warum?
    Nur zögernd hatte er sich eingestanden, daß Janine der Grund war. Eine Frau, die ihr Gedächtnis verloren hat – na klar, daß sich ein Arzt dafür interessiert …
    Er stand auf, als sie die Treppe herunterkam. Sie trug eine weiße Bluse, einen schwarzen Rock und sah sehr süß darin aus. Eine Strähne ihrer blonden Haare fiel weich ins Gesicht, ein Lächeln lag auf ihren Lippen – in solchen Augenblicken glaubte er manchmal wirklich, sie sei von einem andern Stern.
    Nein, sie war kein medizinischer Fall mehr für ihn. Er war drauf und dran, sein Herz zu verlieren. Es fiel ihm schwer, heute den alten, spaßhaften Ton zu finden, den sie sich für ihr etwas unbestimmtes Verhältnis angewöhnt hatten, für ihre Gespräche, ihre Spaziergänge.
    »Janine«, sagte er leise zu ihr, »die Männer hier in der Hotelhalle halten Sie für einen Engel.«
    »Wieso?«
    »Weil sie Sie so unverwandt anstarren.«
    »Das paßt ganz gut: ein Engel ist weder Mann noch Frau, er hat keine Vergangenheit und keine Zukunft, er ist einfach da. Vielleicht bin ich ein Engel«, lächelte sie traurig.
    Er lachte unbekümmert. »Das will ich nicht hoffen.«
    Sein Wagen stand gleich um die Ecke. Der Abend war so mild, die Luft so angenehm, daß sie offen fahren konnten. Er steuerte langsam über die Boulevards des Europäerviertels, elegante Villen wischten vorbei, Autos fluteten ihnen entgegen, Musik drang aus einer Bar …
    Im Grunde wunderte er sich über sich selbst. Er war fünfunddreißig, längst über das Alter der Illusionen hinaus. Und nun spürte er, daß ihn diese Janine verzauberte. Das Geheimnis ihres Lebens – war das überhaupt ein Geheimnis für ihn? Sie war ihm so vertraut wie keine Frau zuvor. Manchmal schien es ihm, als hätte er mit ihr schon im Sandkasten gespielt, sie dann verloren und jetzt wiedergefunden.
    In der Rue Martinique bremste er den Wagen ab, blinkte nach links und fuhr in eine Tiefgarage hinein.
    »Wir sind da«, sagte er.
    Stephan Haller wohnte im zwölften Stock dieses neugebauten Appartementhauses. Von seinem Balkon aus hatte man einen Blick über die ganze Stadt. Abgesehen davon war es auch sonst eine recht komfortable Wohnung.
    »Gehört alles der Klinik«, kommentierte er, »wird ausländischen Ärzten nebst einem Diener zur Verfügung gestellt.«
    »Wie lange haben Sie hier gewohnt?« fragte sie.
    »Ein Jahr. Es tut mir fast ein bißchen leid … man gewöhnt sich.«
    »Ist Ihr Nachfolger schon da?«
    »Ja. Ein Ire aus Dublin. Er wartet schon darauf, hier einziehen zu können. Am meisten beneide ich ihn um Jussuf. Sie werden ihn gleich sehen, das ist ein Tausendsassa, der putzt, wäscht, bügelt und kocht …«
    »Den Tisch hat er auch gedeckt?« forschte Janine anerkennend.
    »Heute hat er sich besondere Mühe gegeben«, antwortete Stephan lachend, »denn ich habe ihm gesagt, daß eine Dame zu Besuch kommt.«
    Ja, es war ein netter Abend. Janine vergaß sogar ihre Probleme. Sie lachte, trank, redete … die Stunden verrannen wie im Flug. Als sie aufstand, war sie ein bißchen schwindelig. Sie trat auf den Balkon hinaus, lehnte sich an den Türpfosten und starrte auf die Lichter der Stadt.
    Stephan folgte ihr.
    Es war sehr still hier oben auf dem Balkon im zwölften Stock, so nah den Sternen.
    Sie sah, daß er plötzlich nicht mehr zum Spaß aufgelegt war. Die Fröhlichkeit hatte sein Gesicht verlassen. Er sah sie anders an, anders als vorher, anders als je zuvor.
    Janine fühlte, daß sie noch nie so allein waren.
    Sie begriff, daß Jussuf nicht mehr in der Wohnung war … und daß sich hier ein Mann und eine Frau gegenüberstanden.
    Er war einen Kopf größer als sie, breit, wuchtig, mit einem Gesicht, das ihr von der ersten Sekunde an sympathisch gewesen war. Er war der einzige Mensch, der sich um sie gekümmert hatte. Und sie war ihm dankbar dafür. Und sie mochte ihn.
    Aber war das Liebe?
    Er legte seinen Arm um sie, zog sie ein wenig an sich. Janine schloß die Augen wie ein Kind, das Angst hat. Sie fror unter der dünnen Bluse. Er wird mich jetzt küssen, dachte sie, und dann wird er mehr wollen … und er wird meine Angst nicht spüren.
    Janine sagte nichts. Aber sie flehte ihn in Gedanken an.
    Bitte tu's nicht, Stephan. Laß mir Zeit. Ich muß mich erst

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