Immer werd ich Dich begehren
Kate, sie hat nie …“
„Sie hat gesagt, wenn ich an jenem Sonntag nach der Kirche nicht wütend davongegangen wäre und Mary Kate mitgenommen hätte, wäre das alles nicht passiert. Wage nicht zu bestreiten, dass sie das gesagt hat.“
„Das hat sie, aber sie sagte auch, dass es nie passiert wäre, wenn sie uns begleitet hätte, wie sie es hätte tun sollen. Erinnerst du dich nicht, wie sie sagte …“
„Du lügst!“
„Nein, du erinnerst dich nicht, oder? Als Tante Mary Belle mir gestand, dass sie sich die Schuld gab, warst du schon aus dem Zimmer gerannt.“
Kate starrte ihn ungläubig an.
„Soll das heißen, dass du all die Jahre über gedacht hast, ich würde dir die Schuld geben an dem, was passiert ist?“, fragte er.
„Du hast mir die Schuld gegeben. Ihr beide, du und Mary Belle.“
„Kate, niemand außer dir selbst gab dir die Schuld. Du hast dich vor Schuldgefühlen derart verzehrt, dass niemand mehr an dich herankam, nicht einmal die Ärzte.“
Als er die Hand nach ihr ausstreckte, wich sie zurück.
„Ich kann mich jetzt nicht damit auseinandersetzen“, erklärte sie. „Ich weiß nicht, ob ich dir glaube oder nicht.“
„Wieso sollte ich dich anlügen? Was hätte ich dabei zu gewinnen?“
„Ich weiß nicht … aber wenn du mir nicht die Schuld für das, was passiert ist, gegeben hast, wofür bittest du dann um Verzeihung?“
„Für alles“, antwortete er schlicht. „Dafür, dass ich das,was passiert ist, zugelassen habe. Dafür, dass ich nicht in der Lage war, alles wiedergutzumachen. Dafür, dass ich mich nicht besser um dich gekümmert habe. Dafür, dass ich nicht in der Lage war, dir in dieser schweren Zeit zu helfen. Gütiger Himmel, Kate, wenn ich nicht so viel falsch gemacht hätte, hättest du mich nicht verlassen. Ich habe dich im Stich gelassen.“
„In den ganzen Jahren habe ich immer gedacht, ich hätte dich im Stich gelassen.“
Bevor er sie in die Arme schließen konnte, drehte sie sich um und floh. Er lief ihr hinterher, doch sie warf ihm die Tür vor der Nase zu. Mehrere Minuten lang stand er da, starrte die Tür an und versuchte zu entscheiden, ob er in ihr Schlafzimmer stürmen oder sie stattdessen lieber in Ruhe lassen sollte. Als er hörte, wie die Tür abgeschlossen wurde, war die Frage für ihn beantwortet. Kate wollte oder brauchte ihn nicht. Nicht mehr.
5. KAPITEL
Kate und Trent waren die Ersten, doch innerhalb von dreißig Minuten waren alle im FBI-Hauptquartier von Memphis versammelt. Dante Moran, der in seinem schwarzen Anzug, dem hellgrauen Hemd und der gestreiften Krawatte ganz wie der typische FBI-Agent aussah, musterte die Gruppe, ehe sein Blick an Kate hängen blieb. Sie lächelte zögernd. Er wusste genau wie sie, dass am Ende mindestens ein Elternpaar tief enttäuscht sein würde. Es gab nur drei adoptierte Mädchen, die vor damals um Ostern herum von einem Kindesentführerring gekidnappt worden waren. Nur drei Babys, die zu der Zeit entführt worden waren, konnten zu den anwesenden Eltern gehören.
Kate vermied den Blickkontakt zu Trent und schaute sich in dem Raum um. Beim Frühstück hatten weder sie noch Trent den gestrigen Abend erwähnt oder das Thema Schuld. Kate hatte wirklich geglaubt, sowohl Trent als auch seine Tante seien der Ansicht, sie sei für Mary Kates Entführung verantwortlich. War es möglich, dass sie sich geirrt hatte? Nach langem Grübeln letzte Nacht war sie immer noch nicht sicher, ob Trent ihr die Wahrheit gesagt hatte. Aber warum sollte er sie anlügen?
Während Kate die Anwesenden betrachtete, fiel ihr auf jedem Gesicht ein ähnlicher Ausdruck auf – eine Mischung aus Angst und Hoffnung. Zweifellos hatte sie denselben Gesichtsausdruck. Jayne und Clay Perkins waren das einzigenoch verheiratete Paar. Sie waren Ende dreißig, er groß und dünn, sie klein und mollig. Sie hatten einen zehnjährigen Sohn und eine siebenjährige Tochter. Ihr ältestes Kind, Megan, das heute fast zwölf wäre, war im Alter von drei Monaten aus ihrer Sportkarre in einem Kaufhaus in der Innenstadt von Birmingham entführt worden. Eine Woche vor Ostern.
Die exotisch dunkelhäutige und schöne Jessica Previn und der blonde, ebenfalls attraktive Dave Blankenship waren geschieden. Seine zweite Frau Mindy begleitete ihn heute, während Jessica in Begleitung ihres Verlobten Cory erschienen war. Dave hatte einen drei Jahre alten Sohn mit Mindy und zeigte den anderen Eltern stolz Fotos von ihm. Jessicas und Daves Tochter Charity war von
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