Immer wieder du: Roman (German Edition)

vielleicht würde es mir besser gehen, wenn ich in einen anderen Teil Australiens zöge. Es dauerte eine Weile, aber schließlich fing ich an, mich wieder zu verabreden.
    Vor zwei Jahren lernte ich Richard kennen. Er war gerade aus England zurückgekehrt – ausgerechnet. Richard war dort mit seinem Freund Nathan unterwegs gewesen, beide Bauhandwerker, um Berufserfahrung in einem anderen Land zu sammeln. Zurück in Australien, hatten die beiden ein kleines Bauunternehmen gegründet. Das hält sie auf Trab.
    Lauter Jubel holt mich zurück in die Gegenwart. Die Fähre legt am Circular Quay an, und unsere Hochzeitsgesellschaft bereitet sich darauf vor, von Bord zu gehen. Ganz vorn hat Nathan seine Lucy auf den Arm genommen. Unter Applaus trägt er die Braut an Land.
    Trotz meiner Vorbehalte gegen die Ehe muss ich lächeln. Die beiden sind so ein schönes Paar. Schon immer. Lucy in ihrem langen, schlichten weißen Kleid ist einfach hinreißend. Nathan sieht noch besser aus als sonst in einem eng geschnittenen schwarzen Anzug und weißem Hemd. Ohne Krawatte. Ich habe ihn noch nie mit Krawatte gesehen. Auch wenn er den Erwachsenen gibt und jetzt heiratet, ist er im Grunde seines Herzens ein wilder Surfer geblieben.
    Als ich Richard kennenlernte, stellte er mich bald seinen Freunden vor: Nathan, Lucy, Sam und Molly. Sam ist Nathans älterer Bruder und mit Molly verheiratet, Mikey ist ihr achtzehn Monate alter Sohn. Sie haben mich mit offenen Armen in ihre Clique aufgenommen, und dafür bin ich dankbar. Durch meine Arbeit fand ich Freunde in Sydney, aber meine alten Freundinnen Tammy, Vickie und Jo von der Schule in Adelaide habe ich stets vermisst. Richard und seine Freunde gaben mir schließlich das Gefühl, in Sydney zu Hause zu sein.
    Im Augenblick arbeite ich in der Stadt als Empfangsdame für ein großes Verlagshaus namens Tetlan. Es bringt alle möglichen Zeitschriften heraus, von Regenbogenblättern über Hochglanzmagazine für Frauen bis zu Illustrierten für Jugendliche. Ich arbeite zusammen mit zwei anderen Frauen in meinem Alter, und unsere Aufgabe besteht darin, einen guten ersten Eindruck auf Besucher zu machen, die das Gebäude betreten. Meine Kolleginnen, Nicola und Mel, sind zwei Einzelkämpferinnen, die das Leben bei den Hörnern packen. Sie bringen mich immer zum Lachen. Der Job ist gut, er gefällt mir. Schade nur, dass er befristet ist. Die Frau, die ich vertrete, hat nur noch ein paar Monate Mutterschaftsurlaub. Ich weiß noch nicht, wie es danach weitergeht.
    Als Ben fortzog, konnte ich keine Fotos mehr machen. Mir fehlte der Mut. Ich dachte, meine Begeisterung würde eines Tages wiederkehren, aber ich versuche, nicht allzu viel darüber nachzudenken. Und jetzt kommt es mir so vor, als hätte ich zu lange gezögert. Was die Ausbildung zur Tierärztin betrifft – tja, das ist fast schon lachhaft. Ich habe nie wieder im Naturschutzpark gearbeitet. Bis heute kann ich nicht an unsere kleine Koalabärin Olivia denken, ohne einen Kloß im Hals zu bekommen. Ich habe sie nie wiedergesehen. Sie wurde in einen anderen Naturschutzpark in Südaustralien umgesiedelt, und ich bin nicht einmal hingegangen, um mich von ihr zu verabschieden.
    Das alles steckt in einer Kammer in meinem Herzen, die ich fest verschlossen halte. Nur im Dunkeln der Nacht kommt manchmal etwas hervor und quält mich, besonders wenn ich nicht schlafen kann und mich auf das Gedankenspiel einlasse, was wäre gewesen, wenn er nicht weggegangen wäre …
    Der Hochzeitsempfang findet in einer schicken Bar direkt am Hafen statt. Richard nimmt begeistert meine Hand, während wir den anderen folgen.
    »Geht es dir wieder besser?«, fragt er und schaut mich an.
    Richard hat kurzes braunes Haar und liebevolle braune Augen. Ich fand ihn ziemlich attraktiv, als er mich abends in einer Bar ansprach, aber ich schwöre, je besser ich ihn kennenlernte, desto toller sah er aus. Mit seinen knapp einsneunzig überragt er mich um genau die richtige Länge, und durch seine tägliche Arbeit draußen auf den Baustellen ist er braungebrannt. Obwohl Nathan und er Eigentümer der Firma sind, packen beide gern mit an und machen sich die Finger schmutzig, was ich sehr an ihm zu schätzen weiß.
    Du meine Güte, ich bin verlobt. Was wird meine Mutter dazu sagen?
    Ich sollte sie mal besuchen. Seit Ewigkeiten habe ich sie nicht mehr gesehen. Seit Jeremy nicht mehr, und das will etwas heißen. Seit wir nach Sydney gezogen sind, ist sie von einem Mann zum nächsten