Immer wieder du: Roman (German Edition)
gewechselt, hat sich aber nie ernsthaft auf jemanden eingelassen. Michael hingegen ist jetzt glücklich mit Janine vom Naturschutzpark verheiratet. Sie ist um einiges jünger als er, aber sie haben offenbar zusammengefunden, nachdem Mum und ich fort waren, und Michael hat es nicht bereut. Ich freue mich für ihn. Meine Mum weniger. Immer, wenn ich auf ihn zu sprechen komme, schneidet sie mir das Wort ab. »Wieso redest du ständig von ihm?« Ich weiß, sie missgönnt den beiden ihr Glück, aber schließlich hat sie es nicht anders gewollt. Ich kann mir nicht vorstellen, wie mein Leben wäre, wenn sie bei Michael geblieben wäre und heute noch in Adelaide lebte. Vermutlich hätte ich am Ende einen netten Jungen aus der Gegend kennengelernt. Oder auch nicht.
Josh und ich sind noch immer gute Freunde. Wir telefonieren, so oft es geht. In zwei Wochen will er mich sogar über Ostern in Sydney besuchen. Er kommt ganz gut allein klar, und ich bin stolz auf ihn. Er arbeitet noch immer in der Autobranche, bloß repariert er jetzt Oldtimer, die Unsummen wert sind. Er hat noch nicht geheiratet, aber er ist seit fast einem Jahr mit einem Mädchen zusammen. Tina. Ich kenne sie noch nicht, aber sie muss ein guter Fang sein, wenn sie Josh solange an sich binden kann.
Tammy, Vickie und Jo kommen einmal im Jahr zu einem Mädelswochenende nach Sydney. Ansonsten halten wir uns über Telefon auf dem Laufenden. Richard meckert immer, wenn die Rechnung kommt. Eigentlich macht es ihm aber nichts aus. Er weiß, dass ich meine Freundinnen vermisse.
Über die verschiedenen Zeitarbeitsjobs lerne ich viele Leute kennen – aber anscheinend habe ich nie genug Zeit, diese Freundschaften zu festigen, bevor der nächste Job beginnt. Die jeweilige Arbeit macht mir zwar meistens Spaß, aber ich würde auch gern mal länger irgendwo bleiben als nur neun Monate Mutterschaftsvertretung.
»Lily!« Ich drehe mich um und entdecke Molly an der Bar. Sie ist groß und schlank und hat dichtes rotes Haar. »Beweg deinen Arsch hier rüber!« Sie schlägt sich die Hand vor den Mund und wirft einen erschrockenen Blick auf Mikey, den Sam zu meiner Linken auf dem Arm hat. »Mummy wollte nicht ›Arsch‹ sagen, Schätzchen«, flötet sie. »Sag nie ›Arsch‹, mein Kleiner, das ist ein böses Wort.«
»Nachdem du es jetzt dreimal ausgesprochen hast, wird er es sich eingeprägt haben«, bemerkt Sam. »Voll wie ein Eimer, dabei ist es erst ein Uhr«, raunt er mir zu und schnalzt liebevoll mit der Zunge.
Nathan und Lucy haben am Strand von Manly geheiratet, nicht weit entfernt von ihrem Haus. Wir waren alle auf einen Drink in der Strandbar bei der Fähre, bevor wir an Bord gingen, um zum Empfang nach Circular Quay zu fahren. Ich vermute, Molly hatte schon ein paar Gläser mit Lucy getrunken, bevor sie den Bund der Ehe einging. Obwohl Lucy, wenn ich es recht bedenke, nicht angesäuselt wirkt. Sie strahlt.
»Lily!«, ruft Molly erneut. »Kommst du jetzt oder was?« Ich drücke Richards Hand, und er grinst mich an, als ich ihn stehen lasse, um mich zu Molly an die Bar zu gesellen. »Tequila Slammer?«, fragt sie hoffnungsvoll.
»Molly«, lache ich. »Das ist eine Hochzeit.«
»Na und?«
»Wir können uns bei einer Hochzeit nicht zuknallen.«
»Klar können wir das! Lucy würde nichts anderes von uns erwarten.«
»Aber wir haben noch nicht einmal zu Mittag gegessen«, protestiere ich.
»Ich wusste, dass du nicht mitmachst.« Sie droht mir mit dem Finger. »Können wir bitte zwei Weißwein haben?«, fragt sie den Barkeeper. »Ist Wein in Ordnung?«, will sie von mir wissen.
»Wein ist fein.«
»Wein ist fein! Fein ist Wein!«, singt sie und schlingt die Arme um mich. »Sind die beiden nicht ein tolles Paar?«
Wir schauen hinüber zu Nathan und Lucy. Der Ausdruck in seinen Augen, wenn er sie ansieht … So eine Liebe habe ich noch nie erlebt. Furchtbar, so etwas zu sagen, nicht wahr? Vor allem, da ich kurz davor stehe … selbst zu heiraten! Stopp, denk jetzt nicht darüber nach! Aber das mit Nathan und Lucy ist richtig. Sie sind füreinander bestimmt.
Das Komische an Richard ist, dass es zwischen uns nie eine Kennenlernphase gab. Ich war mit zwei Kolleginnen, mit denen ich damals bei einer Versicherung gearbeitet habe, in einer Bar, und Richard kam zu mir und lud mich zu einem Drink ein. Ich dachte, warum nicht? Er schien nett zu sein, wir plauderten miteinander, und der Abend gipfelte in einer alkoholisierten Knutscherei draußen auf der Treppe.
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